Verlag untersagt Thomas-Bernhard-Lesung

Die Hassliebe des Schriftstellers Thomas Bernhard zu Salzburg wird auch 25 Jahre nach dem Tod des Dichters vom Suhrkamp Verlag am Leben erhalten. Er untersagt immer wieder Bernhard-Veranstaltungen - aktuell im Salzburger Literaturhaus.

„Der Theatermacher“ ist eines der meistgespielten Stücke Bernhards. Am Donnerstagabend soll der Schauspieler Franz Froschauer einige Ausschnitte daraus im Salzburger Literaturhaus lesen. Der Bernhard-Spezialist Manfred Mittermayer will die Passagen kommentieren.

Immer wieder Verbote

Doch der Suhrkamp Verlag als Rechtsnachfolger Bernhards untersagte die Lesung. Es ist nicht das einzige Verbot für solche Veranstaltungen in Salzburg: So wurden auch geplante Aufführungen in Neukirchen am Großvenediger (Pinzgau) und beim Schauspielhaus Salzburg untersagt - genauso wie eine Lesung der Tiroler Schauspielerin Julia Gschnitzer.

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Thomas Bernhard im Garten seines Hauses in Ohlsdorf im Salzkammergut

In der Absage der Aufführung in Neukirchen teilte der Verlag mit, dass „Der Theatermacher“ nur komplett mit professionellen Schauspielern und vorrangig an großen Häusern gespielt werden dürfe. Das Verbot der Lesung im Salzburger Literaturhaus am Donnerstag begründete der Verlag allerdings bisher nicht.

Literaturhaus: Lesung findet trotzdem statt

Das Literaturhaus will sich aber über das Verbot hinwegsetzen und die Lesung nun trotzdem durchführen. In seinem Testament hatte Bernhard einst ein Aufführungsverbot in Österreich für 70 Jahre festgelegt. Doch der letzte Wille des Schriftstellers wurde inzwischen ausgehebelt. Auch für Bernhard-Spezialisten ist das Vorgehen sowohl des Verlags als auch jenes von Bernhards Erbe und Halbbruder Peter Fabjan nicht gerade durchsichtig. Es gibt immer wieder widersprüchliche Umgangsformen bei diesem Thema.

Literaturhaus-Chef Tomas Friedmann betont: „Nachlassverwalter Peter Fabjan und Suhrkamp-Vorstandsmitglied Raimund Fellinger schieben sich die Verantwortung dafür gegenseitig in der Schuhe. Hier geht es um Willkür und darum, Einfluss und Macht über Bernhards Werk nicht aus der Hand zu geben. Und zwar ausgerechnet von jenen, die die notarielle Verfügung des Autors, dass seine Werke 70 Jahre lang in Österreich in keiner Form aufgeführt werden dürfen, seit Bernhards Tod ignorieren.“ Fabjan habe die Organisatoren der Lesung an den Verlag verwiesen, weil dort die Entscheidung getroffen werden müsse. Fellinger wiederum mailte, die Ablehnung „im Auftrag Fabjans“ verfügt zu haben, wie Friedmann kopfschüttelnd festhielt.

Aus für Thomas-Bernhard-Archiv in Gmunden

Unterdessen wurde das Thomas-Bernhard-Archiv in Gmunden geschlossen. Jahrelang hatte sich das Land Oberösterreich um den Verbleib bemüht. Doch Fabjan hat das Archiv nach Wien übersiedelt. "Es ist natürlich schade, wenn ein Projekt, das zunächst so hoffnungsvoll begonnen hat, dann nach relativ kurzer Zeit nicht weitergeführt werden kann“, sagt dazu Manfred Mittermayr von der Universität Salzburg.

Thomas-Bernard-Archiv

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Thomas-Bernhard-Archiv in Gmunden

Bedauern gibt es auch bei Oberösterreichs Landeshauptmann und Kulturreferent Josef Pühringer (ÖVP). Die Zusammenarbeit der Universität Salzburg mit dem Land Oberösterreich sei immer gut gewesen. Leider habe man sich auf der fachlichen, wissenschaftlichen Ebene nicht mehr getroffen.

Das Bernhard-Archiv enthält rund 20.000 Originaldokumente - Briefe, Notizen, Manuskripte, Bücher und Fotos des Autors. Es befindet sich seit 1. Jänner 2015 in Wien - mehr dazu in ooe.ORF.at.

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