Zeitzeuge Ernst Florian Winter tot

Wie erst jetzt bekannt wurde, ist vor wenigen Tagen jener Mann verstorben, der 1945 als erster US-Soldat seinen Fuß ins Innviertel und wenig später nach Salzburg setzte. Ernst Florian Winter war auch über seine Ehe mit Johanna Trapp („Sound of Music“) mit Salzburg verbunden.

Winter starb nun im 91. Lebensjahr. 1938 war der gebürtige Wiener, spätere Wahl-Osttiroler, promovierte Politikwissenschafter und Jurist in die USA geflüchtet und kehrte Anfang Mai 1945 als Offizier der amerikanischen Truppen zur Befreiung Oberösterreichs und Salzburgs in die alte Heimat zurück. Der junge Mann führte den kleinen Stoßtrupp, der bei Burghausen (Oberbayern) und Hochburg-Ach (Oberösterreich) mit einem Schlauchboot die Salzach überquerte und das Innviertel sowie die nördlichen Teile von Salzburg für die US-Armee erkundete.

Ernst Florian Winter tot Nachruf

Gerald Lehner

Vor einigen Jahren fuhr Winter mit dem Politikwissenschafter Andreas Maislinger und einem Salzburger ORF-Redakteur auf seiner Original-Route des Kriegsendes (1945) durch das Innviertel und Salzburg

Brauerei Schnaitl als US-Gefechtsstand

Dabei nahmen sich die Amerikaner einige Fahrräder bei Innviertler Bauernhäusern und stießen in der Nacht weiter vor. Winter hatte einen Auftrag des amerikanischen Generals George S. Patton zu erfüllen, für dessen Stab er auch als Geheimdienst-Offizier gearbeitet hatte. Das kleine Team sollte in Gundertshausen bei der massiv gebauten Brauerei Schnaitl den ersten (behelfsmäßigen) Gefechtsstand in Österreich gegen SS und „Wehrmacht“ vorbereiten. Der Ort und das Gebäude waren aufgrund von Fotos ausgewählt worden, die amerikanische Aufklärungsflieger geliefert hatten. Winter war auch im Juni 1944 bei der alliierten Invasion in der Normandie („D-Day“) und bei der Befreiung von NS-Todes- und Konzentrationslagern dabei.

„Weiße Fahnen, nicht eure Unterhosen“

In Deutschland hatte der tief gläubige Katholik Winter - der das Töten, wenn möglich, taktisch umging - mittels Megaphon aus amerikanischen Stellungen heraus immer wieder deutsche Soldaten zur Aufgabe überredet: „Hängt eine weiße Fahne raus, aber nicht eure Unterhosen, weil die sind sicher nicht mehr weiß, seit wir da sind.“ Er versprach ihnen Seife, Zigaretten, Bier und warmes Essen sowie die Tatsache, dass sie mit dem Leben davonkommen und gut behandelt würden.

Ernst Florian Winter

Gerald Lehner

Winter bei seiner Dankesrede zur Verleihung des Egon-Ranshofen-Wertheimer-Preises 2007 in Braunau am Inn

Uni-Professor in New York

Allerdings stieß Winters kleiner Trupp im Inn-Salzach-Raum in eine Region vor, die Hitlers Armee schon in Richtung Salzkammergut und „Alpenfestung“ geräumt hatte. Als Jurist und Politikwissenschafter war Winter später Professor an der Columbia University in New York sowie Chef der Diplomatischen Akademie des Wiener Außenministeriums.

Bergbauer, Pferdezüchter in Osttirol

Die von Gedächtnislücken gekennzeichnete und lange noch von ehemaligen Nationalsozialisten durchsetzte österreichische Bürokratie war ihm - nach eigenen Angaben in einem ORF-Interview - oft eine sehr unangenehme Erfahrung. Wenngleich er manche Streitereien als Gentleman immer herunterspielte. Er lebte dann bis ins hohe Alter im Osttiroler Defereggental als Bergbauer und Pferdezüchter. Zuletzt wurde Winter in Kritzendorf bei Klosterneuburg bei den Barmherzigen Brüdern gepflegt. Kardinal Christoph Schönborn zelebriert am kommenden Donnerstag im Wiener Stephansdom eine Seelenmesse für den 90-jährig Verstorbenen.

Ernst Florian Winter und österreichische Gedenk- bzw. Auslandsdiener auf Winters Bergbauernhof in Osttirol

Österreichischer Auslandsdienst

Winter mit jungen Männern des österreichischen Gedenk- und Auslandsdienstes bei seinem Bergbauernhof in Osttirol. Auslandsdiener leisten in Krisenregionen bzw. Gedenkstätten weltweit ihren Präsenzdienst ab. Winter war als früherer Diplomat Österreichs ein tatkräftiger Unterstützer dieser Bewegung

Gerald Lehner, ORF Radio Salzburg & salzburg.ORF.at

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