Pop-Album zu Ehren von Bad Gastein

Der Berliner Schauspieler und Experimentalmusiker Friedrich Liechtenstein publiziert kommenden Freitag in Bad Gastein (Pongau) sein neues Album „Bad Gastein“ - eine Hommage an den Kurort in den Hohen Tauern, wo das sommerliche Kunstfestival läuft.

Liechtenstein arbeitet zurzeit an einer Art künstlerischer Selbstbefreiung: Am Freitag (25. Juli) erscheint sein Album „Bad Gastein“ - vorerst nur als Download. Die Präsentation läuft im Rahmen des sommerlichen Bad Gasteiner Festivals „sommer.frische.kunst“, bei dem acht junge Künstler ihre Werke demnächst vorstellen.

Die neue Platte Liechtensteins verströmt eine analoge Aura aus Zeiten der Musikkassette. Schon allein wegen des Videos zur fantastischen Vorab-Single „Belgique Belgique“: Als Hi8-Aufnahme erinnert der Clip stilistisch an das osteuropäische Kino der späten 1980er Jahre. Es gibt wohl keinen größeren Antipunkt zur „Supergeil“-Einfachheit - einer früheren und sehr erfolgreichen Produktion Liechensteins, schreibt die Deutsche Presse Agentur (dpa).

Friedrich Liechtenstein

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Liechtenstein im Zentrum von Bad Gastein - auf einem Foto des jungen Gasteiner Fotokünstlers Max Steinbauer. Am Samstag, 26. Juli, präsentiert er ab 19.00 Uhr im Foyer des Grand Hotel de l´Europe in Bad Gastein die Songs aus seinem neuen Konzeptalbum „Bad Gastein“

Eremit in Berlin

Der ausgebildete Puppenspieler lebt als selbstbetitelter „Eremit“ in Berlin Mitte - im Dunstkreis von Kunstgalerien und der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Der perfekte Platz für einen Flaneur und Mann von Welt wie Liechtenstein. Sein Debütalbum „Please Have a Look from Above“ liegt ein Jahrzehnt zurück. Damals war er 48. Er ist viel auf der Bühne unterwegs - „so Theater auf der Schwelle zur Skulptur“, hat er vor kurzem in einem Interview gesagt.

Nun also „Bad Gastein“. In den Radonquellen des österreichischen Kurortes haben sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts die gekrönten Häupter Europas erholt: Kaiser Franz Josef und seine Frau Sissi, Kaiser Wilhelm I. oder der russische Zar. Diplomaten betrieben auf tausend Metern Höhe Weltpolitik. Die Hautevolee der Jahrhundertwende machte das Heilbad in den Hohen Tauern zum „Monaco der Alpen“.

Gastein lebt vom alten Mythos

Das Nobel-Image Gasteins hat sich aber inzwischen geändert: Politiker tagen mittlerweile im schweizerischen Davos, und die High Society lässt es sich lieber an der Cote d’Azur oder in der Karibik gut gehen. Bad Gastein lebt fast nur noch vom Mythos seiner Vergangenheit. Die Jugendstil-Hotels versprühen zwar auch heute noch den Charme der Belle Epoque, nur die Grandezza ist verblichen. Am Samstag wird Liechtenstein diese ein wenig aufleben lassen, wenn er das Album im Rahmen des Festivals „sommer.frische.kunst“ präsentiert.

Das Album „Bad Gastein“

beginnt als Märchenidylle: Eine betörende italienische Frauenstimme erzählt - untermalt von Streichern und Synthesizern - eine fiktive Entdeckungsgeschichte des Heilbades. Zwei Weise leben zurückgezogen und gottgefällig an den Quellen, bis ein Ritter kommt und die Kraft des Wassers allen Menschen zugänglich machen will. Nach diesem Romantik-Prolog beginnt ein Dance-Album der außergewöhnlichen Art. „Goldberg & Hirsch“ ist trashiger Italopop und Avantgarde in einem: Liechtensteins raue Stimme erinnert an die Electro-Pioniere von Yello; und dennoch haben die Produzenten keine Scheu, ein Sample von Al Bano und Romina Power hineinzupfriemeln.

Musik der unerfüllten Sehnsüchte

„Elevator Girl“ ist ein Synthie-Popsong voller Coolness. Für das etwas schmalzige „Kommissar d’Amour“ kramt Liechtenstein seine heißesten Verführungskünste heraus - wird schlussendlich aber nicht belohnt. „Wir sind auf dieser Welt, um die falschen Frauen zu lieben“, heißt es in „Das Badeschloss“ einmal. „Bad Gastein“ ist also ein Album der unerfüllten Sehnsüchte.

Liechtenstein konnte sicherlich nicht ahnen, dass um seine Kreation „supergeil“ ein Hype gemacht wird, als habe er ein neues Wort für den Duden erfunden. „Der nächste Job ist, das wieder los zu werden“, hat er schon im Frühjahr gesagt. „Wär schon schön, wenn noch etwas anderes kommt als ‚Sag mal supergeil!‘“ Könnte klappen - dank „Bad Gastein“.

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