Cannabis: Haft nach Schmerztherapie

Weil er zwei Geldstrafen von insgesamt 600 Euro nicht bezahlen konnte und wollte, musste Freitag ein 55-jähriger Invaliditätspensionist eine achttägige Ersatzfreiheitsstrafe antreten. Der Mann hatte Cannabis angebaut, um mit Hilfe des Hanfes im Tee oder Joint seine Schmerzen zu lindern.

2008 hatte der Mann begonnen, zur Eigentherapie Cannabis anzubauen. Dadurch geriet er mit dem Gesetz in Konflikt. Der Lkw-Fahrer aus Henndorf am Wallersee verletzte sich im Jahr 2004 bei der Arbeit am Fuß. Was zunächst wie eine Verstauchung aussah, entpuppte sich später als schwerer Knorpel- und Bänderschaden. Es folgten drei Operationen und lange Spitalaufenthalte. Schließlich wurde der Mann in die Invaliditätspension geschickt.

Cannabis statt Morphium

Gegen die starken Schmerzen bekam er Morphium verschrieben. Fast fünf Jahre lang nahm er das Mittel. „Dabei habe ich es überhaupt nicht vertragen. Ich war ständig fertig. Und ich habe mich überhaupt nicht mehr konzentrieren können.“ Zugleich rutschten seine medizinischen Werte in den Keller.

2008 entschloss sich der Pensionist, Cannabis anzubauen. Er informierte sich im Internet, kaufte Pflanzen, Lampen und Ventilatoren. Nach der ersten Ernte im Jahr 2009 begann er verschiedene Sorten zu züchten. „Wegen der Gewöhnung brauchte ich alle Monate Abwechslung. Mir war klar, dass das verboten ist. Aber es hat mir geholfen.“

Ausschließlich für Eigenbedarf angebaut

Die Drogen habe er ausschließlich für den Eigenbedarf gezogen: „Ich war froh, keine Schmerzen mehr gehabt mehr zu haben.“ Sogar sein Arzt sei informiert gewesen: „Der hat gesagt, alles ist besser als Morphium.“

Je nach Jahreszeit konsumierte der Flachgauer drei bis fünf Gramm täglich - und dokumentierte seine Therapie penibel mit. Das Kraut - meist als Sud für Tee, manchmal auch geraucht - zeigte Wirkung: Die schlechten Werte verbesserten sich, die Verspannungen im Fuß lösten sich rascher, Entzündungen heilten schneller. Bis die Polizei Wind von der Sache bekam.

Keine Gnade bei Ermittlern?

Mehrfach schnitten die Beamten in der Folge die Pflanzen nieder. Im Jahr 2012 wurden bei dem Mann 71 Cannabispflanzen sichergestellt, ein Jahr darauf kam es zur Verhandlung. Der Richter zeigte damals Verständnis und stelle das Verfahren vorläufig ein - auf eine Probezeit von zwei Jahren. Allerdings leiteten die Behörden ein Führerscheinentzugsverfahren ein, der Pensionist musste zur verkehrspsychologischen Schulung und zum Reaktionstest: „Ich konnte das nur schwer bezahlen, ein langer Rechtsstreit mit der Unfallversicherung, ob mir eine Invalidenrente zusteht, hat mein ganzes Geld verbraucht.“

Schmerzpatient kann Behördenkosten nicht zahlen

Als erneut zwei Zahlungsaufforderungen eintrudelten - offenbar Gerichtskosten und eine Verwaltungsstrafe als Folge der Drogengeschichte - entschloss sich der Pensionist, die Strafe nicht zu zahlen, sondern 196 Stunden im Gefängnis abzusitzen, sagte seine Lebensgefährtin zur APA. „Er ist am Vormittag von der Polizei abgeholt worden.“ Die Behörde wollte zu den offenen Strafen mit Hinweis auf den Datenschutz keine Angaben machen.

Ratloser Patient: Wie geht es weiter?

Der letzte Kontakt mit den Strafbehörden wird das freilich nicht sein. Weil ihm ein von der Krankenkasse bezahltes Ersatzmedikament nur bedingt geholfen habe, baute er in seinem Schlafzimmer weiter Cannabis an. Im Frühjahr stellte die Polizei erneut 50 Pflanzen sicher, ein neues Verfahren droht. Seit März habe er aber keine Pflanzen mehr im Haus, versicherte der Mann.

Damals gründete er in Salzburg Österreichs ersten „Cannabis Social Club“, ein eingetragener Verein, der sich für die Freigabe von Cannabis als Heilpflanze einsetzt. „Und es geht ja nicht, dass der Verein mit Drogendelikten in Verbindung gebracht wird.“

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