Messerstecher angeklagt: Mordversuch?

Am Donnerstag hat beim Landesgericht der Prozess gegen einen Tunesier begonnen, der im vergangenen Frühling einen jüngeren Algerier mit einem Klappmesser schwer verletzt haben soll. Die Anklage lautet auf Mordversuch.

Die Messerstecherei fand am helllichten Tag des 21. März 2015 im Salzburger Bahnhofsviertel statt. Deshalb musste sich Donnerstag ein 35-jähriger Mann aus Tunesien wegen versuchten Mordes vor einem Geschworenengericht (Vorsitz Richterin Ilona Schalwich-Mozes) verantworten. Der Angeklagte soll damals einen 25-jährigen Algerier mit einem Klappmesser mit neun Zentimeter langer Klinge schwer verletzt haben.

Attackierter auf einem Auge blind

Sein Kontrahent erlitt bei der Auseinandersetzung sechs Stich-und Schnittverletzungen im Gesicht, am Nacken und am Oberkörper und zog sich Abwehrverletzungen an den Händen zu. Er dürfte seit dem Vorfall auf einem Auge nichts mehr sehen. Zugleich wird dem Angeklagten Widerstand gegen die Staatsgewalt vorgeworfen. Er soll sich mit Kopfstößen, Fußtritten und Bissen gegen seine Festnahme gewehrt und dabei drei Polizisten verletzt haben. Außerdem bedrohte er einen am Streit beteiligten Marokkaner mit dem Messer.

Drei Polizisten bei Festnahme verletzt

Warum es an besagtem Nachmittag zum Streit mit dem Algerier gekommen ist, das konnte auch in der Verhandlung am Donnerstag nicht genau geklärt werden. Opfer und Täter hatten vor der Tat telefoniert, der Angeklagte sagt, seine Kontrahenten - „eine Bande aus Handydieben und Drogendealern“ - hätten ihn bedroht: „Wenn ich mich weigere, mit ihnen zu arbeiten, werden sie dafür sorgen, dass ich aus Österreich ausgewiesen werde.“ Er sei dann bei einem Treffen von dem Algerier mit dem Messer bedroht worden, beim anschließenden Gerangel konnte er die Waffe packen und dem Angreifer entreißen. Dann habe er mit dem Klappmesser ohne zu schauen herumgefuchtelt, um sich zu schützen: „Ich hatte Angst um mein Leben.“

Anklage weist Darstellung zurück

Allerdings dürften das laut Staatsanwaltschaft zahlreiche Zeugen anders gesehen haben. Demnach habe der Angeklagte ohne zu zögern mit einer fließenden Bewegung auf das Gesicht seines Gegners eingestochen, andere berichteten von vielen heftig geführten Stichen. Der 35-Jährige habe erst eingehalten, als er von Freunden des Opfers zurückgehalten werden konnte. „Ich schwöre bei Gott, dass ich die Wahrheit sage“, betonte der Tunesier und brach in Tränen aus: „Mir geschieht unrecht. Ich bin Täter und Opfer zugleich.“

Grundsätzlich zeigte sich der 35-jährige Tunesier am Donnerstag aber geständig: „Er wollte nicht töten, sondern sich verteidigen“, sagt sein Verteidiger Manfred Göttlicher und sprach von Notwehrüberschreitung. Wie ein Gerichtssachverständiger ausführte, seien die Verletzungen nicht akut lebensbedrohlich gewesen: „Es wurde kein Organ getroffen, der Blutverlust war nicht besonders groß und auch der Brustkorb war nicht durchstochen. Allerdings können solchen Attacken schnell zu lebensbedrohlichen Verletzungen führen.“

Mindestens ein Stich mit großer Wucht

Er könne die Version des Herumfuchtelns nicht ganz widerlegen, zumindest ein Stich sei aber gezielt mit hoher Wucht geführt worden und habe drei Schichten Kleidung durchdrungen.

Beschuldigter nun offiziell „Flüchtling“

Der Prozess wurde am Donnerstag vertagt - zwei direkt am Vorfall beteiligte Zeugen konnten vom Gericht bisher nicht ausgeforscht werden. Sie sind offenbar untergetaucht. Detail am Rande: Dem Angeklagten ist während der U-Haft im Sommer der Status als anerkannter Flüchtling zuerkannt worden.

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