Klimaforscher Böhm gestorben

Der international bekannte Klimaforscher Reinhard Böhm ist Montag überraschend im 65. Lebensjahr an den Folgen eines Herzinfarktes gestorben, den er auf dem Sonnblick-Gletscher bei Rauris (Pinzgau) erlitten hatte.

Reinhard Böhm Klimaforscher ZAMG

ZAMG

Der gebürtige Wiener Böhm gilt in Fachkreisen als „Vater der modernen Klimaforschung“ - nicht nur in Österreich

Der auch alpinistisch sehr aktive Reinhard Böhm war allein zu Fuß vom Rauriser Ortsteil Kolm Saigurn auf dem Weg zum Observatorium auf dem Gipfel des Dreitausenders und machte im Bereich des Sonnblick-Kees einige Fotos, sagt sein Kollege Michael Staudinger von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Dann brach Böhm zusammen.

Etwas später nachkommende Bergsteiger leisteten Erste Hilfe und alarmierten den Notarzthubschrauber, der den Wissenschafter ins Krankenhaus Zell am See (Pinzgau) flog. Dort konnte nur noch der Tod festgestellt werden.

Als Experte keine Stromlinienform

In der modernen Kultur adretter Experten, die die Welt vorzugsweise an Computern und über Archive analysieren, habe der auch praktisch begabte Mann mitunter etwas fremd gewirkt, schreibt das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ in seinem Nachruf: „Experten sind in der Regel nicht klüger als andere“, sagte Böhm, „sie haben lediglich das Privileg, sich gegen Bezahlung mit dem zu beschäftigen, was sie interessiert.“

„Von Rettung der Welt verstehe ich nichts“

Böhm fremdelte mit der zunehmenden Politisierung der Klimaforschung durch vielerlei Akteure, so „Der Spiegel“:

„Oberflächliche, belehrende Gesamtschauen, die die Welt ganz nebenbei erklären, gibt es gerade zum Modethema Klimawandel in großer Zahl“, seufzte er. Er wollte sich nicht an den politischen Debatten beteiligen: „Von der Rettung der Welt verstehe ich nichts, ich bin dafür kein Experte“, sagte Böhm.

Schwerpunkte in den Hohen Tauern

Der Wiener arbeitete seit 1973 an der ZAMG, ab den 1980er-Jahren widmete er sich besonders der Hochgebirgsklimatologie und der Gletscherforschung im Gebiet der Hohen Tauern und der Sonnblickgruppe.

Observatorium auf dem Gipfel in 3.105 Metern Seehöhe:

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Gerald Lehner

Nordwand auf dem Rauriser Sonnblick bei Kolm Saigurn

Seit Anfang der 1990er-Jahre kamen bei Böhm auch die Bereiche Klimawandel und Klimavariabilität dazu.

Viele Forschungen und Publikationen

Böhm war an zahlreichen nationalen und internationalen Klima-Forschungsprojekten beteiligt und Autor bzw. Mitautor von mehr als 150 wissenschaftlichen Veröffentlichungen und mehreren populärwissenschaftlichen Büchern. Ebenso war er für seine umfangreiche Vortragstätigkeit bekannt.

Staudinger würdigt Lebenswerk

„Reinhard Böhm hat fast vier Jahrzehnte die Klimaforschung an der ZAMG und in Österreich geprägt und auch international Standards gesetzt, speziell mit seinen Arbeiten zum Klima und Klimawandel im Alpenraum“, sagt Michael Staudinger, bundesweit zuständiger Direktor der ZAMG in Wien, der früher lange Zeit in Salzburg tätig war und dabei auch das Oberservatorium auf dem Gipfel des Rauriser Sonnblicks leitete.

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