380 kV-Streit: Projektgegner optimistisch

Gegner der geplanten 380 kV-„Stromautobahn“ von Kaprun bis Oberösterreich sind überzeugt, dass der positive Bescheid des Landes zum Bau aufgehoben wird. Ab 17. Juli läuft beim Bundesverwaltungsgericht das Berufungsverfahren.

Der positive Bescheid der Salzburger Landesregierung sei aus gleich mehreren Gründen falsch und „klar rechtswidrig“, heißt es bei den Projektgegnern. Sie haben Donnerstag bei einem Pressegespräch einmal mehr betont, dass eine großflächige und nicht mehr umkehrbare Verschandelung der Salzburger Landschaft zu befürchten sei. Die Gegner werden von der Bürgerinitiative IG Erdkabel und dem Umweltanwalt Wolfgang List vertreten und kritisieren zudem, dass die Gesundheitsgefährdung durch die Hochspannungsleitung im Salzburger Bescheid falsch eingeschätzt worden sei. Das Bundesverwaltungsgericht in Wien werde diese Argumente bei der kommenden Berufungsverhandlung berücksichtigen, zeigen sich die Gegner überzeugt.

„Erhöhtes Risiko für Leukämie“

„Die Salzburger Landessanitätsdirektion selbst empfiehlt die Anwendung des aktuellen Standes der Medizinischen Wissenschaft und verweist auf Leitlinien der Europäischen Akademie für Umweltmedizin“, sagt List. Demnach führe eine Belastung durch elektromagnetische Felder oberhalb von 0,3 oder 0,4 Mikrotesla zu einem Anstieg des Leukämierisikos: „Im Bescheid der Landesregierung wurde das aber nicht berücksichtigt.“

„Viele Fragezeichen zu Mindestabständen“

Überhaupt seien die Mindestabstände der Leitung zu Wohnsiedlungen im Bescheid unterschiedlich angegeben worden. „Beim Kurzentrum Bad Vigaun ist von einem Mindestabstand von 170 Metern die Rede, beim Normalbürger, der permanent in der Nähe der Leitung wohnt, von 70 Metern“, sagt List. Daneben sei nicht nachvollziehbar, warum die 380-kV-Leitung genehmigt wurde, wenn im Bescheid eindeutig von massiven Auswirkungen auf die Natur und das Landschaftsbild die Rede sei: „Man muss die Natur nicht zerstören, um die Stromversorgung sicherzustellen. Es gibt technische Alternativen, alleine darum ist das Projekt nicht genehmigungsfähig.“

Weiter Forderung nach Erdkabel

Die Leitungsgegner wünschen sich, dass das Kabel unter der Erde verschwindet. Sie bekamen am Donnerstag Unterstützung vom deutschen Kabelexperten Ingo Rennert, Aufsichtsratsvorsitzender der Infranetz AG in Niedersachsen: „Ein Erdkabel ist mittlerweile Stand der Technik.“ Rennert empfahl, die geplante 380-kV-Leitung entlang der bestehenden Gaspipeline zu errichten. „Da sind auch die Bodenverhältnisse bekannt“. Eine Verkabelung sei zwar auf den ersten Blick teurer als eine Freileitung, sie habe aber zahlreiche Vorteile bei der Errichtung und Wartung. Eine Verlegung unter die Erde hat die Verbund-Tochter Austrian Power Grid (APG) bisher stets abgelehnt.

Geologe mit massiver Kritik

Der emeritierte Geologieprofessor Georg Spaun kritisierte bei der Pressekonferenz auch, dass bei den geplanten Standorten für die Leitungsmasten die Untergrundverhältnisse nicht gründlich untersucht worden sind. Außerdem seien Schlägerungen und Rodungen in Schutzwaldgebieten im Bescheid nicht berücksichtigt worden.

Die Salzburg-Leitung ist der Lückenschluss im 380-kV-Ring in Österreich. Die geplante Freileitung verläuft zwischen Elixhausen (Flachgau) und Kaprun (Pinzgau) und ist 113 Kilometer lang. Im Gegenzug zur Errichtung der neuen Leitung werden rund 193 Kilometer an bestehenden 110- und 220-kV-Leitungen abgebaut - was Leitungsgegner allerdings immer wieder bezweifeln. Nach mehr als drei Jahren Laufzeit war die Umweltverträglichkeitsprüfung für das Projekt im Dezember 2015 mit einem positiven Bescheid des Landes zu Ende gegangen. In erster Instanz waren lediglich die Auswirkungen der Leitung auf den Natur- und Landschaftsschutz negativ bewertet worden.

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