Jeder Vierte leidet an Schlafstörungen

Mittlerweile leidet jeder vierte Österreicher an Schlafstörungen. Das kostet Produktivität und verursacht Unfälle. Mehr als eine halbe Milliarde Euro Schäden durch Schlaflosigkeit hat die österreichische Gesellschaft für Schlafmedizin errechnet.

Die Menschen schlafen immer weniger - heute im Schnitt um eineinhalb Stunden kürzer pro Nacht als in den 1960er-Jahren. Stress, Reizüberflutung, aber auch Schichtarbeit, Nikotin und Alkohol, Sport zu spät am Abend oder zu warme Schlafzimmer halten vom Schlafen ab. Fachleute kennen über 80 mögliche Gründe für Schlaflosigkeit.

„Bestenfalls ein Dösen“

Eigentlich sollte der Mensch ein Drittel des Lebens schlafend verbringen, so die Statistik. Wem das nicht gelingt, der leidet meist unter Schlafstörungen. Ein lange Betroffener ist der Deutschlehrer Dietmar Plakolm, der vier Jahren Qual hinter sich hat: „In der schlimmsten Phase war es bestenfalls ein Dösen.“

„Ich kann mich erinnern, dass ich wirklich komplett wach war. Ich war müde, unendlich müde, habe mich ins Bett gelegt. Und kaum bin ich gelegen und habe mich umgedreht, wurde ein Schalter umgelegt und ich war hellwach für zwei Stunden. Wenn’s gut gegangen ist, habe ich nach diesen zwei Stunden Schlaf gefunden. Nur wenn man erst um 3.00 Uhr einschläft und um 5.00 Uhr wieder aufwacht, dann ist das einfach zu wenig. Es gab viele Phasen, wo ich nur eine Stunde wirklich geschlafen habe. Der Rest war Dösen“, so Plakolm.

Dietmar Plakolm

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Vier Jahre Schlaflosigkeit waren für Dietmar Plakolm ein „Martyrium“

Die Schlaflosigkeit war für Plakolm „ein absolutes Martyrium, das wünsche ich keinem Menschen. Ich brauche schon immer wenig Schlaf - nur das: Ich habe kalt geduscht, bis ich munter war - und dann ist es gegangen.“ Einschneidende private und berufliche Veränderungen waren die Auslöser für Plakolms Schlaflosigkeit.

Lösungswege mit Labor-Auswertung

Mehrere Ärzte und Heilpraktiker konnten dem 52-Jährigen nicht helfen, sondern erst vor zwei Monaten das Team im Schlaflabor in der Salzburger Christian-Doppler-Klinik. Patienten werden dort jeweils zwei Tage und zwei Nächte lang im Spital mit Messinstrumenten beobachtet, sagt Schlaflaborleiter Alexander Kunz.

„Wir schauen uns das Schlafverhalten des Patienten an. Im Schlaflabor werden die Hirnströme gemessen, die Atmung. Und der Patient wird medikamentös behandelt, wenn erforderlich, bzw. wird ihm das Schlafen wieder beigebracht - mit Entspannungstechniken, damit die Patienten wieder abschalten. Wirklich an etwas Schönes denken und sich dabei versuchen zu entspannen“, so Kunz.

Schlaflabor Patienten auf dem Monitor der Videoüberwachung

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Im Schlaflabor wird genau analysiert, was während des Schlafes vor sich geht

Mit der Auswertung aus dem Monitoring sowie den daraus folgenden Analysen und Therapien konnte auch Plakolm geholfen werden: „Ich habe mir die Aufzeichnungen zum Teil anschauen können - und immer dann, wenn ich am Einschlafen gewesen wäre, genau in diesem Moment ein Bein zuckt, wacht man wieder vollkommen auf. Und das war in einem bestimmten Rhythmus.“

„Auch zu erkennen, dass es Mittel gibt, die nicht süchtig machen, die nicht schläfrig machen - und die trotzdem den Schlaf fördern. Da haben wir im Schlaflabor einen ganz tollen Weg gefunden - und ich bin zurückgekommen zur Lebensenergie.“ Manchmal kann Plakolm auch heute noch nicht durchschlafen, aber im Vergleich zu davor führt der 52-Jährige nun ein völlig neues Leben.

Hohe Anforderungen: Nervensystem hält uns wach

„Wir leben in einer sehr leistungsorientierten Gesellschaft, die uns immer mehr abverlangt. Da setzt sich dann im vegetativen Nervensystem der Sympathikus durch. Der hält uns wach in der Nacht, lässt uns nicht einschlafen“, sagt Manfred Stelzig, Vorstand der psychosomatischen Medizin.

„Dazu gibt es natürlich sehr viele Leute, die Sorgen haben, die finanzielle Probleme, Konflikte am Arbeitsplatz und so weiter haben. Das sind lauter Gründe, warum man nicht einschlafen kann. Oder die Leute erzählen, dass sie um 2.00, 3.00 Uhr aufwachen, zu grübeln anfangen und nicht mehr einschlafen können.“

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Romy Seidl berichtet über Schlafstörungen

Wer unter chronischen Schlafstörungen leidet, sollte sich Hilfe holen, rät Stelzig: „Der erste Ansprechpartner muss der Hausarzt sein oder eine Psychotherapie, wenn Konflikte, Sorgen usw. im Hintergrund stehen. Das, was am meisten falsch gemacht wird: Der Österreicher nimmt den Alkohol als Hausmittel her. Die Männer trinken dann gerne ein Bier. Und wenn sie merken: Ein Bier hilft nicht, dann ein zweites. Oder ein Viertel Rotwein. Und das ist wirklich ganz verkehrt.“