Rund 700 Flüchtlinge noch am Hauptbahnhof

Auf dem Salzburger Hauptbahnhof waren Montagabend noch zwischen 600 und 700 Flüchtlinge, die zum Großteil übernachten dürften. Am Tag kam es zeitweise zu turbulenten Szenen, weil Flüchtlinge in Züge nach Deutschland stürmten.

Montag gegen 21.00 Uhr befanden sich noch rund 600 bis 700 Flüchtlinge am Salzburger Hauptbahnhof. Das sagte Landespolizeidirektor Franz Ruf bei einer Pressekonferenz. Für sie wurden rund 400 Feldbetten in der Bahnhofs-Tiefgarage aufgebaut, die Stadt Salzburg startete zudem neuerlich am Abend einen Spendenaufruf für Isomatten und Schlafsäcke. Zusätzlich stehen noch 400 Feldbetten in einer Industriehalle in Salzburg-Kasern bereit sowie 100 Plätze in der Moschee der islamischen Konföderation.

„Wir glauben, dass die Lage in dieser Nacht nicht dramatisch wird“, sagte Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) nach der Sitzung des Krisenstabes. Er schätzt, dass mit dem Notquartier in der Bahnhofsgarage auch das Auslangen gefunden wird, rechnet aber damit, dass am Dienstag die Zahl der Flüchtlinge wieder ansteigt. Die Hilfskräfte bereiteten auch ausreichend Lebensmittel und Hygieneartikel vor, das Bundesheer kochte den Flüchtlingen mit der Feldküche ein warmes Essen.

Wartende Flüchtlinge am Salzburger Hauptbahnhof

APA/Barbara Gindl

Zahlreiche Flüchtlinge werden noch eine Nacht am Salzburger Hauptbahnhof ausharren müssen

Nur in 50er-Gruppen in Züge gelassen

Die meisten Flüchtlinge in Salzburg wollen nach Deutschland weiterreisen - im Verlauf des Montags stellten nur 33 einen Asylantrag in Österreich, betonte Polizeidirektor Ruf. Die Polizei ging gegen Abend dazu über, die Flüchtlinge nur in Gruppen von rund 50 Personen in Züge nach Deutschland zu lassen - so sollten die Verzögerungen für die anderen Reisenden durch die strengen Grenzkontrollen in Freilassing (Bayern) möglichst gering gehalten werden.

Familien, Frauen, Kinder und beeinträchtigte Personen würden bevorzugt zu den Zügen nach Deutschland geleitet, so Ruf. Am Tag war es ja teilweise zu Tumulten gekommen.

Raffaela Schaidreiter berichtet aus Salzburg

Raffaela Schaidreiter berichtet vom Hauptbahnhof Salzburg, wo es große Verwirrung gibt, ob Züge fahren oder nicht.

Hunderte Flüchtlinge drängten auf Bahnsteige

Seit Montag, 7.00 Uhr, hätte der Zugsverkehr in Richtung Deutschland wieder normal laufen sollen. In der Realität fuhren aber nur sehr wenige Züge über die Grenze. Zunächst wurde immer wieder der Verkehr gestoppt, weil in Freilassing Flüchtlinge von den Gleisen geholt werden mussten. Auch die strengen Grenzkontrollen in den Zügen sorgten für Rückstau und Verzögerungen.

Als dann zu Mittag ein Zug nach München in Salzburg eintraf und einige Flüchtlinge losliefen, um in diesen Zug zu kommen, wurde die Lage kritisch: Denn viele der hunderten Flüchtlinge, die in der Bahnhofstiefgarage warteten, drängten nach oben, um in den Zug zu gelangen. Die Polizei musste daraufhin die Rolltreppen und Zugänge sperren und die Flüchtlinge zurückdrängen.

Züge nach Deutschland fuhren nur unregelmäßig

Die ÖBB stellten daraufhin den Fernverkehr in Richtung Deutschland bis etwa 17.00 Uhr wieder ein. Erst dann fuhr wieder der erste Zug in Richtung Deutschland wieder - und viele Flüchtlinge drängten neuerlich hinein. Die Situation sei „ständig neu zu entscheiden“, verwies ein Bahnsprecher auf die schwierige Lage. Auch in weiterer Folge fuhren die Züge nur sehr unregelmäßig und mit Verspätungen - große Verwirrung und Unsicherheit bei den Flüchtlingen waren die Folge.

Die Salzburger S-Bahn-Züge sind ebenfalls weiterhin nicht über die Grenze nach Freilassing unterwegs, sondern bleiben in Salzburg-Liefering stehen.

Einige Flüchtlinge dürften zu Fuß losmarschiert sein

Einige Flüchtlinge marschierten daraufhin zu Fuß auf eigene Faust los, um vom Salzburger Hauptbahnhof nach Freilassing zu gelangen. Die bayrische Grenzstadt ist vom Salzburger Bahnhof nur rund sieben Kilometer Fußweg entfernt.

Rund 1.300 Flüchtlinge in Freilassing aufgegriffen

Im Lauf des Montags seien in Freilassing und Umgebung insgesamt rund 1.300 Flüchtlingen von den deutschen Behörden aufgegriffen worden, sagte der bayerische Polizeisprecher Rainer Scharf kurz vor 22.00 Uhr. Mehrere hundert kamen mit dem Zug, zahlreiche kamen zu Fuß, einige waren mit Schleppern unterwegs. Zehn Schlepper seien festgenommen worden, so Scharf.

„Diese Personen werden von uns am Bahnsteig erstregistriert und werden zur nahe gelegenen Dienststelle der Bundespolizei gebracht“, sagte Matthias Knott, Pressesprecher der deutschen Bundespolizei. Die Flüchtlinge übernachten im Bayern im Erstaufnahmezentrum in Wertheim. Was dann weiter mit ihnen passiert, ist noch offen. Nach Österreich zurückgeschickt wurden sie jedenfalls nicht.

ORF-Reporterin Hackenbuchner aus Freilassing

Wie gehen die deutschen Beamten vor, wenn sie Flüchtlinge antreffen? Aus Freilassing berichtet ORF-Reporterin Christine Hackenbuchner.

Korridorzüge fuhren über Zell am See

Die ÖBB-Korridorzüge in Richtung Innsbruck, Bregenz und Zürich wurden am Montag teilweise wieder über Zell am See (Pinzgau) umgeleitet, sagte ÖBB-Sprecher Rene Zumtobel: „Das gibt uns einfach mehr Planungsstabilität. Am Vormittag hat es immer wieder Unterbrechungen wegen Personen am Gleis gegeben. Die Züge im West-Ost-Verkehr brauchen daher 80 bis 90 Minuten länger.“

Railjet- und EC-Züge, die ab Salzburg nach München fahren, werden in Freilassing am Bahnhof gestoppt und dort von der deutschen Polizei kontrolliert. Dadurch kam es zu Verzögerungen.

Schwaiger: „Tiefgarage kein Dauerquartier“

Rund 1.000 Flüchtlinge hatten die Nacht auf Montag auf dem Salzburger Bahnhof verbracht. Die Betten im Notquartier in der Tiefgarage waren alle belegt, Menschen lagen auch auf dem Boden. Sonntagabend rief die Stadt Salzburg dazu auf, Decken und Isomatten zum Bahnhof zu bringen. Viele Salzburger folgten dem Aufruf. Zusätzlich konnten Menschen in einer Moschee der islamischen Konföderation übernachten.

Zu Mittag tagte auf dem Hauptbahnhof erneut der Krisenstab, sagte Schwaiger: „Die Lage hier ist angespannt, aber es ist ein ordnungsgemäßer Betrieb vorhanden. Für die Flüchtlinge in der Tiefgarage brauchen wir entsprechende Verköstigung und Tee.“ Mit dem Bundesheer arbeite man schon nach wenigen Stunden gut zusammen, und die Infrastruktur werde mit zusätzlichen Toiletten ergänzt, sagte Schwaiger.

Haslauer: „Können nicht Auffanglager sein“

Landeshauptmann Haslauer(ÖVP) betonte Montagvormittag, dass man in Salzburg maximal 1.500 Personen in Notunterkünften unterbringen könne. Haslauer forderte, dass ähnlich wie in Deutschland Grenzkontrollen eingeführt werden müssten und auch ein Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der ungarischen Grenze kommen müsse: „Das ist auch ein politisches Signal Richtung Europa. Mit dem Vorgehen von Deutschland und Ungarn steht die Reisefreiheit und letztlich die EU infrage.“

Zu Mittag beschloss schließlich auch die Bundesregierung „temporäre Grenzkontrollen“ einzuführen - mehr dazu in Mikl-Leitner: „Machen Grenzkontrollen“ wie Berlin (news.ORF.at; 14.9.2015).

Kilometerlange Staus an Straßengrenzen

Auch auf den Straßen kommt es durch die Grenzkontrollen zu Verzögerungen - mehr dazu in Lange Staus durch Grenzkontrollen (salzburg.ORF.at; 14.9.2015).

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