Mordprozess: Zweifel an „inneren Stimmen“

Am zweiten Tag des Prozesses gegen einen 21-jährigen Salzburger beim Landesgericht, der eine 19-Jährige im Oktober 2014 in Saalfelden mit mehr als 50 Messerstichen getötet haben soll, wurden Dienstag Zeugen befragt. Dann wurde der Prozess auf Oktober vertagt.

Mordprozess Saalfelden

ORF

Der Angeklagte am ersten Prozesstag am Montag

Als weitere Verhandlungstermine seien der 27. Oktober sowie der 18. und 19. November anberaumt worden, sagte Gerichtssprecherin Martina Pfarrkirchner.

Weitere Zeugen, Psychologe geladen

Ursprünglich war die Urteilsverkündung für Mittwoch vorgesehen. Doch nun will das Gericht noch drei weitere Zeuginnen zur Eifersuchtsthematik befragen. Zudem wird Kriminalpsychologe Thomas Müller nochmals zum Thema „Overkill“ befragt, weil laut dem gerichtsmedizinischen Gutachter Sebastian Kunz ein „Overkill“ beim Täter nicht zwangsläufig vorlag.

Was bisher geschah vor Gericht

Ein guter Freund des Angeklagten sagte am Dienstag vor Gericht, dass der 21-Jährige ihm gegenüber nie etwas davon erzählt habe, dass er „innere Stimmen“ hören würde.

Zeuge bezweifelt „innere Stimmen“

Montag hatte der Beschuldigte erklärt, er habe kurz vor der Tat - Staatsanwältin Karin Sperling sprach von einer regelrechten Hinrichtung - „Stimmen“ gehört, die befohlen hätten, er müsse ein Opfer bringen, sonst würde er „geholt werden“. Die Kellnerin sei ein würdiges Opfer gewesen, gestand er „die Opferung“ ein. Sein 19-jähriger Freund aus dem Pinzgau erklärte der vorsitzenden Richterin Bettina Maxones-Kurkowski, er habe sich mit dem 21-Jährigen zwar manchmal einen Horrorfilm angesehen, aber: „Nein, er hat nie mit mir darüber gesprochen, dass er Stimmen gehört hätte. Da hätte ich ihn ausgelacht.“

Gemeinsame Zigarette kurz vorher

Rund zwei Stunden vor der Tat sei er noch zu dem 21-Jährigen gefahren, auf eine Zigarette. „Er war ganz normal, es war nichts Auffälliges“, schilderte der Pinzgauer. Sein Freund habe erzählt, dass er mit der Kellnerin nach Amerika reisen würde: „Er sagte, er will das mal sehen, und hat mir auch die Reisetasche gezeigt.“ Montag sagte der Angeklagte vor Gericht, er habe zu einem „Satanisten“ nach New York fahren wollen.

Prozessbeteiligte befragten den Zeugen auch über das Verhältnis des Angeklagten zu seinem späteren Opfer in den letzten drei Monaten vor der Tat: „Er sagte, sie sind zusammen. Sie haben sich aber nie vor mir geküsst. Von ihr habe ich aber nicht den Eindruck gehabt, dass sie zusammen sind. Sie war eher abweisend zu ihm. Er wollte ihre Hand halten, sie wollte aber nicht. In meinen Augen war er auch nie gewalttätig, er war ruhig. Von Eifersucht zwischen den beiden ist mir nichts aufgefallen. Ich habe den Eindruck gehabt, sie war vorsichtig wegen seiner Frauengeschichten.“

Beziehung am Anfang glücklich

Ob Eifersucht die Beziehung überschattete, darüber konnte auch eine sehr gute Freundin des Opfers keine genauen Angaben machen. Die 21-jährige Pinzgauerin meinte, die 2013 begonnene Beziehung zwischen den beiden sei am Anfang glücklich gewesen. „Mit der Zeit sind dann Beschwerden gekommen. Er wollte nicht arbeiten, er hat zu lügen angefangen. Sie war böse, weil sie gewusst hat, dass er lügt. Sie hatte es auch nicht gern, wenn er trinkt, weil er da aggressiv war. Ich habe dann mitbekommen, dass er sie betrogen hat. Meine Freundin hat ihn finanziert, sie hat ja viel gearbeitet. Sie sagte zu mir, er sei ihre erste große Liebe gewesen.“ Nach einer Affäre mit einer anderen habe er zu ihr gesagt, er liebe die Kellnerin, er wolle nicht, dass sie ihn verlässt, schilderte die 21-Jährige. „Meine Freundin war schon ein bisschen eifersüchtig. Bei ihm kann ich es nicht sagen.“

War das Paar noch zusammen?

Ihrer Meinung nach seien die beiden im Tatzeitraum kein Paar gewesen, erklärte die Zeugin noch. Am Tag vor der Tat habe die Kellnerin bleich gewirkt: „Sie war fertig, sie wirkte bedrückt. Sie hat gesagt, sie muss gehen, weil der Alex nervt. Zwei, drei Tage vor der Tat sind die beiden bei mir gesessen. Er sagte, da drüben ist jemand mit einem Messer. Er wirkte sehr ernst.“ Doch sie hätte nichts gesehen. Von irgendwelchen Stimmen hätte er ihr gegenüber aber nie etwas erwähnt, sagte die Zeugin. Dass er gewalttätig gegenüber der Kellnerin gewesen sei, das glaube sie nicht. „Sie war ein starker Mensch, dass er sie schlägt, dass kann nicht sein.“

Wie reagierten die Nachbarn?

Nachbarn berichteten, dass sie zur Tatzeit in dem Mehrparteienhaus in Saalfelden „dumpfe Geräusche“, aber keine Schreie gehört hätten. „Es war, als ob ein Medizinball auf den Boden fällt“, erklärte ein 44-jähriger Lehrer. Sein 55-jähriger Nachbar schilderte: „Der Angeklagte kam aus der Wohnung. Er sagte, er war das nicht. Ich antwortete, die Polizei kommt eh gleich.“ Der Mann habe eher ruhig gewirkt.

Nach der Mittagspause wird der Prozess um 13.30 Uhr mit der Anhörung des gerichtsmedizinischen Gutachtens von Sebastian Kunz fortgesetzt. Ob heute oder morgen ein Urteil ergeht, war vorerst noch unklar.

Müller sieht ganz bewusste Tat

Der mutmaßliche Täter muss in einem Blutrausch gewesen sein, ist sich der Kriminalpsychologe Thomas Müller sicher. Der 21-Jährige wollte die Frau ganz bewusst töten, hat es nur wie einen okkulten Ritualmord aussehen lassen. Die brutale Vorgehensweise deute eher auf Wut, Zorn und Hass hin, also auf emotionale Motive.

Zur Tatzeit zurechnungsfähig

Psychisch krank sei der 21-jährige Saalfeldener nicht, sagt der Psychiater Ernst Griebitz. Er habe weder Symptome von Halluzinationen noch Anzeichen für Schizophrenie feststellen können, so Griebnitz. Der junge Saalfeldener sei emotional kühl und selbstbezogen, aber zur Tatzeit zurechnungsfähig gewesen und immer noch hochgradig gefährlich.

Davon geht auch Opferanwalt Stefan Rieder aus. „Das Ziel ist klar: er will offenbar für psychisch krank erklärt werden. Er erwartet sich da für sich offenbar Vorteile, wenn er in eine Anstalt für geistig abnorme, unzurechnungsfähige Rechtsbrecher eingeliefert wird.“

Zweites psychiatrisches Gutachten

Es wird noch ein weiteres psychiatrisches Gutachten erwartet. Die Anwältin des Angeklagten hat den bekannten Psychiater Reinhard Haller damit beauftragt. Ein Gerichtsmediziner wird vor Gericht detailliert über die Verletzungen des Opfers berichten. Ein Urteil soll es frühestens am Mittwoch geben.

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