Swap-Prozess: Rathgeber räumt Untreue ein

Im Prozess zur Übertragung von Finanzswaps von der Stadt auf das Land Salzburg hat am Dienstag Ex-Budgetreferatsleiterin Monika Rathgeber überraschend ein Geständnis zum Untreuevorwurf abgelegt. Sie habe aber eine politische Weisung befolgt, sagte sie.

Rathgeber sei im Sinne der Anklage geständig, sagte ihr Rechtsanwalt. Die Übertragung der Swaps 2007, die mit rund fünf Millionen Euro im Minus waren, sei auf Weisung ihres Abteilungsleiters Eduard Paulus erfolgt - und diese Weisung sei auf politischem Wege erfolgt. Rathgeber habe in untergeordneter Rolle an der Übertragung mitgewirkt, sie habe als politisches Werkzeug der Vereinbarung agiert.

Bürgermeister Heinz Schaden und Monika Rathgeber

Herbert Rohrer/wildbild.at

Monika Rathgeber bestätigte den Untreuevorwurf am Dienstag

Rathgeber ist eine der Hauptangeklagten in dem Verfahren. Sie habe gewusst, dass für den negativen Barwert der Derivate keine unmittelbare Gegenleistung geflossen sei, so ihr Verteidiger. Die von der Stadt Salzburg ins Treffen geführten Klagen von Banken hätten offenbar dazu gedient, das Land unter Druck zu setzen. Rathgeber werde die volle Verantwortung für ihre Tat übernehmen, betonte der Verteidiger. Sie werde sich nicht an gegenseitigen Beschuldigungen und Leugnen beteiligen. Die Ex-Referatsleiterin wurde in Prozessen zum Salzburger Finanzskandal bereits zweimal verurteilt, einmal davon nicht rechtskräftig.

Schaden zu Prozessauftakt sehr emotional

Der Prozessauftakt Dienstagvormittag war ungewöhnlich emotional: Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), einziger aktiver Politiker unter den sechs Beschuldigten, war sichtlich betroffen: Beim Betreten des Landesgerichtsgebäudes gab es für ihn Schulterklopfen, einen Handschlag von einem Freund und einen Kuss von seiner Ehefrau. Schon vergangene Woche hatte Schaden gesagt, dass er froh sei, dass der Prozess endlich beginne - mehr dazu in Finanzskandal-Prozess: Schaden optimistisch (salzburg.ORF.at; 2.6.2017).

Zweiter Hauptangeklagter neben Rathgeber ist ihr Ex-Mitarbeiter in der Landesfinanzabteilung. Auf der Anklagebank sitzen zudem der ehemalige Landesfinanzreferent Othmar Raus (SPÖ) und Paulus, inzwischen pensionierter oberster Finanzbeamter des Landes. Komplettiert wird die Anklagebank schließlich mit zwei Spitzenbeamten des Salzburger Magistrats, die 2007 in der mittleren Ebene tätig waren.

Millionenverlust ohne Gegenleistung übergeben?

Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic kritisierte Dienstagvormittag die Vorgangsweise von Stadt und Land Salzburg heftig: Die Stadt habe zwischen 2003 und 2007 mit Derivaten rund eine Million Gewinn erzielt und rund fünf Millionen Euro Verlust gemacht. Anfangs seien die Verluste dem Bürgermeister noch nicht bekannt gewesen, sagte Adamovic. „Die Informationen dürften noch etwas dürftig gewesen sein.“

Im Mai 2007 sei der Bürgermeister aber von der Finanzfachabteilung der Stadt über die Verluste informiert worden. Um ein unangenehmes Nachfragen von Oppositionspolitikern zu vermeiden, sollten die Swaps unauffällig an das Land verschoben werden. Dazu habe es eine Vereinbarung zwischen dem Bürgermeister und dem damaligen Landesfinanzreferenten Raus gegeben. „So hat sich das Land die Verluste der Stadt schenken lassen. Niemand lässt sich Verluste schenken, ohne eine Ausgleichszahlung einzufordern“, so der Oberstaatsanwalt.

Vorgangweise „im Nachhinein vertuscht“

Das Ganze sei deshalb im Nachhinein vertuscht worden, weil die Akteure gewusst hätten, dass ihre Vorgehensweise strafbar sei, sagte Adamovic: „Es wurde eine Sprachregelung vereinbart, um die wahren Motive zu verschleiern.“ Eine „völlig übliche“ Dokumentation sei unterblieben, es habe auch keinen schriftlichen Vertrag zwischen Stadt und Land gegeben, hielt Adamovic den Angeklagten vor. Der Gemeinderat sei wohl bewusst sehr unzureichend informiert und im Glauben gelassen worden, dass die Zinstauschgeschäfte bloß bereinigt worden seien.

Nach einem Gespräch des Bürgermeisters mit Raus und Finanzabteilungsleiter Paulus im August 2007 sei dann „alles geflutscht“ und die Übertragung der Swaps ohne Ausgleichszahlungen administriert worden, so der Oberstaatsanwalt.

