Homöopathie: Immer beliebter und umstrittener

Jeder zweite Salzburger vertraut gelegentlich auf Homöopathie, jeder Vierte schwört überhaupt darauf. Die Absatzzahlen von Globuli und Tropfen wachsen jährlich. Und gerade das ruft die Gegner auf den Plan, die von „reinem Placebo“ sprechen.

Allergien gegen Gräser und Pollen, Heuschnupfen - schon seit ihrer Kindheit nimmt Susanne Trettenbrenner aus Seekirchen (Flachgau) dagegen Globuli: „Bei Heuschnupfen jucken die Augen weniger, beim Ausschlag juckt die Haut weniger. Und es wird einfach allgemein besser bei mir. Es kann sein, dass ich mir das einbilde - aber dann hat es ja trotzdem auch gewirkt.“ Der Seekirchner Arzt und Homöopath Alexander Meisinger rät im konkreten Fall von Susanne Trettenbrenner zum Wirkstoff Zwiebel: „Gleiches wird durch Gleiches geheilt - das ist auch der Leitspruch der Homöpathie. Man hat als gesunder Mensch beim Zwiebelschneiden im Prinzip Heuschnupfen-ähnliche Symptome. Das heißt: Nach dem Ähnlichkeitsprinzip hilft auch die Zwiebel als homöopathisches Mittel beim Heuschnupfen.“

In der Homöopathie gibt es hunderte Wirkstoffe - von Arsen bis hin zur Tollkirsche. Alles ist extrem verdünnt und hunderte Male geschüttelt. Das Wasser soll so die Energie der Wirkstoffe aufnehmen, heißt es.

Homöopathische Mittel in Fläschchen

ORF

„Leute werden schamlos ausgenützt und belogen“

Gegner der Homöopathie wie der Arzt Theodor Much halten davon „herzlich wenig.“ Zwar haben die Globuli einen „gewissen Sinn im Sinne eines Placebo. Aber die Leute belügen sich selbst - bewusst oder unbewusst. Es ist eine Riesenindustrie. Die Menschen stellen sich vor, dass gerade die böse Pharmaindustrie Geld macht - in Wirklichkeit macht die Esoterikindustrie das große Geld.“

Wer Globuli will, muss sie selber bezahlen. Homöopathie auf Rezept ist Zukunftsmusik - die Salzburger Gebietskrankenkasse argumentiert das so: „Wir geben Geld für Behandlungen aus, deren Wirksamkeit belegt ist. Das ist bei Homöopathie bislang nicht der Fall.“

Dennoch: Homöopathische Mittel sind bei den Kunden gefragt - allen voran bei Erkältungen, Rheuma oder Kreislaufproblemen: „Handfeste Beweise gibt es noch nicht“, sagt Apothekerin Sigrid Hopferwieser. „Unsere Physik und unsere Mathematik sind nicht so weit, dass wir das alles beschreiben können. Vielleicht geht es in ein paar Jahren, dass wir das wirklich einen Weg finden können. Es gibt ja schon viele verschiedene Möglichkeiten, die Energie im Körper dingfest zu machen.“

„Bedürfnis nach Gespräch und Zuwendung“

Auch im Salzburger Landeskrankenhaus fragen Krebspatienten oft zusätzliche nach einer homöopathischen Behandlung - sie hoffen damit etwa Nebenwirkungen der Chemotherapie abzuschwächen. Daher gibt es eine Berater in Sachen Homöopathie, auch wenn einige Ärzte die Sache skeptisch sehen.

„Trotzdem aber vermittelt der Bedarf eines Menschen nach einer Alternativmedizin das Bedürfnis nach Gespräch und Zuwendung“, betont Onkologie-Primar Richard Greil. „Und das ist letzten Endes der Haupteffekt im Placebo - das ist die ‚Droge‘ Arzt, die ‚Droge‘ Therapeut und die ‚Droge‘ Zuwendung. Und das müssen wir sehr ernst nehmen. Deswegen beraten wir Patienten, dass sie keine Alternativmedizin betreiben, die schädlich ist, die Chemotherapie inaktiviert oder die sie davon abhält, die notwendigen therapeutischen Maßnahmen auf sich zu nehmen.“ Wie auch immer Homöopathie funktioniert - Hauptsache sie hilft - so argumentieren die Befürworter. Und dagegen kommt Wissenschaft nur schwer an.

Wirkung „vielleicht noch als Geheimnis betrachten“

Sepp Fegerl, Referent für Komplementärmedizin in der Salzburger Ärztekammer, bildet auch Ärzte in Homöopahtie aus: „Dabei geht es nicht so sehr um die Herstellung der Medikamente, sondern es geht darum, die Wirkung dieser Arzneien und Wirkstoffe, die in niedrigen Potenzen sehr wohl noch stofflich vorhanden sind, zu lehren und auszunützen. Und diese Wirkung ist doch absolut vorhanden.“

Dass sich die Wirkung nicht mit Messungen belegen lässt, sieht Fegerl nicht so dramatisch: "Es ist tatsächlich so, dass der Mensch ein feineres Sensorium hat, als wir es wissen oder erklären können. Manches davon müssen wir vielleicht noch als Geheimnis betrachten, bis wir es besser erklären können. Wir verstehen auch von vielen schulmedizinischen Medikamenten nicht, warum die wirken. Wir sehen nur, dass sie sie haben. Die Erklärung kommt dafür oft erst viele Jahre später.

Und dass homöopathische Mittel ohne jahrelanges Zulassungsverfahren auf den Markt gebracht werden dürfen, sieht der Komplementärmediziner nicht so dramatisch: „Kamille kann man in der Ursubstanz kaufen - als Tee oder Ähnliches. Wenn sie die jetzt potenzieren - oder im Sinne der Kritiker: verdünnen -, dann weiß ich nicht, warum wir da lange Zulassungsverfahren brauchen.“

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