Höhlenforscher im Tennengebirge verunglückt

Im Salzburger Tennengebirge bei Abtenau ist am Donnerstag ein polnischer Höhlenforscher verunglückt. Der Mann liegt schwer verletzt in der Jack-Daniel’s-Höhle. Die Retter wollten vorerst keinen Zeitplan für die Rettungsaktion machen.

Der 27-jährige polnische Höhlenforscher war gemeinsam mit sechs anderen Forschern in der langen und tiefen Höhle im Tennengebirge unterwegs. Am Donnerstag gegen 2.00 Uhr ereignete sich dann der Unfall: Marek G. soll etwa acht Meter in die Tiefe gestürzt sein. Noch in den frühen Morgenstunden stieg einer der Forscher etwa zweieinhalb Stunden lang auf und alarmierte die Einsatzkräfte.

Der Höhlenforscher zog sich schwere Verletzungen am Oberschenkel und Oberkörper zu - es seien Brüche, sagten Einsatzkräfte Donnerstagabend. Zudem erlitt der Mann eine Gehirnerschütterung und ist unterkühlt.

Nicht in Lebensgefahr und ansprechbar

Ein Höhlenrettungsarzt traf gegen 19.00 Uhr beim Verletzten ein. Er begann mit der Versorgung des Verunglückten. Zudem wurde eine Telefonleitung in der Höhle gelegt - damit besteht eine Sprechverbindung. Wann die Bergung beginnt, war Donnerstagabend nicht klar. Denn es müssen noch Sicherungen im Berg montiert werden. Zudem müssen einige Engstellen in der Höhle erweitert werden.

Rettungseinsatz im Tennengebirge

Bergrettung Salzburg/Wallinger

Die sieben Höhlenforscher waren im Auftrag des Salzburger Höhlenvereins in der Jack-Daniel’s-Höhle unterwegs. Sie sollten die Höhle erforschen, vermessen und dokumentieren. Das Tennengebirge ist ein stark verkarstetes Bergmassiv mit zahlreichen Höhlen. Immer wieder entdecken Forscher neue Höhlensysteme.

Flug durch Wetter zunächst unmöglich

Da Donnerstagfrüh kein Flugwetter herrschte, musste ein Voraustrupp von acht Bergrettern aus Abtenau in der Früh zwischen drei und vier Stunden zum Unglücksort aufsteigen. Der Einstieg zur Höhle liegt im Nordosten des Bleikogels auf mehr als 2.100 Metern Höhe.

Höhlenunglück im Tennengebirge

Bergrettung Salzburg/Wallinger

Am Donnerstagnachmittag standen 77 Hilfskräfte im Einsatz, schilderte Einsatzleiter Wilfried Seidl. Prämisse bei der Hilfsaktion ist das sichere Begehen der Höhle. Weder der Verletzte noch die Einsatzkräfte sollten dabei gefährdet werden. Die ersten Helfer wurden Donnerstagabend wieder abgezogen und durch andere Mannschaften ersetzt - so erschöpft und durchnässt waren die Helfer.

Eine der längsten Höhlen in Österreich

Die Jack-Daniel’s-Höhle gehöre zu den längsten Höhlen in Österreich, sagte Johannes Mattes vom Verband Österreichischer Höhlenforscher (VÖH). Der Eingang zur Höhle befindet sich nordöstlich des Bleikogels auf einer Seehöhe von 2.120 Metern. Der Einstiegsteil verläuft schachtartig rund 300 Meter in die Tiefe, erläuterte der Salzburger Höhlenforscher Walter Klappacher. Forscher aus Polen würden sich seit mehreren Jahren mit der Höhle beschäftigen. In der Höhle herrscht eine Temperatur von drei bis vier Grad Celsius, das Wichtigste sei daher die Wärme und medizinische Versorgung.

Grafik zur Lokalisierung der Jack Daniels Höhle im Salzburger Tennengebirge

APA

Die Jack-Daniel’s-Höhle hat eine Länge von etwa zehn Kilometern und ist rund 800 Meter tief

Arzt entscheidet über Start der Bergung

Wann mit der eigentlichen Bergung, die mit einer Trage durchgeführt werden soll, begonnen werden kann, werde der Arzt entscheiden, betont Gernot Salzmann von der Salzburger Höhlenrettung. Auf jeden Fall ist bereits klar, dass für den Transport der Trage zumindest an einer Stelle die Höhle mechanisch erweitert werden muss, und zwar in rund 60 Metern Tiefe. Das werde mit Akkubohrern, Hämmern und Meißeln erfolgen.

Telefonleitung verlegt

Um die Kommunikation zu verbessern, wurde außerdem noch eine Telefonleitung verlegt. Salzmann schätzt, dass in Summe rund zwei Tonnen Material für den Hilfseinsatz nötig sein werden. Neben den Fixseilen werden weitere Seile benötigt, weiters unter anderem Karabiner, die Trage und Medikamente. Als Stützpunkt dient die Laufener Hütte, die rund eineinhalb Gehstunden vom Höhlenausgang entfernt liegt. Hier können sich die Helfer auch aufwärmen. Beim Einstieg selbst wurde ein kleines Biwak aufgestellt.

Gadermayr beschrieb die Jack-Daniel’s-Höhle als „keine einfache Höhle“. Es gebe zwar keine extreme Gefahr durch Steinschlag oder Wasser, „aber sie ist nicht zu unterschätzen, man muss sich jeden Zentimeter erkämpfen“.

Von der nächsten Hütte in zwei Stunden zu erreichen

Von der nächsten Hütte ist die Höhle in etwa zwei Stunden zu erreichen. Am Freitag sei auf dieser Höhe allerdings Schneefall möglich. Die Höhle gilt aufgrund ihrer senkrechten Schächte als „Wasserschlinger“.

Nach dem schachtartigen Einstieg mit waagrechten Zwischenstufen gabelt sich die Höhle in etwa 200 Metern Tiefe. Der Ostteil setzt sich als trockener Canyon bis in 615 Meter Tiefe fort und endet in einer unpassierbaren Spalte. Der Südteil führt in einem breiten Gang zunächst auf eine Verzweigung in 240 Metern Tiefe zu mehreren weiter nach unten führenden Schächten. In 260 bis 380 Metern Tiefe befinden sich dort sogenannte Karkonoskie-Teile.

Beispiellose Rettungsaktion vor zwei Monaten

Erst am 8. Juni war ein Forscher in der bei Berchtesgaden gelegenen Riesending-Schachthöhle verunglückt. Bei einem Steinschlag hatte er ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten. In einer beispiellosen Aktion war er gerettet worden. Nach 274 Stunden zogen ihn Helfer am 19. Juni ans Tageslicht. Mehr als 700 Menschen waren an der Aktion beteiligt, darunter auch Höhlenretter aus Österreich.

Viele der Hilfskräfte, die nun den polnischen Forscher bergen wollen, standen zuletzt schon bei der Bergungsaktion im Untersberg im Einsatz. „Es gibt viele bekannte Gesichter hier“, sagte Seidl. Er geht davon aus, dass die Bergung des Forschers frühestens um Mitternacht beginnen kann.

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