Luftverschmutzung: Flechten verschwinden

Am Nordrand der Alpen verschwinden immer mehr Flechtenarten. Schuld daran ist die Verschmutzung der Luft mit Stickstoffverbindungen. Und daran seien auch die Katalysatoren in Autos schuld, sagt ein Biologe.

Bei Zauchensee (Pongau), nahe dem Alpenhauptkamm, ist die Luft noch in Ordnung: Lange Bartflechten hängen dort auf 1.300 Metern Seehöhe von den Bäumen. Für den Salzburger Botaniker Roman Türk sind die Flechten seit mehr als 40 Jahren der Forschungsschwerpunkt. Sie sind eine Art Doppellebewesen - eine einzigartige Gemeinschaft aus Pilzfäden und Algen. Die Flechten brauchen die Bäume nur als Unterlage. Alle Nährstoffe nehmen sie aus der Luft auf.

Flechten auf Baum (Lärche)

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In Zauchensee wachsen Flechten noch auf den Bäumen

Flechten sind deshalb Zeigerorganismen und reagieren lange vor anderen Tier- und Pflanzenarten auf verschmutzte Luft: „In Zauchensee sind wir in einem Gebiet mit Reinluft, wie man ganz deutlich an den Flechten sehen kann, die hier auf den Bäumen wachsen“, schildert Türk.

Ammoniak aus Viehzucht und Verkehr tödlich

Im Nordstau der Alpen am Gaisberg in der Stadt Salzburg sind die meisten Flechtenarten hingegen längst verschwunden. Türk macht dafür vor allem Stickstoffverbindungen und im Besonderen das Ammoniak verantwortlich. Es entsteht vorwiegend durch intensive Viehzucht. In Städten scheint aber tatsächlich der Straßenverkehr für das Verschwinden der Flechten eine wichtige Rolle zu spielen.

Flechten unter dem Mikroskop

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Die Lebewesen reagieren empfindlich auf Stickstoffverbindungen

Paradoxerweise sind vielleicht sogar die Katalysatoren mit Schuld daran, so Türk: „Eine wesentlich Quelle für pflanzenwirksame Stickstoffverbindungen ist der Drei-Weg-Katalysator. Denn man hat festgestellt, dass gerade aus Autos mit diesen Katalysatoren Ammoniak abgegeben wird. Dieser Ammoniak beeinflusst alle jene Lebewesen, die einen zusätzlichen Stickstoffverbindungs-Eintrag nicht vertragen.“

Stickstoff-Emissionen steigen weiter

Schon in den 1980er-Jahren trat Roman Türk zusammen mit vielen Kollegen geschlossen gegen das Waldsterben auf. Seine Forschungsarbeiten trugen dazu bei, dass der Schwefeldioxidausstoß seither massiv reduziert wurde und das große Waldsterben nicht stattgefunden hat.

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Flechten verschwinden

Wegen der vielen Stickstoffverbindungen in der Luft verschwinden immer mehr Flechtenarten. Das beobachtet der Botaniker Roman Türk.

Die Emission von sogenanntem reaktiven Stickstoff - das sind giftige Stickoxide und Ammoniak - steigt dagegen immer noch an. 150 Millionen Tonnen werden jährlich durch Landwirtschaft, Industrie und Verkehr weltweit freigesetzt. Viele Flechtenarten hat der Biologe während seiner Karriere schon verschwinden sehen und bei der derzeitigen Schadstoffemission werden weitere folgen.