Missbrauchsvorwurf: Gutachten belastet Ex-Domprediger

Mit einem Gutachten zu den Missbrauchsvorwürfen gegen ihn wollte der ehemalige Salzburger Domprediger Peter Hofer seine Unschuld beweisen. Doch dieses Gutachten belastet Hofer jetzt. Deshalb ließ sein Anwalt zwei weitere Expertisen erstellen.

Im Frühjahr war eine 47-jährige Salzburgerin an die Öffentlichkeit gegangen: Sie sei von Hofer in den 1980er Jahren, als dieser in der Pfarre Salzburg-Nonntal tätig war, hunderte Male vergewaltigt worden. Zu Beginn sei sie nicht einmal volljährig gewesen.

Hofer hatte eine sexuelle Beziehung zu der Frau zugegeben, Missbrauch aber vehement bestritten. Er habe sie nie zum Sex gezwungen oder ihr Gewalt angetan, sagte der Domprediger im März. Er legte aber alle seine Ämter nieder.

Gutachter im Einvernehmen ausgewählt

Um seine Unschuld zu beweisen, strengte Hofer ein aussagepsychologisches Gutachten an. In Einvernehmen mit dem Anwalt der 47-Jährigen wurde dafür der Innsbrucker Psychologie-Universitätsprofessor Salvatore Giacomuzzi ausgewählt.

Seit 15. November liegt jetzt Giacomuzzis 104-Seiten-Gutachten vor. Der Psychologe kommt darin zu dem Schluss, dass die Frau „glaubwürdig und aussagefähig“ sei - unter anderem schreibt er in der Zusammenfassung: „Insofern erscheinen die Aussagen, unter Berücksichtigung der durchgeführten Analysen, auf einem realen, erlebnisbasierten Hintergrund zu beruhen.“

47-Jährige „hat das nicht zusammenfantasiert“

„Das Gutachten sagt im Wesentlichen, dass meine Mandantin sich alles, was sie sagt, nicht eingebildet hat, nicht zusammenfantasiert hat, sondern dass es erlebnisfundiert ist“, sagt der Anwalt der 47-Jährigen, Nikolaus Bauer, „Also muss man davon ausgehen, dass das, was sie gesagt hat, der Wahrheit entspricht.“ Der Gutachter habe mit seiner Mandantin fünf bis sechs Stunden gesprochen und ein umfangreiches psychologisches Testverfahren durchgeführt und habe „keinen Anhaltspunkt gefunden“, die Aussagen der Frau zu wiederlegen.

Peter Hofer, ehemaliger Salzburger Domprediger

ORF

Ex-Domprediger Peter Hofer

Hofer will jetzt von Ergebnis nichts mehr wissen

Doch Peter Hofers Anwalt Fritz Müller will jetzt von diesem Gutachten nichts mehr wissen. Es sei „das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben steht“, sagte Müller: „Mein Mandant und ich waren entsetzt und geschockt, dass da drinnensteht, dass die Aussagen des Opfer glaubhaft sind.“

Der Anwalt gab deshalb zwei weitere Expertisen in Auftrag gegeben. Eine davon ist bereits fertig - und stelle Giacomuzzis ein vernichtendes Urteil aus, sagt der Anwalt des Ex-Dompredigers: Die Befunde seien „widersprüchlich“, die Glaubwürdigkeit „nicht nachvollziehbar“. Nach diesem Gutachten über das erste Gutachten „ist Dr. Hofer unschuldig“, sagt sein Anwalt Fritz Müller.

Anwalt des Opfers droht mit zivilrechtlicher Klage

Der Anwalt der 47-Jährigen gibt aber nicht nach: Man könne nicht so lange Gutachten erstellen lassen, bis das Ergebnis entspreche, sagt Bauer. Falls der ehemalige Domprediger das Ergebnis des Giacomuzzi-Gutachtens nicht anerkenne, werde man die Therapie- und Heilungskosten zivilrechtlich einklagen. Strafrechtlich sind die Vorwürfe schon verjährt. Die Klasnic-Kommission hatte die 47-Jährige als Opfer anerkannt und ihr monatlich 650 Euro für Therapie und Schmerzensgeldzahlungen zugesichert.

Der Anwalt des Ex-Dompredigers Hofer wartet jedenfalls das zweite von ihm in Auftrag gegebene Gegengutachten eines gerichtlich beeideten Sachverständigen aus Salzburg ab. Diese beiden Expertisen will er Erzbischof Alois Kothgasser zur Kenntnis vorlegen. Sie sollen eine Entscheidungshilfe im kirchenrechtlichen Verfahren gegen Hofer sein. Darin wird entschieden, ob Hofer wieder in der Seelsorge arbeiten darf oder nicht.

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