Kürzere Arbeitszeit: Woher Mediziner nehmen?

Die Maximal-Arbeitszeit für Spitalsärzte soll von 72 auf 48 Stunden sinken - wodurch mehr Mediziner für die Krankenhäuser notwendig werden. Doch woher sollen diese kommen? Aus dem deutschsprachigen Raum wohl kaum, sagen Fachleute.

Als Arzt kann man im Spital nur dann gut verdienen, wenn man 72 Stunden pro Woche oder noch mehr arbeitet. Gerade viele junge Ärzte im Spital machen das und melden sich freiwillig, um ihr Gehalt aufzustocken: „Es ist bei uns gelebte Praxis. Die Kollegen wünschen das großteils“, weiß Rudolph Pointner, ärztlicher Direktor im Krankenhaus Zell am See (Pinzgau). „Die, die weniger arbeiten wollen, können natürlich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten genauso weniger arbeiten. Das steht jedem Mitarbeiter frei.“

Doch genau diese Praxis will die EU abstellen und drängt auf 48 Stunden wöchentliche Maximalarbeitszeit. Die Aufregung bei Politikern und Spitalsmanagern ist deshalb groß.

Bei Gehalt „sind wird europaweit hinten“

Bei einer Beschränkung der Wochenarbeitszeit auf maximal 48 Stunden bräuchte das Krankenhaus Zell am See zwölf Vollzeit-Ärzte mehr. Die Mehrkosten wären mit rund 200.000 Euro nicht so hoch, weil jeder einzelne Arzt durch den Wegfall der lukrative Überstunden und Dienste auch bis zu einem Drittel Verdienst verlieren würde.

Hier kommt die Ärztekammer ins Spiel: Sie kritisiert das geringe Grundgehalt von Jungärzten von monatlich 1.800 Euro netto seit Jahren: „Ich kann Ihnen jetzt keinen genauen Überblick österreichweit sagen. Ich kann Ihnen nur sagen, dass andere Bundesländer hier inzwischen wesentliche Maßnahmen gesetzt haben“, sagt der Salzburger Ärztekammerpräsident Karl Forstner. „Europaweit - wenn wir das mit Ländern wie England, Deutschland, der Schweiz vergleichen - sind wir deutlich hinten.“

Ärzte bei Visite im Krankenhaus

ORF

Wenn Ärzte im Spital kürzer arbeiten sollen, gäbe es nicht sofort zusätzliche Mediziner am Arbeitsmarkt

Zusätzliche Ärzte „irgendwo von auswärts“?

In den Salzburger Landeskliniken würde die Beschränkung der Wochenarbeitszeit die Anstellung von weiteren 57 Ärzte notwendig machen - mit Mehrkosten von vier Millionen Euro.

Die Frage ist aber, ob diese vielen Ärzte auf dem Arbeitsmarkt auf einen Schlag überhaupt verfügbar sind. Pointner glaubt das nicht: „Das kann ich mir nur schwer vorstellen - zumindest nicht im deutschsprachigen Rahmen. Wir müssten danach trachten, irgendwo von auswärts mehr Mediziner zu bekommen.“

Weniger Übung für angehende Chirurgen

Neben dem zusätzlichen Personal gibt es noch einen weiteren Aspekt - und der betrifft die Ausbildung der jungen Mediziner: „In anderen Berufen gibt es eine Mindeststundenanzahl zum Beispiel von Praktika“, sagt Landeskliniken-Geschäftsführer Paul Sungler. „Aber natürlich ist die Qualität der Ausbildung vor allem in den Akutsituationen - und die fallen halt eher in den Nachmittags- und Abendstunden an - viel besser, wenn man viel im Spital ist. Übung macht den Meister.“

Der Zeller Primar Pointner sieht das ähnlich: „Gerade in Fächern, wo auch handwerkliches Können gefragt ist, ist dieses in 48 Stunden in der Woche kaum machbar. Ein Mediziner in der Ausbildung zum Chirurgen würde damit mit Sicherheit zehn bis 15 Jahre brauchen, um diese Expertise zu bekommen.“

Land spart weiter bei Spitälern: Zusammenlegungen

Und ein weiterer Punkt ist die Finanzierung: Schon jetzt sind die Kosten für die Spitäler einer der ganz großen Brocken im Budget des Landes Salzburg. Deshalb wurde und wird hier der Rotstift angesetzt: „Es wird sicherlich so sein, dass wir nicht mehr in jedem Krankenhaus alles anbieten können“, betont Gesundheits- und Finanzreferent Christian Stöckl (ÖVP). „Wir werden uns spezialisieren müssen einerseits - aber zumindest es so organisieren müssen, dass besonders in den peripheren Krankenhäusern die Grundversorgung der Bevölkerung sichergestellt ist, dass die Krankenhäuser überleben können. Das wird nur funktionieren, wenn wir uns ganz eng mit den größeren Krankenhäusern zusammenschließen.“

„Es wird sicher eine Konzentration von Leistungen auf verschiedene Krankenhäuser geben müssen“, gibt sich auch der Zeller Primar Pointner realistisch. „Es wird sicher so sein, dass nicht in jedem Haus alles in gleichem Maße angeboten werden wird können. Es muss aber so sein - und darauf müssen wir Augenmerk legen -, dass die Patienten in einer entsprechenden Zeit, in einer entsprechenden Entfernung ein für sie akzeptables Haus finden.“

Engere Abstimmung notwendig

In den Salzburger Gebirgsgauen - Pinzgau, Pongau und Lungau - sei das mit den vier bestehenden Krankenhäusern Mittersill, Zell am See, Schwarzach und Tamsweg machbar, ist der ärztliche Direktor von Zell überzeugt. Auch bei einer Höchstarbeitszeit von 48 Stunden sei der Betrieb machbar, sagt Pointner: „Wir werden mit den anderen Häusern absprechen müssen, wie das in der Zusammenarbeit funktionieren wird.“

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