Überforderte Kletterer: Mehr Unfälle

Immer mehr Klettersteige werden eröffnet, um Freizeitsportler anzulocken. Doch dort sind immer mehr Kletterer unterwegs, die von der Schwierigkeit und Länge überfordert sind - mehr Unfälle seien die Folge, warnt das Kuratorium für alpine Sicherheit.

Rund 300 Klettersteige gibt es derzeit in Österreich - Tendenz stark steigend. Doch dieser Boom hat auch seine Schattenseiten: Laut Kuratorium für alpine Sicherheit starben in den letzten sieben Jahren österreichweit 32 Menschen auf Klettersteigen. 90 Prozent der Verunglückten dürften schlicht überfordert gewesen sein.

Drei Klettersteige in Mayrhofen; Anfänger, Fortgeschrittene, Profis

TVB Mayrhofen

Denn technisch geplante und angelegte Klettersteige sind gegenüber dem klassischen Felsklettern für nicht so Erfahrene eine willkommene Hilfe. Durch die künstlichen Tritte, Bügel, Steigleitern, Geländer, Bolzen und Seile aus massivem Stahl wird der Aufstieg deutlich einfacher. Und der Weg nach oben ist ein Genuss, sagen Klettersteig-Fans wie Wolfgang Waraschitz: „Die Natur, das Erlebnis, dass man einen Steig gegangen ist und den Felsen hinaufgekommen ist.“

„Selbstüberschätzung“ der Hauptfehler

„Das Klettersteig-Gehen boomt momentan extrem“, sagt Wolfgang Rohrmoser von der Bergrettung Rauris (Pinzgau), „Natürlich haben wir dadurch mehr Einsätze zu bestreiten. Aber dem muss man entsprechend begegnen.“

Der Hauptfehler sei „die Selbstüberschätzung der Leute“, weiß der Bergretter, „Das geht einher mit mangelnder Tourenplanung. Man muss mit einem gewissen Respekt an diese Sache herangehen.“

„Glauben, dass sie Kondition mit Ausrüstung kaufen“

Ein Beispiel ist der neue Klettersteig in der Kitzlochklamm bei Taxenbach (Pinzgau). Er ist seit einem Monat geöffnet. Seitdem wurde er schon mindestens 300 Mal durchstiegen. Er soll besonders sicher sein, sagen die Verantwortlichen - auch dank einer neuen Methode bei den Sicherungsankern, sagt Klettersteig-Errichter Sepp Brugger: „Beim Sturz des Kletterers gibt der Anker nach unten nach. Das erzeugt eine Minderung des Falles.“

Aber nicht alle Kletterer wissen, was sie tun. Auch in Taxenbach musste ein Kletterer am Wochenende geborgen werden, weil er sich überschätzt hatte und völlig erschöpft aufgeben musste. „Grundsätzlich fängt es bei der schlechten Ausrüstung an“, schildert Kletterer Ludwig Kössner, „Wobei man sagen muss, dass die Ausrüstung in den letzten Jahren besser geworden ist. Nur glauben die Leute, dass sie mit einer guten Ausrüstung auch Kondition und Erfahrung mitkaufen. Und das ist leider nicht der Fall.“

Klettersteig (in der Kitzlochklamm bei Taxenbach)

ORF

Klettersteig in der Kitzlochklamm bei Taxenbach

Boom weiter ungebremst

Die Vermehrung der Klettersteige wird wohl auch in den kommenden Jahren andauern - denn die Touristiker sind heiß darauf, weiß Klettersteig-Errichter Brugger: „Die Tourismuswirtschaft will das. Es schaut bald schon so aus, dass fast jede Gemeinde einen Klettersteig bauen will. Das ist nicht der richtige Weg. Man sollte im Vorfeld sehr genau schauen, wo man wirklich was bieten kann. Wo lässt sich das mit der Natur vereinbaren? Lässt sich das geologisch vereinbaren, um einfach die Sicherheit in den Vordergrund zu stellen.“

„Bei Planung alle Beteiligte einbeziehen“

Der Taxenbacher Bürgermeister Franz Wenger (ÖVP) hat mit dem neuen Klettersteig die Kitzlochklamm attraktiver gemacht - aber: „Wichtig war bei der Planung, bei der Errichtung alle Beteiligten einzubeziehen: die Geologie, die das Umfeld abcheckt, die Bergrettung, die für das Sicherheitskonzept verantwortlich ist, und letztendlich auch der Errichter. Nur durch diese Zusammenarbeit ist es auch möglich, einen Klettersteig zu errichten, der allen Sicherheitsansprüchen genügt.“

Angst vor Unfällen auf dem Klettersteig habe er nicht, betont der Bürgermeister - auch wenn natürlich „ein wesentliches Stück Eigenverantwortung erforderlich, um beurteilen zu können, ob ich diesen Klettersteig begehe oder nicht.“

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