Mondflugfirma expandiert nach Österreich

Wer sich für Jobs in der privaten Raumfahrt und Mondflüge interessiert, soll sich bei der Berliner Firma PTScientists melden, sagt deren Gründer. Sie eröffnet in Salzburg demnächst die Niederlassung für Österreich.

Ziel des Unternehmens Part Time Scientists ist die weltweit erste privat finanzierte und organisierte Mondmission. Seit Ende 2007 tüfteln Physiker, Ingenieure verschiedener Fachrichtungen, Mathematiker und Astronomen an diesem Projekt, das mittlerweile den schlichten Titel „Mission to the Moon“ trägt. Der unbemannte Flug mit einer amerikanischen Trägerraktete des Typs Falcon 9 sei schon gebucht, teilt das junge Berliner Unternehmen mit.

Taurus Littrow Tal Mond

NASA / Legacy Collection

Foto von 1972: Tal auf dem Mond, wo nun auch die Landung geplant ist

Zwei Audi-Gefährte für Mondoberfläche

Nächstes Jahr schon soll die von der Erde aus ferngesteuerte Landeeinheit Alina (Autonomous Landing and Navigation Module) mit den beiden Allrad-Forschungsfahrzeugen als Nutzlast sanft aufsetzen. Geplanter Platz ist das Taurus-Littrow-Tal auf der erdzugewandten Seite des Mondes. Hier starten dann die Audi-Lunar-Quattro-Rover zu ihren Expeditionen, Forschungsfahrten und Spritztouren. Die Gegend war schon das Ziel der amerikanischen Apollo-17-Mission im Dezember 1972 und damit der bisher letzte Platz, an dem Menschen den Mond betreten haben.

Mondlandefähre Mond Mondlandung

PTScientists

Die Landefähre Alina soll schon bald zwei Fahrzeuge auf die Oberfläche des Erdtrabanten bringen, ausgehend vom Mutterschiff in einer Mondumlaufbahn

Europäische Raumfahrtagentur im Boot

In den USA hat PTScientists vor Kurzem eine Zweigstelle eröffnet, in zwei bis drei Monaten seien nun Österreich und Salzburg dran, sagt Firmengründer Robert Böhme: „Wir haben schon jetzt sehr viele Mitarbeiter hier. Um auch das mit den Anstellungsverhältnissen und den Arbeitswegen ein wenig zu vereinfachen, wollen wir in Salzburg ein Büro eröffnen. Wir wollen hier einen festen Standpunkt haben, um auch ein paar Kooperationen und zusätzliche Leute hereinzuholen. Wir bereiten jetzt die Ausschreibungen für Jobs vor.“

Termin im Juni auch in Wien

Robert Böhme kommt am 14. Juni auch nach Wien - zum Kongress „Best of Content Marketing“. Der Auslöser für das Gesamtprojekt des Mondfluges war ein 2007 von der Firma Google ausgelobter Wettbewerb. Im Rahmen des Google Lunar X-Price (GLXP) winkten 30 Millionen Dollar für jenes zumindest zu 90 Prozent aus privaten Mitteln finanzierte Team, dessen Rover 500 Meter auf dem Erdtrabanten zurücklegt. Die Idee hat auch diese Gruppe Techniker und Forscher von Berlin ausgehend dazu motiviert, sich 2008 als Part Time Scientists an die Arbeit zu machen.

Was bei dem geplanten Mondflug nun noch schiefgehen könnte, erklärte PTS-Manager und Wissenschafter Robert Böhme der Austria Presse Agentur (APA).

APA: Herr Böhme, wie stehen die Chancen, dass die „Mission to the Moon“ schon 2019 ein realer Erfolg wird?

Robert Böhme: Aus irgendwelchen Gründen kann sich die Mission natürlich verzögern, weil noch etwas unerwartet schiefgeht. Das hinzukriegen ist ja eine große Herausforderung. Dafür, was fehlschlagen kann, gibt es eine recht große Liste - die Fehlerquellen sind unendlich. In der Raumfahrt gilt, wenn du das Ding einmal losgeschickt hast, kannst du dich auch sehr schlecht von Fehlern erholen. Ganz banal: Am Mond gibt es für den Rover keinen Pannendienst. Wir sind aber nicht naiv und haben ein sehr gutes „Risk Assessment“, arbeiten eng mit der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA) und dem DLR (dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, Anm.) zusammen. Vielfach geht es darum, etwa noch Treibstoffreserven einzuplanen, und nicht immer ganz am Limit zu sein.

APA: Was ist die kritische Phase vor dem Start?

Böhme: Das sind die „Flight Acceptance Tests“. Da packen wir alles zusammen, stellen es auf eine Schüttelplatte, lassen das durchvibrieren (um die Vibrationen des Starts zu simulieren, Anm.), simulieren Schocks und machen Klima- und Strahlentests. Das muss final abgenommen werden, und erst dann geht alles zu (dem privaten US-Raumfahrtunternehmen, Anm.) SpaceX, wo wir den Start mit einer Falcon-Rakete gebucht haben. Wenn bei dem finalen Test etwas kaputtgeht, täte das richtig weh.

APA: Wovor fürchten Sie sich nach dem Start am meisten?

Böhme: Der Transit auf dem Weg von der Erde in die Nähe des Mondes ist relativ einfach, weil sich das Raumschiff wie ein Satellit verhält. Die Landung selbst ist die kritischste Phase. Das können auch nicht viele. Bei der NASA hat das damals Neil Armstrong mit seinem Joystick gemacht. Wir müssen einen virtuellen Armstrong auf einem Mikrochip mit sehr viel Sensorik mitnehmen. Hier dürfen am Ende keine Fehler passieren.

Ulrich Schwarze (Audi) und Robert Boehme (R), Chef des Berliner Start-ups Part-Time-Scientists

APA / Georg Hochmuth

Ulrich Schwarze (links), Manager beim Autokonzern Audi, und Robert Böhme, Chef des Berliner Start-ups PTScientists - mit Reifenteilen für die beiden Mondfahrzeuge

APA: Seinen Ausgangspunkt hatte das Projekt im Rahmen des mittlerweile eingestellten Wettbewerbs „Google Lunar X-Price“. Könnte ihnen jemand aus der Teilnehmerriege zuvorkommen?

Böhme: Es ist ja niemand verpflichtet, zu erzählen, was er macht. Von dem, was ich so weiß, hat momentan keiner Ambitionen, um 2019 herum etwas zu machen. Abgesehen davon wäre es auch nicht wirklich schlimm, wenn da übermorgen jemand landet. Es hat für uns kommerziell und für die Mission keine Relevanz. Es bleibt ja die einzige Mission, die zu Apollo zurückkehrt. Es ist aber gut, dass es hier Konkurrenz gibt und auch andere Leute zeigen, dass es kommerziell tragfähig ist. Außerdem ist es immer eine Riesenleistung, wenn das jemand technisch hinkriegt.

APA: Sie verfolgen einen ehrgeizigen Plan, was die mediale Umsetzung betrifft. Das Red Bull Media House wird die Mission sozusagen inszenieren. Welchen Anteil hat dieser Part an der Mission?

Böhme: Wir als PTScientists sind das technische Unternehmen. Für uns geht es um Infrastruktur, um Technik und darum, zu zeigen, dass da ein Anwendungsfall dahintersteckt. Der mediale Teil ist für mich persönlich wichtig, um Leute zu begeistern und in die private Raumfahrt hinein zu holen. Die meisten verstehen gar nicht, dass es das überhaupt gibt, und studieren dann Wirtschaftsinformatik oder werden Anwalt. Ich möchte den Leuten zeigen, dass das eine Option ist. Und dass die Raumfahrt etwas ist, womit sie ihren Lebensunterhalt bestreiten und die Menschheit ein Stück weiterbringen können. Dafür finde ich die mediale Aufmerksamkeit wirklich wichtig. Ich glaube vor allem, dass es Leute inspiriert, wenn das ein privates Team macht.

APA: Gibt es eine gewisse Gefahr, dass der PR- und Eventcharakter die wissenschaftlich-technische Herausforderung überlagert?

Böhme: Nein, gar nicht! Wenn man es sich genau überlegt, war das Apollo-Programm eine reine PR-Aktion. Die Motivation dahinter war, diese blöde Flagge dorthin zu bringen. Das war auch daran zu sehen, dass danach schnell alle Gelder weg waren. Die größere Herausforderung für uns wird sein, dass die Leute das nicht als zu rückwärtsgewandt ansehen, weil wir uns Apollo 17 ansehen. Wir schauen damit zwar in die Vergangenheit, machen aber einen Schritt in die Zukunft. Ich möchte das Flair dieser Entdeckung haben, aber auch die Tür in das Unbekannte und Neue zeigen. Das hat das Apollo-Programm nämlich geschafft.

APA: Sie wollen nun also zeigen, dass ein relativ kleines Team aus Technikern, Forschern und „Nerds“ so etwas hinbekommt. Wie müssen angesichts dessen Raumfahrtagenturen wie ESA oder NASA ihre Rolle in der Zukunft ausrichten?

Böhme: Sie sind alle dabei, sich neu zu finden. Die ESA hat uns gerade einen rund 250 Mio. Euro schweren Großauftrag für eine eigene Mission gegeben, um 2024 zum Südpol des Mondes zu fliegen und dort Wasser zu gewinnen. Das ist eine unglaubliche Veränderung. Früher hätte die ESA da eine komplett eigene Mission gemacht. Der Öffentlichkeit hätte man gesagt, welche Forschungsergebnisse man damit sammeln möchte. Jetzt nimmt die ESA einen Bruchteil des Geldes, lässt die Frage des Hinkommens Private lösen und kümmert sich um den Bau der Instrumente und darum, die Daten für die Forschung zu haben, mit denen man die Menschheit einen Schritt weiterbringen will. Dazu kommt, dass die ESA mit dem „Moon Village“ die einzige Agentur der Welt ist, die eine größere Vision hat.

Nikolaus Tauber, Austria Presse Agentur
Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

Links: