Klima: Gletscherspalte versperrte Weg

Viele reden derzeit vom Eisverlust der Pasterze. Doch was läuft auf dem Großvenediger (3.657 m), dem höchsten Berg Salzburgs? Beim Gipfel gab es trotz Hitze heuer keine so starke Abschmelzung, dafür beim Normalweg eine neue, fast unüberwindliche Gletscherspalte.

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Daniel Breuer

Riesenspalte etwas seitlich vom Wegverlauf mit schmaler und gefährlicher Schneebrücke, die wenig später wegbrach

Auf dem Venediger ganz oben hat der heurige Hitzesommer viel weniger gewütet als beispielsweise auf der Pasterze beim Glockner. Allerdings etwas weiter unten, bei der Venedigerscharte, gab es ein anderes Problem.

Auf dem Normalweg von der Kürsingerhütte bei Neukirchen (Pinzgau) her, da tat sich eine riesige und vorerst unpassierbare Gletscherspalte bzw. so genannte „Randkluft“ auf. Manche Experten sagen, auch das sei eine Folge des Klimawandels. Staatlich geprüfte Bergführer und ehrenamtliche Bergretter aus der Region bemühten sich um eine rasche Lösung, darunter auch der Bergführer und Fotograf Daniel Breuer:

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Acht Meter lange Leiter

So wurde von den Fachleuten eine acht Meter lange Doppelleiter aus Aluminium mit weiteren Metallschienen auf den Berg getragen, verstärkt und versteift, um die Biegung auszugleichen. Ohne diese behelfsmäßige Brücke aus Leitern hätten die Einheimischen und Gäste ihren sommerlichen Zustiegsweg zum Gipfelaufbau von Salzburgs höchstem Berg verloren.

Wie entstehen Riesenspalten?

Auf der Venedigerscharte, auf der auch die „Staatsgrenze“ zwischen Salzburg und (Ost)Tirol verläuft, „entspringen“ in ihrem hochalpinen Nährgebiet mehrere Gletscherströme, die in verschiedene Richtungen in die Täler von Osttirol und Salzburg fließen.

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Gerald Lehner

Gletscherkunde: „Nährgebiet“ mit Schnee ist der Sommerfirn im oberen Bildbereich. „Zehrgebiet“ sind blanke Brüche und Spalten unten

Über Abbrüchen im Felsgelände, über das Gletscher strömen, reißen die Eismassen auf bzw. ab, bilden dann Spalten und Brüche. Im Bereich der Venedigerscharte gibt es schon seit uralten Zeiten riesige Spaltengürtel. Neu war heuer, dass – wohl auch durch den Klimawandel – die so genannte Randkluft auf Salzburger Seite sehr breit wurde. Ohne technische Hilfe wäre sie nicht mehr zu überwinden gewesen.

„Die Eisbewegung auf Gletschern verläuft auch ohne Einrechnung des Klimawandels jedes Jahr anders“, sagt Hans Peter Stotter, Obmann der Bergrettung Neukirchen: „Über diese neue Riesenspalte haben unsere Bergführer dann noch ein Seilgeländer gespannt, damit sich die Bergsteiger festhalten können.“

Gipfelkreuz des Großvenediger liegt am Boden

Bergrettung Prägraten / Osttirol

Rettung des Venedigerkreuzes

Klima: 2012 fiel Gipfelkreuz um

Vor drei Jahren waren auf dem Großvenediger die Abschmelzung der damals noch voll vergletscherten Gipfelkuppe besonders stark. Im ebenfalls heißen Sommer 2012 verschwand das Eis vom höchsten Punkt, und das Gipfelkreuz fiel um, wäre fast abgestürzt. Bergretter aus Salzburg und Osttirol kümmerten sich gemeinsam um die Sicherung des Kreuzes. Sie schufen auch einen neuen Sockel und verankerten das Kreuz fest im Boden. Zuvor war es nur im Gipfelschnee variabel verankert.

„Riesenspalte keine zusätzliche Gefahr“

Als neue Gefahrenstelle sieht der Neukirchener Bergretter Stotter die neue Riesenspalte bei der Venedigerscharte nicht, weil im Hochgebirge ohnehin nur Erfahrene oder Leute in Obhut staatlich geprüfter Bergführer unterwegs sein sollten: „Die Bewältigung solcher Stellen bzw. Leitern gehört da schon dazu.“

Mit Erstaunen bzw. Verwunderung sehen Bergrettungschef Stotter und sein Team immer wieder Leute, die ohne Seilausrüstung auf den Großvenediger gehen: „Sie sind allein, manchmal zu zweit unterwegs, oft von Osttirol her, auch im Nebel. Manche wissen dann nicht, wo und wann die Spaltengürtel kommen. Es gilt im Hochgebirge das Gebot der Eigenverantwortung. Wir können immer wieder nur dringend darauf hinweisen, dass niemand ohne Seilsicherung auf einem Gletscher unterwegs sein sollte.“

Skitouren: „Nie ohne Seil auf Gletscher“

Gerade unterhalb des Gipfelaufbaues und im Bereich der Venedigerscharte seien schon mehrere Menschen bei Spaltenstürzen getötet worden, so ein Oberpinzgauer Berg- und Skiführer. Und die Bergrettung empfiehlt auch im Winter für Skitouren dringend: Wer sich auf Gletschern bewegt, sollte immer angeseilt unterwegs sein. Besonders in Zeiten wie heuer, wo es auch in großen Höhen bisher nur wenig Schnee und damit auch kaum belastbare Schneebrücken über Spalten gibt.

Gerald Lehner, ORF Radio Salzburg

Interview mit Bergrettungschef Hans Peter Stotter:

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