Tourismus: Kritik an zu viel „Stempelngehen“

Viele Mitarbeiter im Tourismus beziehen nach wie vor mehrere Wochen pro Jahr Arbeitslosengeld, statt zu arbeiten. Gastronomen protestieren dagegen und wollen Verschärfungen. Das AMS wünscht sich längere Beschäftigung.

Die Tourismussaison bedeutet für Arbeitnehmer eine hohe Arbeitsbelastung und zum Teil sehr niedrige Gehälter - das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, dass Betriebe dringend Personal brauchen und viele Mitarbeiter trotzdem jährlich im Schnitt zwei Monate lang Arbeitslosengeld beziehen. Hoteliers berichten von Fällen, in denen Angestellte im Sommer drei Monate durchgehend arbeiten und sich dann im September arbeitslos melden, obwohl sie im Betrieb fehlen.

Arbeitslosigkeit „zu hoch bezahlt“

„Ich glaube einfach, dass diese Stempelmöglichkeit zu hoch bezahlt wird“, sagt der Hotelier Peter Schandlbauer aus Zell am See (Pinzgau). „Es ist bei uns so, dass die Leute ordentlich verdienen - und eigentlich versuchen, ins Stempeln zu flüchten, wenn die Saison vorbei ist. Es werden keine Anreize geschaffen, dass sie weiterarbeiten. Es muss endlich einmal wieder das Arbeiten attraktiver sein als das Stempelngehen.“

Viele Hoteliers wollen für ihr Personal einen Durchrechnungszeitraum von einem Jahr. Das würde bedeuten, dass die Überstunden in der Hauptsaison gutgeschrieben werden. In der schwächeren Zeit, wo weniger los ist, würden die Mitarbeiter im Betrieb angemeldet bleiben und ihre Überstunden abbauen, sagt Petra Nocker-Schwarzenbacher, Hotelierin aus St. Johann im Pongau und Bundesobfrau der Sparte Tourismus in der Wirtschaftskammer: „Wir unterstützen jede Art von Flexibilität. Ein längerer Durchrechnungszeitraum würde uns natürlich auch eine Palette bieten und viel mehr Vorteile für beide Seiten. Das wäre eine absolute Win-win-Situation.“

Abwäscher in Küche in Gastronomiebetrieb (Hotel, Restaurant)

ORF

Hoteliers wollen erreichen, dass sich Gastronomiemitarbeiter außerhalb der Saison nicht einfach arbeitslos melden

Im Baugewerbe gibt es den Durchrechnungszeitraum von einem Jahr bereits. Außerdem gilt dort die Viertagewoche. Im Vergleich mit der Tourismusbranche melden sich Bauarbeiter deutlich weniger oft saisonbedingt arbeitslos - auch deshalb, weil die Winter milder werden und im Herbst länger gearbeitet werden kann.

Längere Durchrechnung „bedeutet Geldverlust“

Die Forderung, dass Überstunden gutgeschrieben und über ein ganzes Jahr lang abgerechnet werden sollen, sehen Gewerkschaft und Arbeiterkammer (AK) für das Gastgewerbe skeptisch: „Längerer Durchrechnungszeitraum heißt Geldverlust“, sagt Heimo Typplt, Leiter der Rechtsabteilung in der Salzburger AK. „Denn im Durchrechnungszeitraum werden keine Überstundenzuschläge bezahlt. Wenn man diesen verlängert, gibt es einen Geldverlust (für die Angestellten, Anm.). Da muss man halt nachdenken, wie man den ausgleicht - zum Beispiel über höherer Grundlöhne.“

Im Februar arbeiten im Salzburger Tourismus rund 30.000 Menschen. Im April, nach Ende der Wintersaison, sind es nur noch 17.000. Vor allem in den Salzburger Gebirgsregionen ist der Tourismus stark saisonabhängig, weiß Thomas Burgstaller, Leiter des Arbeitsmarktservice in Bischofshofen (Pongau): „Modelle der Saisonverlängerung wären natürlich sehr, sehr interessant - dass in der Branche die Möglichkeit geschaffen wird, die Mitarbeiter länger zu halten und über die Saisonen zu beschäftigen. Das wäre sicher auch sehr vorteilhaft für die Mitarbeiterbindung im Tourismus.“

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Tourismus: Zu viel „Stempeln“?

Tourismusangestellte würden zwischen Sommer- und Wintersaison noch immer monatelang „stempeln“ gehen, kritisieren Hoteliers

Zeit des Stempelns beginnt demnächst

An der Praxis des Stempelns wird sich so schnell nichts ändern, weil viele Mitarbeiter ihre Freizeit genießen und mit 60 Prozent des Einkommens auch zufrieden sind. Ostern fällt heuer auf einen späten Termin Mitte April - das bedeutet weniger Skifahrer in den Osterferien. Viele Betriebe in den Wintersportorten sperren deshalb früher zu. Dort ist die Wintersaison vorbei, für die Mitarbeiter beginnt demnächst die Zeit des Stempelns.

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