Nahversorger: Greißlerin kämpft
Gerald Lehner
Von der Politik aller Parteifarben und aller Ebenen erwartet sich Greißlerin Andrea Kocher wesentlich bessere Regionalförderung in Österreich - auch von der Wirtschaftskammer. Sie will trotz schwieriger Lage aber mit ihrem kleinen Team auf alle Fälle weitermachen:
„Wir wissen nicht wirklich, was wir noch machen sollen, dass es besser wird in der Region. Ich fühle mich von der Politik schon ein bisschen im Stich gelassen und glaube, es werden noch mehr umgebracht werden. Es gibt immer mehr große Geschäfte und noch mehr Preisdruck. Ich sehe nicht, dass mir irgendwo geholfen würde.“
Wintersaison als Rettungsanker
Nach dem schneereichen Winter mit vielen Gästen bei der Skischaukel Gaißau-Hintersee ist es wieder ziemlich still geworden im Seitental des Wiestales - mitten in den schönen Osterhornbergen hinter Schlenken und Schmittenstein. Der kleine ADEG-Markt Fuschlberger ist - nicht so weit von Hallein und der Stadt Salzburg - in großem Umkreis das einzige Geschäft.
Andrea Kocher kam einst als Kellnerin aus dem Lungauer Ramingstein nach Gaißau, lernte den Juniorchef des kleinen Lebensmittelgeschäftes kennen und führt nun selbst den ADEG-Laden an der Brücke: „Bei uns ist im Sommer einfach zu wenig los im Fremdenverkehr. Es sind nur ein paar Wochen im Winter, wo es rundgeht, und wo wir es auch beim Geschäft sehen.“
„Es werden noch mehr umgebracht“
Gerald Lehner
Nachbar verweist auch auf Wirtesterben
Gerald Pichler führt mit seinen Eltern in Gaißau den Gasthof Sagwirt, der auch Privatzimmer für Skifahrer und Sommerwanderer anbietet. Pichler junior werkt auch als Küchenchef im eigenen Haus, dessen Künste über die Grenzen der Region hinaus geschätzt werden. Wenn er an Feiertagen oder an Sonntagen Engpässe bei Zutaten und Lebensmitteln hat, dann bekommt er von seiner Nachbarin Kocher unbürokratisch das Nötige auch außerhalb der Geschäftszeiten.
Gerald Lehner
Und als ehrenamtlicher Obmann des örtlichen Tourismusverbandes kritisiert der junge Gastronom Pichler einen weiteren landesweiten Trend:
"Es gibt seit Jahren das Wirtesterben genauso. Auch das wird immer stärker - mit fatalen Folgen für Gemeinden und Regionen. In kleineren und sogar größeren Gemeinden, wo es keinen Tourismus gibt, da gibt es keine Geschäfte und keine Gasthäuser mehr. Damit stirbt auch das Kulturelle, und es gibt auch keine Punkte der öffentlichen Kommunikation mehr.
Greißlerin will weitermachen
Greißlerin Andrea Kocher macht im Krispler Ortsteil Gaißau mit ihrem Team weiter. Sie hat noch zwei Teilzeitkräfte und einen Lehrling. „Besonders die alten Leute, die keine Autos haben, würden sehr leiden, wenn wir zusperren müssten“, sagt sie.
Die Jüngeren arbeiten fast alle auswärts und nehmen ihre Einkäufe von neuen Großmärkten auf der grünen Wiese an den Stadträndern - von Hallein oder aus der Stadt Salzburg - im Auto mit nach Gaißau und Krispl. Wenn Nahversorger Fuschlberger weg wäre, würde das viele aber auch als großen Verlust für die Gemeinde sehen, erbrachte eine kleine Straßen-Umfrage des ORF. Ein junger Mann sagte, er werde nun öfter hingehen. Er habe nicht gewusst, dass es so schwierig sei.
Gerald Lehner, salzburg.ORF.at & Radio Salzburg
Links:
- Greißlersterben: Kritik an Gemeinden & Banken (salzburg.ORF.at; 22.05.2013)
- Einkaufen: Protest gegen „Flächenwahn“ (salzburg.ORF.at; 21.03.2013)
- Fachmärkte zahlen für Ortskerne (salzburg.ORF.at; 25.03.2013)