Festspiele eröffnet - Mahnung zu Frieden

Bundespräsident Heinz Fischer hat am Sonntag die 94. Salzburger Festspiele offiziell eröffnet. Die Reden standen im Zeichen der Mahnung zum Frieden - auch jene des Festspielredners, des in Cambridge lehrenden Historikers Christopher Clark.

Begonnen hat das Klassikfestival bereits in der Vorwoche mit der „Ouverture spirituelle“ und der Premiere des „Jedermann“. Die Festspiele 2014 bieten 270 Veranstaltungen an 16 Spielstätten mit 265.000 Tickets. Einige Vorstellungen sind bereits ausverkauft.

Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler

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Festpielpräsidentin Helga Rabl-Stadler

Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler begrüßte den diesjährigen Festspielredner, den australischen Historiker und Autor Christopher M. Clark und erklärte, das Generalthema der Festspiele 2014, der Erste Weltkrieg, liege auch „gründungsgeschichtlich auf der Hand“.

„EU zählt zu großen Errungenschaften der Menschheit“

Christopher Clark, australischer Historiker, Autor und ausgewiesener Experte für die Zeit des Ersten Weltkrieges, kam in seiner Rede zur Eröffnung der Salzburger Festspiele, mit einer klaren Botschaft: „Die Europäische Union ist ein Projekt, das zu den größten Errungenschaften der Geschichte der Menschheit gehört“, betonte Clark. Er ist nach Joachim Gauck, Peter von Matt und Jose Antonio Abreu der vierte Eröffnungsredner der Salzburger Festspiele, der nicht mehr - wie davor üblich - von der Landespolitik ausgewählt wurde, sondern von der Festivalleitung selbst.

Christopher Clark

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Festspielredner Christopher Clark: „Sie EU ist eine der größten Errungenschaften“

Clark erinnerte am Beginn seiner Rede zum Hundert-Jahre-Jubiläum des Kriegsausbruchs am 28. Juli beziehungsweise am 4. August 1914 an die vielfach betriebene, charmant-verniedlichende Darstellung des ersten großen Krieges und mahnte: „Wir sollten die Schrecken des Krieges und die Wonnen des Friedens niemals, ich meine wirklich niemals vergessen.“ Dazu rief Clark ins Gedächtnis, dass in dieser Auseinandersetzung zehn Millionen junge Männer auf den Schlachtfeldern getötet wurden und insgesamt wahrscheinlich zwischen 15 und 21 Millionen Menschen ihr Leben verloren.

„Leben in einer zunehmend gefährlichen Welt“

Clark versuchte deutlich zu machen, dass die Welt heute von einer ähnlichen Krise stärker bedroht ist, als noch vor 20 oder 30 Jahren: "Erst langsam ist uns klar geworden, was das Ende der bipolaren Stabilität des Kalten Krieges für die Entwicklung des globalen geopolitischen Systems bedeutet.

Wir befinden uns - wie die Zeitgenossen des Jahres 1914 - in einer zunehmend gefährlichen, multipolaren Welt, gekennzeichnet durch regionale Krisen. Es gibt ein Neben- und Gegeneinander eines ermüdenden und vermeintlich im Niedergang begriffenen Weltreichs und einer emporstrebenden Weltmacht, die mit ihrem ungestümen Rütteln am globalen Mächtegefüge für Unruhe sorgt." Clark spielte damit explizit nicht auf Russland, sondern auch auf die USA und China an.

Warnung vor gefährlicher Lage in Asien

In der aktuellen Ukraine-Krise sieht Clark eine vergleichsweise geringe Bedrohung für den Weltfrieden, weil es eine Sicherheitsarchitektur gebe und Strukturen wie die OSZE, die G8 und den Europäischen Rat, die als Schlichtungsinstanzen dienen können. Aber in Asien sei die Lage wesentlich gefährlicher, so der 54-jährige Australier: „Dort sehen wir eine Vielzahl von ungelösten territorialen Streitigkeiten. Verstrickt in diese Streitigkeiten sind auch die Nuklearmächte Russland, China, Nordkorea, Pakistan und Indien. Und es gibt in dieser Region überhaupt keine regionalen oder globalen Mechanismen, die in eventuellen Konflikten effektiv vermitteln könnten“.

Eine Eskalation in dieser Region könnte Kontroversen zwischen den USA und China schlagartig verschärfen. „In elf von fünfzehn Fällen, wo im Laufe der letzten 500 Jahre die bestehenden Machtverhältnisse durch das Emporkommen einer neuen Großmacht infrage gestellt wurden, gab es Krieg.“

Haslauer: „Hassliebe zwischen Kunst und Staat“

Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) verwies mit zahlreichen Zitaten darauf, wie deutsche Literaten sich vom Krieg mitreißen ließen. Seine Erklärung dafür: „Die Kunst ist auch ein Kind ihrer Zeit.“ Sie versage, wenn alle anderen versagen, und habe Anteil am Gelingen, was allen gelinge.

Landeshauptmann Wilfried Haslauer

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Landeshauptmann Wilfried Haslauer: „Die Kunst rettet die Welt nicht. Aber ohne sie wird uns das kaum gelingen.“

Zudem sprach Haslauer von der „Hassliebe zwischen Kunst und Staat“. Diese Beziehung gleiche „lang verheirateten Ehegatten“, die nicht ohne einander leben könnten, aber deren Angewohnheiten den anderen bis zur Weißglut reizen würden. Haslauers Schlussworte: „Die Kunst rettet die Welt nicht. Das müssen wir schon selber besorgen. Aber ohne Kunst wird uns das kaum gelingen.“

Ostermayer: „Kunst auch ein Mittel gegen Rassismus“

Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) dankte allen Mitwirkenden für das sorgsam ausgewählte Programm der Festspiele 2014, das sich der österreichischen Geschichte annehme und damit eine „verantwortungsvolle Aufgabe“ wahrnehme.

Kulturminister Josef Ostermayer

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Kulturminister Josef Ostermayer: „Kunst ist auch ein Mittel gegen Rassismus“

„Kunst ist auch ein Mittel gegen Verallgemeinerung und Vorurteil, gegen Rassismus, Hetze und Antisemitismus“, betonte Ostermayer. Dass der Bedarf an Mahnung auch aktuell gegeben sei, würden die jüngsten Vorfälle auch in Österreich zeigen.

Bundespräsident Fischer: „Gewalt löst keine Probleme“

Bundespräsident Heinz Fischer betonte bei der Eröffnung in der Felsenreitschule, dass es notwendig sei, Lehren aus der Geschichte zu ziehen.

Bundespräsident Heinz Fischer

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Bundespräsident Heinz Fischer: „Absage an aggressiven Nationalismus“

Zu den wesentlichen Lehren zählte der Bundespräsident die Absage an einen aggressiven Nationalismus, die Tatsache, dass Gewalt die Probleme nicht löse und dass Frieden keine Selbstverständlichkeit, sondern eine permanente Aufgabe sei.

Obonya und Bechtolf lasen Kraus und Zweig

Dem thematischen Fokus entsprechend lasen „Jedermann“-Darsteller Cornelius Obonya und Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf Werke von Karl Kraus und Stefan Zweig. Für die musikalische Gestaltung sorgten Chefdirigent Ivor Bolton mit dem Mozarteum-Orchester Salzburg und die Sopranistin Laura Aikin. Gespielt wurden neben der Bundes-, Landes- und Europahymne auch Werke von Richard Strauss, Anton Webern und Ludwig van Beethoven.

Im Publikum saßen unter anderen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) sowie der Präsident des tschechischen Abgeordnetenhauses, Jan Hamacek. Die Salzburger Landesregierung und Vertreter des Salzburger Landtages und Gemeinderates sowie Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) nahmen ebenso teil wie kirchliche Würdenträger, etwa Salzburgs Erzbischof Franz Lackner. Der Festakt wurde von ORF2 live übertragen, auch auf den Kapitelplatz, und ebenso im Internet.

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