Sechs andere Angeklagte beteuerten Unschuld

Die anderen sechs Angeklagten neben Rathgeber beteuerten am Dienstag ihre Unschuld. Eine Vereinbarung zur Übertragung der Swaps zwischen Schaden und Raus habe es nicht gegeben, sagten deren Verteidiger. Überlegungen, dass die Stadt Salzburg aus den Derivatgeschäften aussteigen sollte, habe es 2007 schon vor der Information an den Bürgermeister gegeben. Es sei allgemein bekannt gewesen, dass das Land in der Person von Frau Rathgeber über eine höchst qualifizierte und erfolgreiche Kennerin der Materie verfügt habe, erklärte Schadens Verteidiger Walter Müller.

Rathgeber habe aufgrund der bestehenden Kontakte mit der Finanzabteilung der Stadt offenbar erfahren, dass die Stadt überlege, aus den Derivatgeschäften gänzlich auszusteigen und auch mögliche rechtliche Auseinandersetzungen mit den Banken im Gespräch waren. Sie habe nach eigener Aussage ihren Finanzabteilungsleiter Paulus auf mögliche negative Konsequenzen daraus für das Land hingewiesen. Schaden sei dann darüber informiert worden, dass das Land Interesse an der Derivats-Übernahme habe und die Geschäfte gut in das Portfolio des Landes passen würden.

Swap-Prozess gestartet

Im Prozess zur Übertragung von Swaps von der Stadt auf das Land Salzburg hat Monika Rathgeber ein Geständnis zum Untreuevorwurf abgelegt.

Anwälte: „Es gabe keine Raus-Schaden-Vereinbarung“

Am Rand einer Kulturveranstaltung im August 2007 hätten Schaden und Raus dann kurz über die Sache gesprochen - und vereinbart, dass sich die zuständigen Sachbearbeiter von Stadt und Land Salzburg zusammensetzen sollten, so Schadens Anwalt. Als der Bürgermeister dann informiert worden sei, dass das Land die Derivate übernehmen wolle, ohne dass der Stadt Mehrkosten entstehen, habe Schaden im September 2007 die Übernahmevereinbarung unterschrieben.

Auch der Verteidiger von Othmar Raus betonte, dass es keine „Raus-Schaden-Vereinbarung“ gegeben habe. Einzig Rathgeber haben „den Blick auf das Ganze“ gehabt. Raus habe ja im Juli 2007 den Landes-Finanzbeirat geschaffen, um mehr Kontrolle zu bekommen: „Da mache ich doch nicht ein paar Wochen später etwas, was dem völlig entgegenspricht“, so der Anwalt.

„300.000 Euro Gewinn“ mit vier der sechs Papiere

Die Verteidiger der anderen Angeklagten meldeten erhebliche Zweifel an der Objektivität der Anklagebehörde, aber auch an der angeblichen Schadenshöhe von fünf Millionen Euro an. Da es sich bei den Derivaten um bewegliche Papiere mit langen Laufzeiten gehandelt habe, hätte auch ein Plus herauskommen können, erklärte Josef Gallauner, Verteidiger des damaligen Sachbearbeiters in der städtischen Finanzabteilung.

Nachdem zwei der sechs Derivate aufgelöst worden waren, habe Rathgeber mit dem restlichen Portfolio noch einen Gewinn von etwas mehr als 300.000 Euro erwirtschaftet. „Am Ende des Tages ist nicht das herausgekommen, was der Staatsanwalt uns als Schaden vorgelegt hat.“

Stefan Eder, Verteidiger des jetzigen Magistratsdirektors, ließ kein gutes Haar an den Ermittlungen des Staatsanwaltes: „Dass mit Objektivität ermittelt wurde, ist eine Chimäre.“ Er vermisse entlastende Unterlagen im Akt. Seinen Mandanten treffe keine Schuld, er sei nicht beauftragt gewesen, die Arbeit in der Fachabteilung zu überprüfen.

Ermittler entdeckten pikante E-Mails

Im Jahr 2012 war der große Salzburger Finanzskandal aufgeflogen - und auch die Spekulationsgeschäfte der Stadt gerieten dadurch in den Fokus der Öffentlichkeit. Beamte und Politik räumten damals ein, es habe ähnliche Geschäfte gegeben. Doch sie seien aufgelöst, und zwar ohne Verluste.

Ermittler kamen im Auftrag der Staatsanwaltschaft zu mehreren Hausdurchsuchungen ins Schloss Mirabell und fanden dabei auch einiges - etwa pikante E-Mails, die den Eindruck entstehen lassen, dass Beamte und Politik mit ausgeklügelten Formulierungen die ganze Causa geheim halten wollten. Der Anwalt des Bürgermeisters, Walter Müller, betonte, dass die E-Mails zwischen Stadt- und Landespolitik, die der Staatsanwaltschaft als Beweismittel dienen, aus dem Zusammenhang gerissen seien. Sie würden nichts beweisen, so der Verteidiger.

Der Prozess startete nun zehn Jahre nach der mutmaßlichen Tat und vier Jahre nach Beginn der Ermittlungen. Er ist bis zum 28. Juli anberaumt.

Links: