Kritik an zu vielen Kaiserschnitten

In Österreich kommt mittlerweile jedes dritte Kind per Kaiserschnitt zur Welt - ohne dass es dafür einen medizinisch nachvollziehbaren Grund gebe: Das kritisiert Thorsten Fischer, Chef der Geburtsklinik im Landeskrankenhaus Salzburg.

Das Land Salzburg liegt mit gut 28 Prozent Kaiserschnittrate etwas unter den bundesweiten Zahlen. In den Landeskliniken ist die Rate noch einmal etwas niedriger. Dennoch verdoppelte sich im Vergleich zum Jahr 2000 auch in Salzburg der Anteil der Kaiserschnitte.

Primar: „Medizinisch nicht zu argumentieren“

Das liege zum einen daran, dass in immer mehr Fällen die Mediziner auf Nummer sicher gingen, um sich vor möglichen Klagen zu schützen. Zum anderen gebe es auch nicht nachvollziehbare Unterschiede zwischen den einzelnen Krankenhäusern in Österreich, sagt Fischer. „Der Unterschied zwischen den Kliniken beträgt etwa 30 Prozent - das heißt: Es gibt Kliniken, die haben 30 Prozent mehr Kaiserschnitte, obwohl die Kinder genauso gesund auf die Welt kommen wie in Kliniken, die 30 Prozent weniger Kaiserschnitte haben.“ Medizinisch seien so große Unterschiede nicht zu argumentieren, so Fischer.

Die Trend hin zu mehr Kaiserschnitten hat für Fischer mehrere Gründe: „Es hängt an der Ausbildung der Ärzte, es hängt an der Einstellung, es hängt an dem Trend, sich juristisch absichern zu wollen. Es hängt auch daran, wie gut Frauen über die Vor- und Nachteile eines Kaiserschnitts aufgeklärt sind.“

Mögliche Folgen für weitere Schwangerschaften

Denn auch wenn ein Kaiserschnitt im Gegensatz zu einer normalen Geburt gut planbar ist, hat er doch einige Nachteile: „Nachfolgende Schwangerschaften werden problematischer - da steigen Komplikationen an. Den Kaiserschnitt, den man jetzt verhindern kann, der erleichtert die nächste Schwangerschaft“, so der Primar.

Bauch einer hochschwangeren Frau

APA/dpa/Felix Heyder

Auch unmittelbar nach einem Kaiserschnitt sei der Alltag für die jungen Mütter schwieriger als nach einer normalen Entbindung, sagt Angelika Sams, Vertreterin der Salzburger Hebammen. „Ein Kaiserschnitt ist eine schwere Bauchoperation. Die Frauen können sich frisch nach der Geburt einfach schwerer bewegen - und Kleinigkeiten wie ein Baby aus dem Kinderwagen holen oder das Handling beim Stillen verlaufen einfach massiv schwieriger.“

Unterschiedliche Erfahrungen bei Müttern

Andere Erfahrungen machte Barbara Panosch aus der Stadt Salzburg. Die vierfache Mutter hatte alle ihre Kinder per Kaiserschnitt bekommen. Sie würde es jederzeit wieder so machen, sagt sie. „Da der erste Kaiserschnitt und alles andere danach so toll war für mich und so gut gepasst hat, war für mich nachher klar: Ich werde ein Kind nie mehr anders gebären. Nachwehen und diese Geschichten, die’s gibt, kenne ich überhaupt nicht.“

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Immer mehr Kaiserschnitte

Die Zahl an Kaiserschnitten steigt auch in Salzburg stark - aus verschiedenen Gründen. Romy Seidl berichtet.

Anders sieht das die Salzburger Verlegerin Caroline Oblasser. Die dreifache Mutter bekam ihre erste Tochter per Kaiserschnitt - und bereut das bis heute: „Ich habe dem Arzt auch vorher gesagt: ‚Ich möchte unbedingt natürlich gebären‘, und es war für mich keine Option, dass ich mich einfach aufschneiden lasse.“

Oblasser schrieb ein Buch mit einem Plädoyer gegen den Kaiserschnitt: „Wenn mich der Arzt einfach aufschneidet, dann ist er formal gesehen auf der sicheren Seite - so verrückt das klingt. Und es kann ihm juristisch gesehen weniger passieren, als wenn er eine natürliche Geburt zulässt. Das ist eigentlich komplett verrückt.“

Gute, offene Information der Mütter wichtig

Deshalb müssten die Mütter auch gut beraten werden, damit sie selber entscheiden können, welche Art der Geburt sie wollen, sagt Hebammenvertreterin Sams. In dieselbe Kerbe schlägt auch Gynäkologie-Primar Fischer: „In Salzburg sehe ich, dass die Frauenärzte sehr gut aufklären und die Frauen ergebnisoffen informieren - mit dem Ziel, am Ende einer Geburt eine gesunde Mutter und ein gesundes Kind zu haben.“ Für Fischer wäre eine Kaiserschnittrate zwischen einem Fünftel und einem Viertel der Geburten österreichweit das Ziel - und nicht ein Drittel, wie es zurzeit der Fall ist.

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