Unfallopfer: Gaffer bestrafen?

Sollen Gaffer bestraft werden, die Retter bei Unfällen behindern, Bilder von Opfern ins Web stellen? Das wird in Österreich noch diskutiert, während deutsche Behörden längst härter vorgehen. Zuletzt wurden in Bayern 20 Gaffer bestraft.

Sie zücken ihre Handys, fotografieren und filmen Unfälle, oft auch Opfer – und zwar hautnah. Sie stellen dann Bilder ins Internet, teilen sie in sozialen Netzwerken, oft schon, bevor die Einsatzkräfte eintreffen, sagt Markus Brandauer vom Salzburger Landesfeuerwehrverband: „Manche vergessen beim Gaffen und Fotografieren sogar, die Rettungskräfte zu alarmieren und die Rettungskette zu starten.“

Gaffer und Zuschauer bei Unfällen

ORF

Feuerwehrleute wissen sich oft nur noch mit großflächigen Planen zu helfen

„Sie behindern einfach alles“

Bei Unfällen auf der Autobahn greifen viele Lenker auf der Gegenfahrbahn sofort zu Smartphones. Autobahnpolizisten erleben das beinahe täglich, erzählt Werner Baier, Chefinspektor: „Ganz schlimm ist es, wenn es Schwerverletzte oder Tote gibt, und die Feuerwehr mit Planen einen Sichtschutz aufbauen muss. Das Bestreben, hinter solchen Sichtschutz hineinzusehen, das ist ja oft schon die Norm. Man behindert einfach alles.“

„Dieses Begeilen ist entsetzlich“

Schaulustige blockieren auch Zufahrten zu Unfallorten, drängen distanzlos an die Verletzten heran, erschweren den lebensrettenden Einsatz - auf der Jagd nach dem besten Bild: „Es ist furchtbar“, sagt eine Passantin: „Dieses Begeilen ist entsetzlich.“

Jeder verurteilt das. Dennoch tun es offenbar sehr viele. Was treibt Gaffer und Schaulustige an. Der Verkehrspsychologe Wolf-Dietrich Zuzan ist pessimistisch: „Das Schockerlebnis ist ein anziehendes Faszinosum. Ich muss mich damit auseinandersetzen. Gleichzeitig will man der Hilflosigkeit beim Schock auf diese Art auch entkommen.“

„Strafen gegen Gaffer nicht exekutierbar“

In Deutschland ist das Behindern von Einsatzkräften seit Mai ein Straftatbestand – in Österreich nicht. Noch nicht? Die Behörden können Schaulustige laut Sicherheitspolizeigesetz lediglich von Unfallorten wegweisen. Härtere Strafen halten die Vertreter der Salzburger Einsatzorganisationen trotzdem nicht für sinnvoll, wie Werner Baier von der Autobahnpolizei: „Wenn das Personal gebraucht wird, um bei schweren Unfällen zu helfen und im Einsatz zu sein, dann haben wir nicht die Zeit, dass ich Kollegen auf die Gegenfahrbahn schicke, damit er die Schaulustigen in Schach hält. Es wäre in der Praxis nicht exekutierbar.“

Dringender Appell

Und Markus Brandauer vom Landesfeuerwehrverband hat einen dringenden Appell an alle Gaffer und Privatfotografen: „Wie würden Sie selbst reagieren, wenn Sie als Betroffener bei einem Unfall schwer verletzt auf dem Boden liegen, und diese Fotos dann schon durch die Medien geistern.

Verletzung von Persönlichkeitsrechten

Wer Bilder von Unfallopfern oder Fahrzeugen veröffentlicht – im Internet und wo auch immer - mache sich strafbar, betonen Juristen. Es verletze die Persönlichkeitsrechte und könne teuer werden, wenn Opfer oder Angehörige klagen.

Presse hat Pflicht zur Anonymisierung

Pressefotografen haben beispielsweise die Pflicht und Aufgabe, in jedem Fall aus der Entfernung bzw. mit geeigneter Perspektive ihre Aufnahmen zu machen. Gesichter von Unfallopfern und Beteiligten sowie Kennzeichen und Beschriftungen von Fahrzeugen, die keine anonymisierte Berichterstattung ermöglichen, dürfen nicht publiziert werden.

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Massive Behinderung der Einsatzkräfte

ORF-Redakteurin Katharina Garzuly hat sich bei Fachleuten erkundigt, wie sich die Gafferei auf Feuerwehr- und Rettungswesen auswirkt.