Cannabisaktivist neuerlich verurteilt

Am Donnerstag ist der Obmann des „Cannabis Social Club“ aus Henndorf (Flachgau) neuerlich verurteilt worden. Die Strafe für Anbau und Weitergabe von Cannabis fiel aber mild aus - mit teilbedingter Haft.

Der aus Krankheits-Gründen pensionierte 58-jährige Lastwagenfahrer aus Henndorf war heuer schon zu vier Wochen Haft auf Bewährung verurteilt worden, weil er 40 Hanfpflanzen in seiner Wohnung gezüchtet hatte. Bei der Berufungsverhandlung Ende Februar hatte er angekündigt, weiterhin Cannabis anzubauen - nur das helfe ihm, die Schmerzen seiner chronischen Krankheit zu lindern. Daraufhin wurde er festgenommen und saß seitdem in Untersuchungshaft. So musste sich am Donnerstag der 58-Jährige zum zweiten Mal innerhalb von fünf Monaten wegen der Vorwürfe des Drogenanbaus und -handels sowie wegen Kurpfuscherei verantworten. Der Flachgauer zeigte sich im Prozess teilweise geständig, meinte aber auch: „Ich sitze zwischen zwei Stühlen, zwischen Ärzteschaft und Justiz.“

58-Jährige am Donnerstag freigelassen

Das Urteil des Richters fiel vergleichsweise milde aus: Der Henndorfer bekam neun Monate teilbedingte Haft, davon drei Monate unbedingt. Diese drei Monate hatte der 58-Jährige aber schon in der U-Haft abgesessen, weshalb er das Landesgericht als freier Mann verlassen konnte.

Auch die anderen mitangeklagten Mitglieder des „Cannabis Social Club“ kamen mit vergleichsweise milden Strafen davon: fünf bzw. drei Monate Haft auf Bewährung sowie eine Diversion. Zwei Verfahren wurden am Donnerstag nicht abgeschlossen. Die Urteile sind schon rechtskräftig, betonte Franz Essl, der Verteidiger des 58-Jährigen.

Cannabisaktivist bei Prozess im Salzburger Landesgericht

ORF

Nach dem letzten Prozess wurde der 58-Jährige verhaftet, weil er angekündigt hatte, weiter Cannabis anzubauen

Mittel gegen chronische starke Schmerzen

Der ehemalige Lkw-Fahrer hatte bei einem Arbeitsunfall im Jahr 2004 einen schweren Knorpel- und Bänderschaden am Fuß erlitten, der zu spät erkannt wurde. Nach drei Operationen und langen Krankenhausaufenthalten leidet er an chronischen Schmerzen. Er bekam Morphium verschrieben, welches er laut eigenen Angaben nicht vertrug. Also begann er im Jahr 2010 mit Cannabis zu experimentieren: „Mir war klar, dass das verboten ist. Aber es hat mir wegen der muskelentspannenden Wirkung einfach geholfen“, sagte der Mann am Donnerstag bei dem Verfahren.

Auf das Ersatzmedikament spreche er nur bedingt an. Er brauche regelmäßig Abwechslung bei der Medikation, darum habe er auch verschiedene Sorten von Cannabis gezüchtet. Ärzte hätten ihm die positive Wirkung von Cannabis-Produkten auf seine Lebensqualität bescheinigt und ihn sogar zum Anbau aufgefordert. Weil er daraus kein Geheimnis machte, wurde irgendwann die Polizei aktiv.

Polizei beschlagnahmte Cannabisprodukte

Nachdem er fünf Jahre lang Cannabis gegen seine Schmerzen angebaut, konsumiert und in einigen wenigen Fällen auch an Leidensgenossen weitergegeben hatte, stand der 58-Jährige deswegen schon am 1. Februar vor Gericht. Er erhielt eine bedingte Gefängnisstrafe, die in der Berufungsverhandlung in eine Geldstrafe in der Höhe von 480 Euro umgewandelt wurde. Weil er nach der Verhandlung aber weiter Cannabis anbaute, klickten am 27. Februar für ihn die Handschellen. Bei einer Hausdurchsuchung waren Dutzende ausgewachsene Cannabispflanzen, getrocknetes Cannabiskraut und Cannabisöl sichergestellt worden.

Der Flachgauer saß seitdem in Untersuchungshaft. Neben der Erzeugung und dem Besitz von Cannabis soll der Angeklagte auch Drogen weitergegeben haben. Der 58-Jährige soll das abgeerntete Cannabiskraut zu Cannabisöl, aber auch zu Butter, Pralinen, Tropfen und Salben verarbeitet haben. Laut Staatsanwaltschaft soll er die Cannabisprodukte dann „gewinnbringend“ an 47 Personen weiterverkauft haben.

„Zum Selbstkostenpreis weitergegeben“

„Er wollte sich nicht bereichern, sondern nahm sich um das Schicksal anderer schmerzgeplagter Patienten an. Er hat einen Verein ins Leben gerufen und Cannabisprodukte zum Selbstkostenpreis weitergegeben“, argumentierte sein Verteidiger Franz Essl. Sein Mandant habe über alle Vereinsaktivitäten genau Buch geführt. „In den Jahren 2014 bis 2016 hat er exakt 715,50 Euro Gewinn erzielt.“

Richter Günther Nocker folgte in diesem Punkt der Argumentation der Verteidigung: Der Richter sah es als erwiesen an, dass der 58-Jährige die Cannabismittel für die Therapie verwendet und weitergegeben hatte und verhängte deshalb die milden Strafen.

„Wie wird es nach dem Prozess weitergehen?“, fragte der Richter bei der Verhandlung der Angeklagten. „Ich muss mir Alternativen suchen“, meinte der 58-Jährige. Er habe nur gemacht, was ihm die Ärzte empfohlen hätten. „An solche Tipps werden Sie sich in Zukunft nicht halten. So mühsam es ist, Sie werden wohl was anderes ausprobieren müssen“, sagte Nocker. „Die Legalisierung von Cannabis mag für manche wünschenswert sein, aber es ist hierzulande nun einmal verboten.“ Auch der 58-Jährige versicherte bei dem Prozess, sich jetzt an die Gesetz zu halten.

Henndorfer will Ausnahme für medizinisches Cannabis

Der Henndorfer wollte mit seinem „Cannabis Social Club“ eine ähnliche Regelung wie in Deutschland erreichen: Dort ist der staatlich kontrollierte Cannabisanbau seit heuer unter strengen Auflagen erlaubt und die Cannabisnutzung bei bestimmten Krankheiten legal.

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