Dramatisches Wildererlied neu entdeckt

Was das berühmte Lied vom Wildschütz Jennerwein für Bayern ist, könnte das Lied vom Berger Zenz bald für Salzburg sein. Die dramatische Wildererballade aus Unken (Pinzgau) war bisher kaum bekannt. Der Museumsverein will das ändern.

„Es war ein Schütz in seinen besten Jahren, er wurde weggeputzt von dieser Erd...“ So beginnt das Lied vom Wildschütz Georg Jennerwein, wohl eines der berühmtesten Wildererlieder im deutschen Sprachraum. Allerdings hat nicht nur Bayern, sondern auch Salzburg ein mindestens ebenso dramatisches Wildererlied. Davon wussten bisher aber nur wenige Einheimische. Der Museumsverein Unken will das jetzt ändern.

Vinzenz Wörgötter vulgo Berger Zenz

Repro: Museumsverein Unken

Vinzenz Wörgötter

Berger-Zenz-Lied für Nachwelt bewahrt

Namensgeber und Hauptdarsteller dieser Salzburger Wildererballade ist Vinzenz Wörgötter vulgo „Berger Zenz“, ein Bauernsohn aus Unken-Reith. Am 14. November 1920 kommt er beim Wildern durch den Schuss eines bayerischen Jägers ums Leben. Wörgötter dürfte nach einem Warnschuss von einer Kugel tödlich getroffen worden sein, die von einem Felsen abgeprallt ist.

Hobbyhistoriker erforscht Umstände

Gustl Starzmann aus Bad Reichenhall ist es zu verdanken, dass die Wilderer-Geschichte nicht in Vergessenheit geriet. Der pensionierte Geometer, ehemalige Dauerpächter der Berger-Alm in Unken-Reith und passionierte Hobbyhistoriker hat sämtliche Archive durchforscht und herausgefunden, dass jene Freunde, die den toten Wildschütz zurück nach Salzburg getragen haben, ihm auch das musikalische Denkmal gewidmet haben.

„Da war sogar ein Jäger dabei, der mitgedichtet hat und ein Bauer, der im Alter des Verunglückten war. Wahrscheinlich ein paar Burschen aus der Gruppe der 15, die die Leiche geborgen haben“, sagt Starzmann. Der Unkener Sellauerbauer, Hans Stockklauser, kennt den Text seit Kindertagen und rezitiert ihn vor Publikum.

Präsentation Berger-Zenz-Lied im Kalchofengut, Unken

ORF

Gustl Starzmann (li.) und Hans Stockklauser

Text und Melodie ab sofort für die Nachwelt gesichert

Simon und Verena Haitzmann haben Text und Melodie für die Nachwelt gesichert und am Freitagabend im Kalchofengut in Unken präsentiert. Mit mehr als 120 interessierten Zuhörern war der Saal des Heimatmuseums bis auf den letzten Platz gefüllt. Musiker Fritz Derwart aus Bad Reichenhall (Bayern) steuerte zum direkten Vergleich die Ballade vom Wildschütz Jennerwein bei.

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Reportage mit Lied-Ausschnitten zum Nachhören

Präsentation Berger-Zenz-Lied im Kalchofengut, Unken

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Simon und Verena Haitzmann mit Fritz Derwart (re.)

Unvorstellbare Not nach dem 1. Weltkrieg

„Die Not die damals geherrscht hat, kann man sich gar nicht mehr vorstellen. Ich weiß aus Erzählungen, dass die Bauern, die gewildert haben, leichter an Dienstboten gekommen sind, denn bei ihnen gab es mehr Fleisch als bei anderen. Aber auch die Jagdleidenschaft hat eine Rolle gespielt und der Mut, der Obrigkeit (Anm.: diese hatte das Jagdrecht) ein paar Stück Wild wegzunehmen“, sagt Museumsvereinsobmann und Bürgermeister Hubert Lohfeyer.

Präsentation Berger-Zenz-Lied im Kalchofengut, Unken

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Die Zuhörer lauschen gebannt dem Berger-Zenz-Lied

Zenz’ Schicksal war lange im Ort tabu

Über das Schicksal des Wilderers ist weder im Ort noch im Haus des Berger Zenz gesprochen worden, erinnert sich der Großneffe von Vinzenz Wörgötter, Helmut Scheul. „Bei uns hat nie eine Büchse ins Haus kommen dürfen, weil der Bruder der Großmutter beim Wildern erschossen wurde. Die Großmutter hat nicht viel erzählt. Das ist immer totgeschwiegen worden“, sagt Scheul.

Präsentation Berger-Zenz-Lied im Kalchofengut, Unken

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Heimatmuseum Kalchofengut

Ungewöhnlich versöhnliche Botschaft der Ballade

Für Musiker Simon Haitzmann hat das Berger-Zenz-Lied dem berühmten Jennerwein-Lied sogar etwas voraus: „Das Lied zeichnet eine gewisse Neutralität aus zwischen Wilderer und Jäger“, sagt Haitzmann. Hobbyhistoriker Starzmann pflichtet bei: „Es ist erstaunlich, dass noch in der Frische der Tat so ein versöhnliches Lied herausgekommen ist.“

Herausfordernd seien für Sänger die 14 Strophen. Da haben wir uns mit einem Schwindelzettel geholfen, denn wir haben die 14 Strophen noch nicht intus, sagt Haitzmann. Das Team des Unkener Heimatmuseums plant derzeit eine große Sonderausstellung zum Thema Wilderei zwischen Salzburg und Bayern im kommenden Jahr.

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