Prozess um ausgestochenes Auge

Mit einem schweren Vorwurf wurde Mittwoch ein Boxkämpfer bei einem Prozess in Salzburg konfrontiert: Er soll 2013 den Stiel eines Weinglases einem Lokalgast ins Auge gestoßen haben. Das Opfer ist zum Teil erblindet. Der Prozess wurde vertagt.

Der angegriffene Bursch ist seither auf dem linken Auge blind. Der Rechtsanwalt des aus dem Flachgau stammenden Opfers, Kurt Jelinek, fordert 15.000 Euro „Verunstaltungsentschädigung“ - wie es in der juristischen Fachsprache heißt - und 10.000 Euro Teilschmerzensgeld von dem 23-jährigen Beschuldigten.

Der Angeklagte sagte am Mittwoch vor Gericht, er sei betrunken gewesen und könne sich nicht erinnern. Zugetragen hat sich der Vorfall in den Morgenstunden des 30. November 2013 im „Friesacher-Stadl“. Wie Staatsanwalt Marcus Neher ausführte, war das Opfer der Glasattacke zuvor schon auf der Herrentoilette des Lokals von dem Angeklagten oder einem unbekannten Begleiter angepöbelt und gefragt worden, warum er sie denn „so blöd“ ansehe.

Schwere Attacken aus „heiterem Himmel“?

Ohne Vorwarnung habe ihm der Unbekannte mit einem Faustschlag zu Boden gestreckt. Daraufhin hätten ihm die beiden Männer Tritte und Schläge versetzt und ihm Hämatome im Brustbereich zugefügt. Nachdem der Bruder des Opfers die beiden zur Rede gestellt habe, habe der Angeklagte dem Verletzten das Weinglas ins Gesicht gerammt. Ein danebenstehender Lokalbesucher wurde dem Staatsanwalt zufolge ebenfalls von Glassplittern getroffen. Er erlitt eine Rissquetschwunde unterhalb des rechten Auges.

Augenlicht links ruiniert

Laut medizinischem Gutachten drang der Glasstiel in den Glaskörper des Auges. Das Opfer erlitt unter anderem eine Augapfelzerreißung, einen Glaskörperverlust, einen Netzhautriss und eine Netzhautabhebung. Mehrere Operationen unter Vollnarkose folgten, die Linse musste entfernt werden. Das Opfer kann nur mehr einen Rest-Lichtschein erkennen. Eine Besserung sei nicht mehr zu erwarten, auch nicht bei den Narbenbildungen im Gesicht, sagte der Staatsanwalt. Er warf dem Boxer - der Salzburger stammt aus dem Tennengau - absichtlich schwere Körperverletzung mit einer schweren Dauerfolge (Paragraf 87 StGB) vor. Hier beträgt der Strafrahmen ein bis zehn Jahre.

Verteidigung verweist auf Rauschzustand

Doch der Verteidiger ging von „einer Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung im Zustand voller Berauschung (Paragraf 287)“ aus, die einen geringeren Strafrahmen vorsieht. „Er ist tatsächlich verantwortlich für die schweren Verletzungen. Es tut ihm unsagbar leid. Er war aber voll berauscht, er hat nichts mehr gewusst“, sagte Rechtsanwalt Hubert Stanglechner. Sein Mandant habe im Alter von 13 Jahren einen extremen Alkoholmissbrauch betrieben. Mit der Ausübung seines Sportes sei es zu einer Wende gekommen. Der Beschuldigte trinke nur drei bis vier Mal im Jahr Alkohol, und zwar dann, wenn es etwas zu feiern gebe, sagte Stanglechner.

Wie viel hatte er getrunken?

Zeugen konnten den Boxer eindeutig als Täter identifizieren. Der Angeklagte sagte zur Vorsitzenden des Schöffensenats, Richterin Daniela Meniuk-Prossinger, er habe am Abend vor der Tat in einem anderen Lokal bei einem Krampuskränzchen einen sportlichen Erfolg gefeiert und mehrere Runden Bier und Schnaps bezahlt. Er selbst könne sich nur mehr an ein Weißbier erinnern, das er getrunken habe. Wie viel Alkohol es insgesamt gewesen sei, wisse er nicht.

Täter soll sich selbst auch verletzt haben

Den Ermittlungen und Zeugenaussagen zufolge hatte sich der Sportler durch den Schlag mit dem Glas selbst an der rechten Hand verletzt und sich danach ins Salzburger Unfallkrankenhaus begeben. Bei der Aufnahme erzählte er, dass er sich in einem Lokal beim Salzburger Rudolfskai verletzt habe. Daran könne er sich nicht erinnern, erklärte der Beschuldigte am Mittwoch.

„In der Krankengeschichte wurde nichts von einer Alkoholisierung vermerkt“, wunderte sich die Vorsitzende.

Vertagt

Der Prozess wurde Mittwochabend auf unbestimmte Zeit vertagt. Es wird ein neuropsychiatrisches Gutachten eingeholt zur der Frage, ob der Angeklagte zur Tatzeit schwer betrunken war. Ein neuer Prozesstermin steht noch nicht fest.