Flüchtlingswellen im Wandel der Zeit

Angesichts der Flüchtlingswelle aus Kriegsgebieten sind Meinungen in der Bevölkerung geteilt. Österreich und Salzburg haben im Lauf ihrer Zeitgeschichte schon viel größeren Ansturm bewältigt – zum Beispiel aus Ungarn (1956) oder Bosnien (1990er-Jahre).

Vor genau 70 Jahren endet der Zweite Weltkrieg - und damit eine Zeit von Flucht und Vertreibung, wie es sie die Menschheit bis dahin nicht gesehen hatte. Die Heimat von hunderten Millionen Europäern war zerstört, 30 Millionen waren auf der Flucht. Nach Kriegsende war jeder dritte Bewohner Österreichs ein Flüchtling. Viele blieben für immer.

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Millionen nach 1945 auf der Flucht

In Stadt und Land Salzburg bildeten sich ganze Siedlungen - etwa der Donauschwaben, Siebenbürger Sachsen, Südtiroler oder Überlebenden der nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernichtungslager, die keine Familien und Heimaten mehr hatten.

Gemeinsam hatte man oft die Religion und die Sprache, sagt die Historikerin Sylvia Hahn: „Es gab damals einen großen Mangel an Arbeitskräften, weil so viele Menschen umgekommen waren. Viele Flüchtlinge waren gut qualifiziert. Das machte die Integration wohl einfacher in so schwierigen Zeiten als heute, wo wir mehr zu geben hätten.“

Ungarn auf der Flucht vor Stalinismus

Schon elf Jahre nach Kriegsende gab es die nächste große Bewährungsprobe für das freie Österreich. Mehr als 180.000 Ungarn flohen vor den Truppen der sowjetischen Stalinisten über die Grenze, so Hahn: „Die Gesellschaft war noch geprägt von den eigenen Erfahrungen der Flucht und Not. Sie war bereit, hier die Häuser zu öffnen.“

Nur jeder zehnte Ungar blieb. Viele gingen in die USA, Kanada oder Australien. Auch viele jüdische Familien aus der ehemaligen Sowjetunion reisten über Österreich nach Palästina aus. Österreich war für viele Flüchtlinge auch Zwischenstation.

bosnische Erzieherin Samina Smajilbasic

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Die Salzburgerin Samina Smajilbasic ist Erzieherin. Ihre bosnischen Eltern flohen mit ihr als Kleinkind einst vor Kriegsverbrechen in Jugoslawien. Dessen Zerfall brachte Österreich letztlich viele neue Bürger

Verfolgte aus Polen, Bosnien

Das relativ offene Klima änderte sich in den 1980er-Jahren. Zehntausende Polen flohen vor den Stalinisten. Viele Länder machten die Grenzen dicht. Und der Ton änderte sich auch in Österreichs Flüchtlingspolitik. Durch Angst von Einheimischen um Arbeitsplätze in der Wirtschaftskrise und eine Radikalisierung beim rechten Rand der Politik wurden viele Ankömmlinge plötzlich als „Wirtschaftsflüchtlinge“ bezeichnet oder als „Schmarotzer“ diffamiert.

Die nächsten Kriegsflüchtlinge kamen Anfang der 1990er-Jahre aus Bosnien. Auch die Salzburger Erzieherin Samina Smajilbasic hat damals mit ihrer Familie Aufnahme gefunden: „Meine Eltern berichten darüber, dass damals das Bewusstsein für die Not von Flüchtlingen viel stärker ausgeprägt war.“

Eberle kämpft gegen kollektive Angst an

Die Flüchtlingshelferin und frühere Landesrätin Doraja Eberle von der Organisation „Bauern helfen Bauern“ betont, die Angst werde immer größer: „Auch unser Mittelstand bricht weg, deshalb haben offenbar immer mehr Einheimische auch Angst vor neuen Entwicklungen. Aber ich glaube, wir werden auch da hineinwachsen.“

Die überwiegende Mehrheit der Bosnier ist in Österreich geblieben. Mehr als 100.000 sind damals in kurzer Zeit gekommen. Das waren zehn Mal so viele Menschen, wie sie heute über das Mittelmeer aus den Kriegsgebieten Afrikas und des Nahen Ostens nach Österreich und Europa kommen.

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