Auch Sozialeinrichtungen erben oft

Der jüngste Fall eines Erbstreits rund um das Gut Aiderbichl zeigt, dass viele Einrichtungen - etwa aus dem Sozialbereich, dem Tierschutz oder der Forschung - darauf angewiesen sind, dass ihnen jemand etwas vererbt. Es geht dabei oft um viel Geld.

Das Tagesheim der Salzburger Hospizbewegung ist ein Schmuckstück: Seit knapp zwei Jahren ist man am jetzigen Standort, zuvor war die Hospiz-Bewegung über viele Jahre deutlich weniger komfortabel untergebracht. Das neue Haus gibt es nur, weil man 800.000 Euro aus einer Erbschaft erhalten hat. Erbschaften sind für viele Einrichtungen ein ganz wesentlicher Teil ihrer Einnahmen. Österreichweit werden jährlich gut und gern 50 Millionen Euro testamentarisch so übertragen.

„Große Vorhaben oft erst durch Erbschaft möglich“

Erbschaften über 800.000 Euro sind allerdings die Ausnahme. Ein derart großzügiger Betrag wird selten vererbt - wenn aber doch, dann ist die Freude groß. Rund 15 Prozent der Einnahmen der Hospiz-Bewegung kommen aus Erbschaften, bestätigt deren Geschäftsführer Christof Eisl.

Hospizbewegung

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Die Hospiz-Bewegung profitiert des öfteren von Erbschaften

„Man rechnet nicht damit. Wichtige Entwicklungen in unserer Organisation waren aber eigentlich immer erst dann möglich, wenn größere Summen herein gekommen sind. Dadurch sind auch ganz wesentliche Schritte in der Hospiz-Bewegung gerade durch Erbschaften ermöglicht worden“, sagt Eisl.

„Großteils sind es überraschende Erbschaften“

Durchschnittlich etwa 50.000 Euro werden Einrichtungen wie der Hospiz-Bewegung, Pro Juventute oder auch der Caritas vererbt. Die Bandbreite ist aber groß und reicht von der kleinen Münz-Sammlung bis hin zum siebenstelligen Eurobetrag. Dabei hatten nur rund die Hälfte der Erblasser vor dem Tod bereits Kontakt mit der von ihnen bedachten Organisation.

Caritas

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Meist komme eine Erbschaft überraschend, heißt es bei der Caritas

„Großteils sind es überraschende Erbschaften. Wir erhalten vom Notar die Information, dass jemand uns etwas vererbt hat“, sagt Caritas-Direktor Johannes Dines. „Nur in ganz wenigen Fällen haben Menschen uns schon vorher informiert, dass sie vorhaben, uns etwas zu vererben. Wir warten dann darauf, ob das wirklich so eintrifft oder nicht. Wir werden von uns aus aber nicht aktiv.“

Auch SOS-Kinderdorf in Seekirchen profitiert

Das SOS-Kinderdorf in Seekirchen feiert am Sonntag seinen 66. Geburtstag. In der von Hermann Gmeiner gegründeten Einrichtung werden derzeit 55 Kinder in zwölf Familien untergebracht. Rund zehn Millionen Euro werden jährlich an SOS-Kinderdörfer vererbt. Man deckt damit bereits ein Zehntel aller Ausgaben, bestätigt Viktor Trager von den SOS-Kinderdörfern.

SOS-Kinderdorf Seekirchen

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Auch die SOS-Kinderdörfer sind Nutznießer von Erbschaften

„Einerseits sichern diese Erbschaften die Unterstützung und laufende Finanzierung der Kinderdörfer. Auf der anderen Seite gibt es vereinzelt immer wieder auch einmal Großspenden, mit denen man dann neue Projekte starten oder große Sanierungen durchführen kann, die sonst nicht möglich wären“, sagt Trager.

Gemeinsame Plattform von Sozialeinrichtungen

Auf der Plattform „vergissmeinnicht.at“ haben sich österreichweit rund 50 Einrichtungen - vor allem aus dem Sozialbereich - zusammengeschlossen. Diese Initiative für ein gutes Testament versteht sich auch als eine Art Gütesiegel für potentielle Erblasser, ergänzt Viktor Trager.

„Das ist schon auch ein Zeichen, den Menschen bewusst zu machen, dass Organisationen wie Amnesty International, Ärzte ohne Grenzen, die SOS Kinderdörfer oder auch die Diakonie gemeinsam informieren, aufklären und Menschen für dieses Thema sensibilisieren möchten, die vielleicht vorher noch gar nicht daran gedacht haben - aber eben nicht als Einzelorganisation, um auch nicht in den Geruch des Keilens zu kommen. Denn das wäre sehr unseriös.“

Sogar Gemeinden erben manchmal

Sozialinitiativen für Kinder werden in Erbschaftsangelegenheiten am liebsten bedacht, danach folgen bereits Tierschutz-Einrichtungen. Nur in einem sehr weiten Sinn fällt da wohl der Salzburger Zoo hinein, denn der Normalbetrieb dort wird von Stadt und Land Salzburg subventioniert. Eine Erbschaft im Wert von mehreren Hunderttausend Euro machte aber den Bau eines neuen Löwenhauses möglich, bestätigt Zoodirektorin Sabine Grebner. „Diese Gustostückerl, diese außergewöhnlichen und besonders schönen Sachen sind eben nur mit Erbschaften oder mit Unterstützung Dritter möglich.“

Löwenhaus im Salzburger Zoo

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Selbst die Löwen im Salzburger Zoo verdanken ihr neues Haus einer Erbschaft

Selbst Gemeinden erben, wenngleich das selten ist. Wals-Siezenheim war heuer im Frühjahr Adressat einer Erbschaft, freut sich Bürgermeister Joachim Maislinger. „Der Verfasser des Testaments hat angegeben, dass die einzige, die sich um ihn gekümmert habe, die Gemeinde Wals-Siezenheim war. Er hatte von meinem Vorgänger drei Mal eine Geburtstagskarte erhalten. Und das war offenbar der Auslöser für die Erbschaft. Das Geld aus dieser Erbschaft fließt zur Gänze in den Sozialfonds der Gemeinde.“

Großteil der Erbschaften von Notaren abgewickelt

Der Großteil aller Erbschaften in Österreich - es sind etwa 70 bis 80 Prozent - wird von Notaren abgewickelt. Sie sollen sicherstellen, dass alles korrekt über die Bühne geht, sagt der Sprecher der Salzburger Notariatskammer, Philip Ranft. „Wir haben die Aufgabe übernommen, das gemeinsam mit dem Gericht abzuwickeln. Die Erben können daher nur mit Hilfe des Gerichtes über das Vermögen verfügen. Dadurch ist doch gewährleistet, dass das dann auch beim Empfänger ankommt.“

Der Großteil der Erbschaften bleibe zwar in der Familie, allerdings steige der Anteil von Erbschaften an Sozialeinrichtungen leicht, ergänzt Ranft. Es wird zwar immer wieder versucht, die Notare bei Testamenten zu beeinflussen, aber da beißt man bei uns auf Granit. Viele Menschen möchten ihr Lebenswerk über den Tod hinaus weiter verfolgen und hinterlassen ihr Vermögen daher sozialen Einrichtungen. Vielleicht spielt da bis zu einem gewissen Grad auch die Beruhigung des eigenen Gewissens eine Rolle."

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