VW-Machtpoker bei Piech in Salzburg

Im Machtpoker beim Weltkonzern Volkswagen in Wolfsburg (Niedersachsen) hat sich Donnerstag der sechsköpfige Kern des Aufsichtsrates in Salzburg beraten. Darauf deuten auch zwei Firmenjets des VW-Konzerns auf dem Salzburger Flughafen hin.

Der Konzern hält das Ergebnis des Treffens von Salzburg vorerst geheim. Am Donnerstagabend wurde mitgeteilt, es werde am Freitag im Lauf des Tages eine offizielle Erklärung geben. Wichtige Aufsichtsräte suchten am Donnerstag im kleinen Kreis einen Ausweg aus der Führungskrise des Konzerns. Nach dem Gespräch am Sitz von Aufsichtsratschef Ferdinand Piech in Salzburg-Aigen wurde bisher nicht bekannt, ob das sechsköpfige Aufsichtsratspräsidium eine Lösung gefunden hat oder nicht.

Kann Winterkorn der Boss bleiben?

Eine mit den Beratungen vertraute Person bestätigte lediglich, dass das Krisentreffen zu Ende gegangen sei. Piech hatte dem VW-Konzernchef Martin Winterkorn vergangene Woche überraschend das Vertrauen entzogen. Der bei VW einflussreiche Betriebsrat und das Land Niedersachsen als zweitgrößter Aktionär hatten sich darauf hinter den erfolgreichen Konzernboss gestellt.

Firmenjet von VW auf dem Salzburg Airport

APA / Neumayr / MMV

Die beiden luxuriösen VW Firmenjets des französischen Typs Dassault Falcon 50 auf dem Salzburg Airport am Donnerstagnachmittag

VW-Jets aus Braunschweig

Auf den Showdown in Salzburg deuten auch zwei Firmenjets des VW-Konzerns hin, die auf dem Salzburg Airport stehen. Einer sei Donnerstag vom Flughafen der Wolfsburger Nachbarstadt Braunschweig im Stadtteil Waggum nach Salzburg geflogen worden, sagen Insider. Auch der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) soll in Salzburg anwesend sein. Das Bundesland ist mit 20 Prozent an VW beteiligt und damit zweitgrößter Eigner.

Auch Winterkorn sei nach Österreich gereist, sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person. Er hatte zuvor seine Teilnahme an einem Treffen der Fraktionsspitzen von Union und SPD in Göttingen abgesagt. Von seinem Büro in Salzburg aus steuert Piech das internationale VW-Imperium.

Der überraschende Bruch Piechs mit seinem einstigen Ziehsohn Winterkorn war auf Ablehnung im Aufsichtsrat gestoßen. Nun will zumindest Betriebsratschef Bernd Osterloh Piech die Stirn bieten und den angesehenen Manager verteidigen. Osterloh hatte als Reaktion auf Piechs Abrücken von Winterkorn gesagt, wenn es nach den Arbeitnehmern gehe, solle dessen Vertrag über 2016 hinaus verlängert werden. An der positiven Haltung des Betriebsrats zu Winterkorn habe sich nichts geändert, hieß es aus dessen Umfeld am Donnerstag.

Vielerlei Verflechtungen

Dem Präsidium im Aufsichtsrat gehört für die Eignerseite neben Piech und seinem Cousin Wolfgang Porsche auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil an. Für die Arbeitnehmer sitzen Betriebsratschef Osterloh, sein Stellvertreter Stephan Wolf und der frühere IG-Metall-Chef Berthold Huber in dem Gremium, das die Sitzungen des Aufsichtsrates vorbereitet.

Piech hatte vergangene Woche gegenüber dem „Spiegel“ erklärt, er sei „auf Distanz zu Winterkorn“. Die Arbeitnehmer im Aufsichtsrat hatten sich spontan hinter Winterkorn gestellt. Auch das an VW beteiligte Land Niedersachsen und die mit Piech verwandte Porsche-Familie äußerten sich ablehnend zu dessen Volte. Der dritte VW-Großaktionär nach dem Familienclan Porsche-Piech und dem Land, der Staatsfonds von Katar, sieht laut „Handelsblatt“ Winterkorns Chancen auf einen Verbleib im Amt gegen den Widerstand des Chefkontrolleurs skeptisch. Piech hatte schon Winterkorns Vorgänger Bernd Pischetsrieder und den früheren Porsche-Chef Wendelin Wiedeking aus dem Amt gedrängt.

Winterkorn als Kronprinz von Piech?

Die Diskussion über die künftige Spitze von Volkswagen schwelt schon länger wegen des fortgeschrittenen Alters der beiden Hauptakteure. Oberaufseher Piech wird am Freitag 78 Jahre alt und ist noch bis 2017 gewählt. Der Vertrag des 67-jährigen Winterkorn läuft Ende 2016 aus. Bisher wurde erwartet, dass er später auf Piech als Aufsichtsratschef folgt. Ein Nachfolger für Winterkorn in der Unternehmensführung war bisher nicht in Sicht, galt der Schwabe doch als unersetzlich. Er lenkt das VW-Imperium mit seinen inzwischen zwölf Marken seit 2007. Unter seiner Ägide ist der Wolfsburger Konzern weit vorangekommen und steht davor, Toyota als die Nummer eins zu überholen.

Strukturprobleme im Konzern

In dem Riesenunternehmen haben sich allerdings einige Probleme zusammengebraut - so liegt beispielsweise die Rendite der Kernmarke VW nur bei rund zwei Prozent. Piech, der die Strategie des Konzerns bisher mitgetragen hat, ist offenbar der Geduldsfaden gerissen. Im Aufsichtsrat kritisierte er die schon lange bekannten Schwachstellen zuletzt immer schärfer, wie es in Unternehmenskreisen hieß. Vor allem das lahmende Geschäft in den USA habe den Chefkontrolleur in Rage gebracht. Während die deutschen Konkurrenten BMW und Daimler am zweitgrößten Automarkt weltweit gut verdienen, gingen die Verkaufszahlen von VW im vergangenen Jahr mangels attraktiver Modelle deutlich zurück.