Immer mehr orientierungslos

Eine immer stärkere Orientierungslosigkeit der Bevölkerung sieht der Politikwissenschafter Werner Weidenfeld. Bei einer Diskussion im ORF Salzburg sagt er, 70 Prozent würden wichtige Zusammenhänge in öffentlichem Leben und Politik nicht mehr verstehen.

Wegen der Informationsflut im digitalen Zeitalter seien künftig Orientierung und Orientierungswissen viel stärker gefragt als bisher, betonte der deutsche Politikwissenschafter Werner Weidenfeld bei dieser Debatte im großen Publikumsstudio des ORF in Salzburg:

„Was hat der Syrienkonflikt damit zu tun, dass hier bei uns im Raum die Lampen noch brennen. Ich muss mir das alles erklären können. Wenn ich aber nur die Debatte führe, ob dieser Strom, den wir hier verbrauchen, drei oder mehr Euro weniger kostet, dann habe ich diesen Zusammenhang überhaupt nicht. Die Menschen brauchen mehr Orientierungswissen.“

Junger Mann sitzt vor Computer

Fotolia/lassedesignen

Internet, Mobilfunk, unzählige Kanäle in Medien und moderne Massenkommunikation bei Tag und Nacht und (fast) überall bieten eine Informationsflut, wie es sie nie zuvor gab. Was wichtig ist, was nicht - diese Einschätzungen fallen immer mehr Menschen sehr schwer

„Nichtwähler nicht gleich verdammen“

Der Soziologe Armin Nassehi von der Universität München relativiert die so genannte Politikverdrossenheit. Man könne doch auch einmal sagen, dass 75 Prozent der Bevölkerung zu Wahlen gehen. Man solle nicht immer darüber jammern, dass 25 Prozent die Teilnahme verweigern.

Außerdem seien Nichtwähler nicht gleich Nichtwähler, betont Nassehi: „Die Nichtwähler sind in Deutschland keine stillen Leute mehr. Es gibt dezidierte Nichtwähler, die das offen sagen, dass sie nicht wählen.“

Leute wichtig, die erklären können

In einem Punkt waren sich alle Experten bei dieser Debatte einig. Es wird eine noch stärkere Verschiebung der Macht zu denen geben, die Fakten und Zusammenhänge in einer immer komplizierteren Welt einordnen und erklären können.