„Familia“: Milde Urteile auch für Rädelsführer

Neun Schuldsprüche mit Strafen zwischen zwei Jahren und acht Monaten - großteils bedingt. Mit weiteren milden Urteilen ist Freitagnachmittag der Großprozess gegen neun weitere Mitglieder der Pongauer Jugendbande "La Familia zu Ende gegangen.

Gestartet ist er vor zwei Wochen als Monsterprozess mit 32 Angeklagten. Zu Ende gegangen ist das Verfahren gegen die Bande „La Familia“ aus dem Pongau am Freitag wieder mit vergleichsweise milden Urteilen.

Zehn Verhandlungstage

Rund 40 Zeugen waren in insgesamt zehn Verhandlungstagen vor Gericht erschienen. Erste Urteile gab es schon an früheren Prozesstagen, am Freitag waren schließlich neun Angeklagte übrig geblieben. Ihnen wurden die meisten und schwersten Delikte angelastet. Alle neun wurden Freitag von Richterin Christina Rott schuldig gesprochen. Es ging um Dutzende Gewaltdelikte, auch um Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Zwei Haupttäter bleiben noch in Haft

Damit gab es für die 32 Angeklagten acht Freisprüche, zehn Verfahren wurden im Wege einer Diversion abgeschlossen. Gänzlich bedingte Strafen gab es für acht Angeklagte, vier weitere kamen mit teilbedingten Strafen davon. Weil diese vier den unbedingten Teil ihrer Strafe (jeweils drei Monate bedingt) schon in der U-Haft abgesessen haben, gingen sie mit Prozessende frei. Einzig zwei Haupttäter müssen noch im Gefängnis bleiben. Einer der beiden erhielt am Freitag 21 Monate (sieben unbedingt), der Zweite 24 Monate (acht unbedingt). Alle im Verfahren verhängten teilbedingten Strafen sind noch nicht rechtskräftig.

Bewährungshilfe und Therapie

Für die Mitglieder des „harten Kerns“ der Gruppe ordnete die Richterin eine Bewährungshilfe an, außerdem müssen sie ein Anti-Gewalt-Training machen und darüber schriftlich dem Gericht berichten. Bei einigen Angeklagten wurde die Probezeit für den bedingten Strafnachlass auch auf fünf Jahre erhöht.

Schwere Straftaten

Den vorwiegend jungen Erwachsenen mit Migrationshintergrund war vorgeworfen worden, von November 2013 bis Herbst 2014 rund 50 Gewalttaten verübt zu haben. Bei den Beschuldigten handelt es sich um Türken, Serben, Bosnier, Kroaten, Mazedonier, Bulgaren und Österreicher im Alter von 16 bis 49 Jahren, die alle im Pongau aufgewachsen sind. Nur sechs Angeklagte sind mehr als 21 Jahre alt.

Drohungen und Gewalttaten

Die Palette der vorgeworfenen Delikte reicht von gefährlicher Drohung, Nötigung, schwerer Sachbeschädigung, Vergehen nach dem Waffengesetz bis hin zur absichtlich schweren Körperverletzung. Die meisten Opfer wurden mit Drohungen eingeschüchtert und zum Teil auch verletzt. Die meisten Burschen zeigten sich im Verfahren geständig, viele entschuldigten sich und sprachen von Fehlern.

Elf Angeklagte wurden auch wegen des Vergehens der Bildung einer kriminellen Vereinigung schuldig gesprochen: „La Familia war sicher keine kriminelle Vereinigung wie aus dem Bilderbuch“, sagte die Richterin. „Aber ihr habt akzeptiert, dass ihr mitmacht, das hat sich immer mehr gesteigert. Ihr hättet jederzeit aussteigen können.“

Milde Strafen für antisemitischen Platzsturm

Mit sehr milden Strafen kamen übrigens jene Banden-Mitglieder davon, die sich am 23. Juli 2014 während des Fußball-Freundschaftsspieles zwischen OSC Lille und Maccabi Haifa in Bischofshofen am Platzsturm beteiligten, bei dem ein israelischer Spieler leicht verletzt wurde. Ein 18-jähriger erhielt wegen versuchter Körperverletzung und schwerer Körperverletzung wegen einer anderen Schlägerei fünf Monaten bedingt. Er hatte vor Gericht von einer spontanen Aktion gesprochen, die ihm leid tue.

Israelischer Spieler verletzt

Daneben erlangte einer der beiden Haupttäter zweifelhafte Prominenz, weil er beim Platzsturm auf einem Foto mit gestrecktem Bein gegen einen israelischen Spieler springt. Den Vorwurf der absichtlichen schweren Körperverletzung sah die Richterin aber nicht erfüllt. „Das schaut am Bild anders aus. Auf den Videos sieht man, dass es Ihnen eher darum ging, ins Feld zu laufen“, sagte Rott zum Angeklagten. Ziel sei die Provokation gewesen, nicht einen Spieler zu verletzen. Sie verstehe aber nach wie vor nicht, wie jemand Fußballspieler für die Politik ihres Landes bestrafen wolle: „Wäret ihr nicht aufs Feld gelaufen, wäre gar nichts passiert.“

m Zusammenhang mit dem Platzsturm wurden auch zwei weitere Burschen wegen Verhetzung im Internet - sie hatten auf Facebook etwa gegen „Scheiß Juden“ gewettert - im Zuge einer Diversion verurteilt. Sie müssen 60 bzw. 80 Stunden gemeinnützige Arbeit erbringen.

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