Neuer „Jedermann“ wird erotischer

Die Vorbereitungen für die Neuinszenierung des „Jedermann“ laufen gut. Das teilten am Donnerstag das Direktorium der Salzburger Festspiele und die Hauptdarsteller Stefanie Reinsperger und Tobias Moretti mit. Der Tiroler will „mehr als bürgerliche Erotik“.

Stefanie Reinsperger Tobias Moretti Buhlschaft Jedermann Salzburger Festspiele

APA / Barbara Gindl

Reinsperger und Moretti am Donnerstag

„Wir sind sehr guten Mutes. Wir proben jetzt seit drei Wochen und haben schon einiges des Weges hinter uns, einiges noch vor uns“, sagte Schauspielchefin Bettina Hering. Michael Sturminger, der erst im April die Regie für das traditionelle Hofmannsthal-Stück übernommen hatte, ergänzte: „Wir sind ganz gut unterwegs. Die erste Durchlaufprobe ist bereits gelaufen, wir sind gut in der Zeit.“

„Mehr als bürgerliche Erotik nötig“

Natürlich soll in dem Stück auch die Erotik zwischen Jedermann und der Buhlschaft eine Rolle spielen, wobei der neue Jedermann Tobias Moretti von einer „Erotik der Intimität zwischen den beiden“ spricht. Die Figur der Buhlschaft verdiene mehr als die traditionelle und bürgerliche Vorstellung von Sinnlichkeit und Erotik.

Heftige Debatte über Erneuerung

Die überraschende Neuinszenierung war notwendig geworden, weil sich die Festspiele mit dem bisherigen Regieteam Brian Mertes und Julian Crouch nicht auf eine Überarbeitung einigen konnten. Für heuer waren sechs neue Schauspieler - darunter für die zwei zentralen Rollen - engagiert und durch weitere Umschichtungen insgesamt neun Rollen neu besetzt worden. „Es waren alle bemüht, die Inszenierung (Mertes/Crouch, Anm.) mitzutragen und trotzdem eine neue Interpretation zu ermöglich. Das war natürlich auch meine Bedingung, um diese Rolle anzunehmen“, sagt Moretti.

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„Wir haben den Schnitt gemacht“

Letztlich seien die beiden bisherigen Regisseure aber der Ansicht gewesen, dass die gesamte Statik ins Wanken gerate, wenn nur ein Teil des Ganzen entfernt werde. Man habe also den Schnitt gemacht und etwas von null auf neu aufgebaut. „Es ist eine Situation geworden, die uns jetzt sehr glücklich macht“, so der Tiroler.

Sturminger räumte ein, „unfassbar wenig Zeit“ für die Neuinszenierung gehabt zu haben. Möglich gewesen sei das nur durch eine „Kombination aus unglaublicher Unterstützung und Freiheit“. Die Festspiele hätten ihm riesiges Vertrauen entgegengebracht und die Freiheit gelassen, das zu machen, was er für richtig halte. „Wir können in der Situation auch nicht jahrelang diskutieren.“ Herausgekommen ist seiner Beschreibung nach ein zeitgemäßer und kein historisierender „Jedermann“ , der ästhetisch sehr anspruchsvoll sei.

Reinsperger sagte, ihr sei die Historie ihrer Rolle als Buhlschaft sehr wohl bewusst. Zurzeit sei sie insgesamt noch mehr mit dem Staunen beschäftigt. Der Abschied von verschiedenen Rollen und der gleichzeitige Neubeginn gebe ihr viel Kraft und Energie: „Ich habe immer Lust an Neuem, das da jetzt in so geballter Form daherkommt.“

Sound der Priesterweihe umrahmte PR-Termin

Umrahmt war der Pressetermin am Donnerstag über den Dächern Salzburgs nicht nur von einen Wechsel aus Sonnenschein und Regen, sondern auch von wiederholtem Glockengeläut vom Dom, vor dessen Fassaden in drei Wochen die Premiere stattfinden wird: Nicht aber wegen des heutigen Auftritts der „Jedermann“-Stars, sondern wegen einer zur selben Zeit stattfindenden Priesterweihe.

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Neue Inszenierung hebt sich ab

ORF-Redakteurin Sarah Gruber war bei der Präsentation der Pläne für den neuen „Jedermann“ in der Altstadt.

Geständnisse zum Domplatz legten heute Hering und Moretti ab: Während die Schauspielchefin von zuletzt sehr gehäuften Besuchen auf dem Geviert vor dem wuchtigen Barockgebäude berichtete, räumte Moretti ein, diesen Platz heuer überhaupt noch nie aufgesucht zu haben: „Ich habe mir das noch aufgehoben für einen besonderen Moment. Ich möchte allein sein mit dem Domplatz.“