Nachbarschaftskonflikte häufen sich

Rund 250 Nachbarschaftsstreitigkeiten sind im vergangenen Jahr bei den acht Salzburger Bezirksgerichten eingegangen - und das, obwohl das Gesetz einen Schlichtungsversuch, zum Beispiel in Form einer Mediation, vorsieht.

Der wohl bekannteste Salzburger Nachbarschaftsstreit, der 1993 weit über die Grenzen hinaus bekanntwurde, ist der des pfeifenden Bauern aus Anif. Der damalige Landwirt Josef Vötterl brachte durch das ständige Pfeifen des Schneewalzers seine Nachbarn zur Weißglut. Sogar eine offizielle Lärmmessung wurde damals angedacht. Letztlich kam es aber zu keinem Behördenverfahren gegen den Landwirt.

Nachbarschaftsstreitigkeiten

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Die Nachbarn starteten sogar eine Unterschriftenaktion gegen den pfeifenden Bauern aus Anif

Ehepaar klagte wegen Kinderlärms

Für großes Aufsehen sorgte im Jahr 2003 die Klage eines Ärzteehepaares gegen einen englischen Kindergarten in Salzburg-Aigen. Der Grund: Lärmbelästigung durch spielende Kinder. Hier kam es tatsächlich zu einer Lärmmessung. Nach fünf Jahren Rechtsstreit nahmen die Ärzte ihre Klage zurück und zogen weg.

Zwei Fälle aus der jüngeren Vergangenheit, bei denen es um umgesägte Bäume ging, landeten vor Gericht. In Oberalm sägte ein Unbekannter im Garten eines Ehepaares 18 Fichten in Höhe des Zaunes an. Durch starken Wind stürzten sechs der rund 40 Jahre alten Fichten um. Verletzt wurde dabei niemand. Der angeklagte Sohn des Nachbarn beteuerte vor Gericht seine Unschuld.

Angesägte Fichte

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Durch den starken Wind sind einige der angesägten Fichten umgefallen. Die Familie war zu diesem Zeitpunkt auf Urlaub.

In Hallwang wurde im Vorjahr ebenfalls um Fichten gestritten. Ein Mann sägte nach dem Tod seines Nachbarn dessen Fichten um. Er bezog sich dabei auf eine mündliche Erlaubnis, die ihm sein Nachbar vor dessen Tod gegeben haben soll. Die Erben glaubten dem Mann nicht und zogen wegen Sachbeschädigung vor Gericht. Ein Urteil steht noch aus.

Kampfzone Grundstücksgrenze

Für Franz Mittermayr vom Salzburger Bezirksgericht sind solche Fälle schon echte Klassiker: „Alle Dinge, die an der Grundstücksgrenze stattfinden, enthalten großes Konfliktpotenzial - überragende Bäume oder Schneeablagerungen zum Beispiel. Es gibt aber natürlich auch Ausreißer wie ein quietschendes Gartentor, Steine, die im Weg liegen, oder falsch geparkte Autos.“

Die Fälle häufen sich also am Bezirksgericht. Auch in den städtischen Siedlungen gebe es immer öfter Streitereien unter Nachbarn, sagt Christian Reisinger vom Bewohnerservice Maxglan und Taxham: „Man lebt auf engem Raum zusammen und hat natürlich unterschiedliche Wert- und Zielvorstellungen. Jeder hat zum Beispiel ein eigenes Erziehungskonzept bei seinen Kindern. Das geht häufig mit den Vorstellungen von älteren Menschen nicht konform.“

Miteinander reden als Schlüssel zum Erfolg

Der Mediator Gerhard Enner sieht die schnelllebige Zeit als Mitverursacher von Streitigkeiten unter Nachbarn: „Alles muss heutzutage schnell gehen. Richtige Gespräche finden gar nicht mehr statt.“ Die Arbeit des Mediators ist besonders bei Nachbarschaftsstreitigkeiten sehr schwierig: „Wir versuchen zunächst im Einzelgespräch die beiden Parteien davon zu überzeugen, dass sie miteinander reden müssen. Die Nachbarn müssen ja in der Regel Nachbarn bleiben, und deshalb ist eine gemeinsam erarbeitete Lösung oft besser als ein Gerichtsurteil.“

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