Parteien: Suche nach Kandidaten schwierig

Wie wird man Politiker? Was oder wen müssen Männer und Frauen da beachten oder überwinden? Warum haben Partei Nachwuchsprobleme bei gutem Personal? An der Universität Salzburg läuft zu diesen Fragen eine internationale Studie.

Nationalrat

ORF.at/ Roland Winkler

Nationalrat in Wien, Plenarsaal

Am 15. Oktober wird der Nationalrat gewählt, das Gerangel in den Parteien um die besten Listenplätze hat längst begonnen. Erfahrener Funktionär gegen Quereinsteiger, rasche Aufmerksamkeit gegen stille Kompetenz, Jung gegen Alt, Mann gegen Frau - das Match ist oft hart und oft auch nicht gerecht.

„Wenn Zentrale entscheidet, dann weniger Frauen“

Die deutsche Studentin Sarah Dingler erforscht für die Uni Salzburg das Rekrutieren von politischem Personal in 16 europäischen Ländern, Schwerpunkt Frauen: „Meine Daten zeigen, dass die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass Frauen für die Kandidatenliste zum Zug kommen, wenn nur die Parteizentrale entscheidet.“

ÖVP will „Reißverschluss-Prinzip“

Derzeit ist rund ein Drittel der Abgeordneten in Österreich weiblich. Nur die Grünen erfüllen eine 50 Prozent Frauen-Quote. Der Salzburger ÖVP-Geschäftsführer Wolfgang Mayer sagt dazu, es sei zu Recht ein Defizit vieler Parteien, auch eines der ÖVP: „Wir werden nun zu 100 Prozent das Reißverschlussprinzip einhalten. Auf jeden Mann wird auf der Liste eine Frau folgen. Auf jeder Liste.“

Zu wenig Frauen in Vorfeldorganisationen?

Auf Frauenkraft setzen auch die Freiheitlichen, wie man an ihren Plakaten mit der Salzburger Parteichefin sieht. Beim Thema Frauen in der Politik müsste man früh ansetzen, fordert der Salzburger Politikwissenschafter Reinhard Heinisch: „Das Problem ist eher, dass die Vorfeldorganisationen zu wenig Frauen haben. Dadurch rücken zu wenige Frauen von dort nach. Da müsste man mehr Wert drauf legen.“

NEOS wollen Quereinsteiger

Die Salzburger NEOS-Stadträtin Barbara Unterkofler ist eine klassische Quereinsteigerin. Die Juristin kam aus der Wirtschaft. Offene Rekrutierungsprozesse gebe es bei den NEOS immer wieder, so Unterkofler: „Da kann jeder, der mit uns Politik gestalten möchte, sich melden. Alle können teilnehmen. Bei uns leben die Quereinsteiger hoch.“

SPÖ rekrutiert klassisch

Eher klassisch legt die SPÖ ihre Suche nach Kandidaten an. Zwar entwickle sich jede Karriere individuell, sagt der rote Salzburger Landesparteichef Walter Steidl: „Natürlich gibt es gute Fundamente in der Sozialdemokratie, wo wir Personal rekrutieren. Da nenne ich die Arbeiterkammer, die Gewerkschaft und die Gemeinden. Auch von dort bekommen wir gute Nachwuchsleute.“

In der ÖVP werden die Kandidaten für die bevorstehende Nationalratswahl zwar basisdemokratisch auf Bezirksebene nominiert. Allerdings hat der neue Parteichef Sebastian Kurz nun ein Durchgriffsrecht bis ganz unten.

Wer tut sich Politik heute noch an?

Grundsätzlich ist die Suche nach geeigneten Kandidaten für politische Ämter und Karrieren schon einfacher gewesen. Arbeitszeiten und Bezüge sind im Vergleich zur Wirtschaft nicht mehr das, was sie einmal waren. Die Bereitschaft in die Politik zu gehen, die sinke, sagt Wissenschafter Heinisch: „Das ist das Hauptproblem – immer größere Anforderungen und kleinere Pools. Dadurch sind Kandidaten mit einigermaßen Talent heute schon die Überflieger.“

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Kandidatenkür der Parteien?

ORF-Redakteur Karl Kern hat sich mit Fachleuten und Politikern über die schwierige Rekrutierung von politischem Nachwuchs unterhalten.