Heftige Debatte um Steuerflucht

Die Arbeiterkammer fordert härtere Maßnahmen gegen Steuerflüchtlinge: Schlupflöcher müssten geschlossen werden. Großkonzerne würden teilweise so gut wie keine Steuern in Österreich zahlen. Diese Sicht weisen andere Experten vehement zurück.

500 Euro Gedlscheine

Arne Dedert / dpa

Die Aussage, das Großunternehmen kaum Steuern bezahlen würden, sei sachlich meistens falsch, betonen Wirtschaftsfunktionäre

Auch Großkonzerne würden regulär zahlen - mit nur wenigen Ausnahmen, entgegnen Fachleute der Industriellenvereinigung den Vorwürfen, die immer wieder von Vertretern der Arbeitnehmer geäußert werden.

Heftige Kritik der Arbeiterkammer

Es geht um viel Geld, das dem Finanzamt verloren geht. Im Durchschnitt bis zu 2.000 Euro pro Kopf sollen Unternehmen an Steuern vermeiden - und zwar ganz legal. Bei einer von ihr organisierten Podiumsdiskussion hat die Arbeiterkammer diese Praxis nun scharf kritisiert.

Das Verschieben von Gewinnen in Länder mit niedrigeren Steuersätzen müsse beendet werden, sagt der Gewerkschafter Andreas Huss: „Da müsste die EU viel vehementer auftreten. Es muss auch ein gemeinsames Sozialsystem geschaffen werden. Dazu muss es in der ganzen EU eine Steuergerechtigkeit geben. Das fehlt komplett und wird nicht einmal im Ansatz angegangen.“

AK-Kritik an Zahnlosigkeit der EU

Im Zentrum der AK-Kritik stehen globale Unternehmen - vor allem aber nicht nur aus der Internet-Branche, sagt Peter Eder von der Arbeiterkammer: „Es geht nicht darum, dass wir irgendwelche Konzerne an den Pranger stellen. Es gibt keine Solidarität zwischen den EU-Staaten. Und es gibt einen Steuerwettbewerb, der nach unten geht.“

Man wolle Firmen nicht an den Pranger stellen? Aber genau das macht die Arbeiterkammer mit der Einladung zu ihrer Diskussionsveranstaltung. Internationale Konzerne werden da pauschal mehr oder weniger krummer Geschäfte bezichtigt. Es entsteht der Eindruck, als würden Großunternehmen so gut wie gar keine Steuern bezahlen.

Industrielle weisen Vorwürfe zurück

Christian Helmenstein von der Industriellenvereinigung sagt dazu, das sei ein Irrtum: „Unternehmen entrichten eine Vielzahl von Steuern. Wir können uns zum Beispiel bei der OMV ansehen, wie hoch die Körperschaftssteuern im Vergleich zu den dienstgeberbezogenen Abgaben ausfallen. Da liegen wir im Verhältnis von 1:3. Es wird immer nur über die Körperschaftssteuer gesprochen. Die macht aber nur einen ganz kleinen Teil der Gesamtsteuerbelastung aus.“

„Unternehmen zahlen vielerlei Steuern“

Man nehme zum Beispiel ein Möbelhaus. Es verkauft Waren, beschäftigt Mitarbeiter, kauft selbst Waren ein, nutzt Straßen. Für all das fallen Steuern und Abgaben an. Die umstrittenen Gewinnsteuern machen nur einen Bruchteil davon aus. Helmenstein: „Das heißt, wir sprechen über marginale Anteile. Aber in der öffentlichen Diskussion entsteht der Eindruck, als würden die Staaten mit ihrer Finanzierbarkeit stehen oder fallen mit dieser Frage. Aber das hat mit der Realität überhaupt nichts zu tun.“

Die Diskussion um Steuervermeidung geht dennoch weiter. Die Bekämpfung der Steuerflucht gehöre zu den wichtigsten Vorhaben, sagen EU-Funktionäre.

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Populismus oder seriöse Debatte?

ORF-Redakteur Andras Landrock hat sich in das Thema Steuerflucht eingearbeitet und verschiedene Experten befragt.