Immer weniger Kinder können schwimmen

In Salzburg lernen immer mehr Kinder erst relativ spät oder gar nicht mehr schwimmen. Laut Wasserrettung üben immer weniger Eltern mit ihrem Nachwuchs. Es gibt aber auch einen Mangel an Hallenbädern, wo ganzjährig Schwimmkurse stattfinden könnten.

Rund die Hälfte der Kinder in der dritten Klasse Volksschule kann nicht schwimmen - das hat heuer eine Erhebung des Wiener Stadtschulrates ergeben - mehr dazu in Jeder zweite Drittklässler kann nicht schwimmen (wien.ORF.at; 16.6.2017). In Salzburg sei es nicht ganz so schlimm, sagen Schwimmtrainer. Doch auch hier gehe der Trend in dieselbe Richtung - auch wenn es keine exakten Zahlen gibt.

Mutter übt mit Kind schwimmen im Freibad

ORF

Immer weniger Eltern üben schon im Kindergartenalter mit ihrem Nachwuchs schwimmen - für die Wasserretter einer der Gründe für die Situation

„Man geht nicht mehr schwimmen, sondern baden“

Immer weniger Eltern üben mit ihren Töchtern und Söhnen schon im Kindergartenalter das Schwimmen - und deshalb wird der Anteil der Nichtschwimmer gerade in den ersten Volksschuljahren immer größer, beobachtet Wasserrettungs-Schwimmkursreferent Markus Zainitzer.

Er sieht einen Grund darin, „dass das Schwimmen heutzutage nicht mehr diesen Stellenwert hat. Wenn man heutzutage ins Bad geht, geht man nicht mehr schwimmen, sondern baden. Es werden irgendwelche Spaßbäder bevorzugt, wo man in einem Bereich, wo man stehen kann, rutscht oder spielt. Man schwimmt dann eigentlich nicht mehr mit den Kindern in den Becken, wo es tief ist, wo sie schwimmen müssen.“

Hallenbad-Mangel für ganzjährige Schwimmkurse

Ein weiteres Problem ist der Mangel an Hallenbädern für Schwimmkurse - vor allem in der Stadt Salzburg und im Flachgau, sagt Robert Tschaut, Fachinspektor für Sport im Salzburger Landesschulrat: „Speziell im Flachgau haben wir nach dem Zusperren des Hallenbads St. Gilgen jetzt überhaupt kein Hallenbad mehr zur Verfügung. Da wäre es natürlich dringlich notwendig, dass im Flachgau, aber auch im Stadtgebiet mehr Wasserflächen für unsere Schulen vorhanden wären.“ In der Stadt Salzburg wird zurzeit ja das Paracelsusbad völlig neu gebaut. Auch im benachbarten Freilassing (Bayern) ist das Hallenbad wegen eines Neubaus derzeit zu.

Die Situation mache den Schul-Schwimmunterricht derzeit kompliziert, weiß Tschaut: „Im Regelunterricht schwimmen zu gehen, ist immer ein schwieriges Thema, weil mit der Anreise und Rückreise doch viel Zeit draufgeht - unsere Schulen sind teilweise bis nach Vöcklabruck (OÖ), Bad Reichenhall oder Berchtesgaden (Bayern) gefahren.“

Große Unterschiede beim Anteil der Schwimmer

Bei den Schwimmkenntnissen der Kinder gibt es aber auch erhebliche Unterschiede zwischen den Schulen, beobachten Pädagogen: In wohlhabenderen Gegenden würde der überwiegende Großteil schon im Kindergarten schwimmen lernen, in sozial schwächeren Teilen der Stadt Salzburg nicht. Während in Volksschulen im Süden der Stadt Salzburg oder auch in Gnigl 80 bis 90 Prozent der Kinder schon im Kindergarten zumindest Schwimm-Grundkenntnisse erworben hätten, sehe es in Lehen oder dem Salzburger Bahnhofsviertel ganz anders aus, beobachten Christian Mazaner, der seit 17 Jahren Schwimmkurse in den städtischen Volksschulen in Salzburg hält.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

Immer weniger Kinder können schwimmen

Immer weniger Kinder lernen schon von ihren Eltern schwimmen - und können es damit auch bis weit in die Volksschule hinein nicht.

„Im eher ländlichen Bereich ist die Prozentzahl der Kinder, die schon schwimmen können, immer ein bisschen höher als ganz verdichtet in der Innenstadt“, sagt Mazaner. „Ich denke da gerade an die Bahnhofsumgebung, wo die Kinder am Wochenende unter untertags nicht so viel hinauskönnen - die tun sich immer ein bisschen schwerer beim Schwimmen.“ Hier könnten oft auch die Eltern nicht schwimmen - und würden ihren Kindern Angst vor dem Wasser machen: „Ich wurde von manchen Lehrerinnen auch schon zum Elternabend eingeladen, um dort ein bisschen über das Schwimmen zu erzählen. Dann ist natürlich gleich der Aha-Effekt größer. Dann kennen sich die Eltern besser aus und trauen sich und den Kindern mehr zu. Das ist auch eine Bildungs- und Informationsfrage.“

Schnelles Lernen in Volksschulgruppen

Dabei lernten Kinder gerade in Volksschulgruppen oft sehr schnell schwimmen, beobachtet Schwimmtrainer Christian Mazaner. Am Ende der Volksschule könnten sich dann neun von zehn Kindern sicher über Wasser halten, sagt er.

Vorschriften für Schulschwimmen an Realität vorbei

Auf einen rechtlichen Missstand im Zusammenhang mit dem Schwimmunterreicht weist dagegen die Personalvertretung der Pflichtschullehrer hin. Im Kern geht es darum, dass Schulunterricht gratis sein muss, aber für Schulschwimmkurse derzeit Unkostenbeiträge fällig werden. Vom Eintritt ins Bad über die Busfahrt bis zum Honorar für einen möglichen zusätzlichen Schwimmtrainer - für den Schwimmausflug einer Klasse in der Stadt Salzburg kämen gleich einmal insgesamt 120 Euro für alle Kinder zusammen, sagt Pflichtschullehrer-Personalvertreter Anton Polivka.

Diese Kosten werden üblicherweise von den Eltern bezahlt. Doch nach dem Buchstaben des Gesetzes dürfte das eigentlich nicht sein, sagt Polivka: „Das Problem ist das, dass Unterricht in Österreich nichts kosten darf. Wir haben eine Schulgeldfreiheit. Jetzt steht aber der Schwimmunterricht im Lehrplan (der Volksschule - Anm.). Das heißt, er ist Teil des Unterrichts. Ich kann daher dafür keine Kosten einheben.“

Gesetzesänderung oder Gratis-Schwimmunterricht?

Da diese gesetzliche Bestimmung beim Schwimmunterricht schon seit Jahren in vielen Schulen nicht eingehalten wird, fordert Polivka eine Änderung. Das Bildungsministerium müsse hier einen Kostenbeitrag für den Schwimmunterricht rechtlich möglich machen.

Sollte das nicht passieren, gebe es nur einen weiteren rechtlich korrekten Ausweg, so der Lehrervertreter: „Man müsste eigentlich die Gemeinden als Schulerhalter auffordern, dass die das alles auch bezahlen, weil es Teil des Unterrichts ist.“ Und Schwimmtrainer Christian Mazaner kann dem sehr viel abgewinnen - er habe der Stadt Salzburg schon öfter vorgeschlagen, dass die Schüler der städtischen Volksschulen - so wie früher - beim Schwimmunterricht für die städtischen Bädern keinen Eintritt zahlen sollen. Bisher habe sich da aber nichts bewegt.

Link: