Prozess: Großbetrug mit Potenzmitteln?

Vier Angeklagte sind Montag bei einem Prozess in Salzburg mit schweren Vorwürfen konfrontiert worden. Sie sollen gefälschte Potenzmittel und Schlankmacher im Internet verkauft und einen Schaden von rund zwei Mio. Euro verursacht haben.

Zwei der Beschuldigten sollen Mitglieder der sogenannten „Pillendienst-Bande“ sein, denen in Deutschland ein Schaden von 20 Millionen Euro vorgeworfen wurde. Auch die mutmaßliche Salzburger „Zweigstelle“ der internationalen Bande - das Hauptverfahren ist beim Landgericht Potsdam anhängig.

„Diskrete“ Abwicklung via Web

Die mutmaßlichen Betrüger haben laut Staatsanwaltschaft von 2009 bis 2011 in Asien illegal hergestellte und nach Europa geschmuggelte Produkte im Internet-Versandhandel den „ahnungslosen Käufern“ als Originalmedikamente Viagra, Cialis und Levitra angeboten. Ein eigenes Online-Bezahlsystem versprach Kunden eine diskrete Abwicklung. Die gefälschten Pillen wurden per Post verschickt.

Die weltweit agierende Bande soll ein Netz aus Strohmännern und Tarnfirmen aufgebaut haben. Nach einem Hinweis eines Viagra-Herstellers an die deutschen Behörden flog der Schwindel im Jahr 2011 auf. Ermittlungen zufolge sind innerhalb von zwei Jahren 230.000 Bestellungen allein aus Deutschland eingegangen. Chemische Tests ergaben, dass die angepriesenen und nicht zugelassenen Medikamente keinen oder nur einen geringen Wirkstoffgehalt aufgewiesen haben sollen.

Erste Verurteilungen in Deutschland

Einige Beschuldigte wurden in Deutschland bereits verurteilt. Im Jahr 2012 erhielt ein damals 62-jähriger Vorarlberger bei einem Prozess am Landesgericht Feldkirch vier Jahre Gefängnis wegen gewerbsmäßig schweren Betruges mit minderwertigen Potenz- und Diätpillen im Rahmen einer kriminellen Vereinigung mit einem Schaden von rund einer Million Euro. Seine Frau wurde wegen ihrer untergeordneten Rolle zu acht Monaten bedingter Haft verurteilt.

„Erotikdarstellerin“ aus Thailand

Bei dem Prozess in Salzburg, der für fünf Tage anberaumt ist, wird ebenfalls ein Ehepaar beschuldigt, weiters ein Sohn und ein Freund des Ehemannes. Bei dem verheirateten Paar handelt es sich um einen 54-jährigen Geschäftsführer aus Österreich und eine 43-jährige Erotikdarstellerin aus Thailand. Dem Österreicher wird vorgeworfen, er habe sich gemeinsam mit seinem 28-jährigen Sohn im Rahmen einer kriminellen Vereinigung an dem illegalen „Pillendienst“-Internethandel und damit an einem schweren gewerbsmäßigen Betrug beteiligt und auch Konten zur Verfügung gestellt, auf welche die Einnahmen flossen. Zudem sollen sie Produkte, die im Inland lagerten, für den Versand zur Post gebracht haben.

Geld nach Liechtenstein transferiert

Die Ehefrau ist der Anklage zufolge nur vermeintliche Eigentümerin einer Werbeagentur- und Postservice-Einrichtung ihres Mannes gewesen. Der Firma seien im Tatzeitraum Gelder entnommen und auf Konten in Liechtenstein transferiert worden. Staatsanwältin Sabine Krünes warf dem Ehepaar betrügerische Krida vor. Der Freund des Österreichers soll die gefälschten Pillen gekauft, im Internet beworben und mit Gewinn weiterverkauft haben. Der gleichaltrige Landsmann zeigte sich heute vor dem Schöffensenat unter Vorsitz von Richter Günther Nocker reumütig geständig. Die drei anderen Angeklagten beteuerten allerdings ihre Unschuld.

„Sohn und Ehefrau wussten nichts“

Der Verteidiger des erstangeklagten Ehemanns erklärte, sein Mandant habe als Geschäftsführer der Dienstleistungsfirma zwar ein Zahlungssystem für Produkte und Medikamente zur Verfügung gestellt. „Es war ihm aber nicht bekannt, was veräußert wurde“, sagte Rechtsanwalt Sebastian Boecker. Die Ehefrau habe keine Ahnung von den Geschäften gehabt, und der Sohn sei Kameramann und im Versand für Erotikartikel tätig gewesen, sagten deren Verteidiger. Der Sohn habe ebenfalls keine Ahnung von derartigen Vorgängen gehabt.

Prozess für mehrere Tage anberaumt

Der Freund des Geschäftsführers, vertreten von Verfahrenshelfer Rechtsanwalt Michael Hofer, gestand ein, dass er Pillen, die sein Freund im Internet bestellt habe, angekauft und mit einem Aufschlag von zwei Euro pro Tablette weiterverkauft hat. Er habe gewusst, dass die Produkte in der Apotheke mehr kosten und diese auch rezeptpflichtig seien: „Ja, ich war dumm. Ich habe einen Blödsinn gemacht“, erklärte der Angeklagte. Seinen Freund wollte er nicht belasten. Ob dieser gewusst habe, dass es sich um gefälschte Medikamente handelte, könne er nicht sagen: „Ich glaube, er hat sie nicht in der Hand gehabt.“ Der Prozess wird in dieser Woche am Dienstag und am Mittwoch fortgesetzt.