Finanzskandal: Täglich neue Löcher

Bei der Untersuchung der Buchhaltung des Landes tauchen ständig neue Löcher auf. So könnte der Verbleib von sogar 700 Millionen Euro unklar sein. Das Geld stammte aus den Mitteln, die das Land bei der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) aufnahm.

Wo sind die Steuermillionen? Harald Kutschera und seine Mitarbeiter durchforsten in der Finanzabteilung des Landes tagein, tagaus endlose Listen. Diese Listen zeigen alle Geschäfte des Landes - mit bekannten Investmentbanken genauso wie mit Gemeinden.

Erst am Mittwoch stieß Kutschera so durch Zufall auf eine bisher unbekannte Veranlagung, deren Wert noch nicht feststeht: „Wir sind dadurch draufgekommen, weil uns eine Bank die Fälligkeit eines Wertpapiers gemeldet hat. Und da haben wir gesehen, dass wir diese Aufzeichnungen nicht haben“, sagt Kutschera. Ob das bisher unbekannte Geschäft im Minus oder Plus ist, muss erst analysiert werden.

Es könnten auch 700 Millionen gesucht sein

Es tun sich täglich noch mehr Baustellen auf: Das Büro von Nochfinanzreferent David Brenner (SPÖ) bestätigte am Mittwoch, dass vom Kredit des Landes bei der OeBFA noch viel mehr fehlen könnte. Am Dienstag hieß es noch, dass 445 Millionen Euro gesucht würden. Am Mittwoch sagte ein Sprecher, es könnten auch 700 Millionen Euro sein.

Wirklich sicher ist in der Budgetabteilung derzeit aber fast nichts - die Suche geht weiter.

Prüfer zwischen Aktenregalen in der Finanzabteilung des Landes

ORF

Die Kontrolleure müssen die Aktenberge durchsehen

Verluste „gar nicht so schlimm“, keine Übersicht

Und zumindest die Suche von Harald Kutschera wird bis Mitte Jänner dauern. Weil die Spekulationsverluste von 340 Millionen Euro nur eine Vermutung sind, gibt er sich optimistisch: „Die Sache ist aus meiner Sicht bei Weitem gar nicht so schlimm, wie sie dargestellt wird. Es geht hier nicht um Verluste, sondern es geht um eine fiktive Zahl, die genannt wurde. Und diese Zahl ist zu überprüfen. Es gibt keine Gesamtaufstellung der Positionen. Es sind alle Positionen in Hunderten von Excel-Sheets angeführt. Aber es gibt keine Gesamtaufstellung.“

Zudem haben die Prüfer „Positionen gefunden, die in Excel-Sheets nicht dargestellt sind. Und um eine absolute, hundertprozentige Sicherheit zu haben, dass wir jetzt wirklich alle Positionen haben, müssen wir jetzt sehr, sehr viele Banken anschreiben und diese ersuchen, uns diese Positionen zu nennen.“

Prüfer arbeitete früher für Bank

Harald Kutschera arbeitete früher für eine Bank, die mit dem Land auch Spekulationsgeschäfte machte. Dass er jetzt die Seiten wechselte und die Gebarung überprüft, sieht er nicht als Unvereinbarkeit: „Das würde ich auf gar keinen Fall sehen. Diese Geschäfte, die ich bei meinem vorherigen Arbeitgeber mit dem Land abgeschlossen habe, wurden erst abgeschlossen, nachdem sie intern sehr intensiv geprüft wurden. Ich wurde hier beim Land ab 1. Oktober angestellt, weil man einen Finanzexperten gesucht hat.“

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Rechnungshof-Prüfer seit Mittwoch in Salzburg

Mittwochnachmittag trafen auch die Kontrolleure des Rechnungshofs (RH) zu einem ersten Gespräch mit dem Leiter der Finanzabteilung, Eduard Paulus, zusammen. Sie sollen sich das interne Kontrollsystem des Landes beim Abschluss von Finanzgeschäften anschauen, ebenso wie die Verträge und Geschäftsbeziehungen mit den in die Derivatgeschäfte involvierten Banken. Auch das Rechnungswesen rund um die Derivatgeschäfte ist unter der Lupe der Prüfer. Zudem soll der RH die mittelfristigen Risiken erheben. Erste Ergebnisse dazu könnte es im März geben.

Auch die Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA) rechnet damit, in Kürze zur Prüfung „aktiviert“ zu werden. Ein entsprechendes Hilfsansuchen des Landes ging am Dienstag im Finanzministerium in Wien ein - dieses muss dann die OeBFA einschalten.

Externe Experten beigezogen

Am Donnerstag soll sich auch eine Koordinierungsgruppe des Landtags-Finanzüberwachungsausschusses mit RH-Präsident Josef Moser und externen Experten zusammensetzen - etwa der Wiener Wertpapierfirma Ithuba Capital. Auch die Landesregierung bespricht am Donnerstag die aktuelle Lage.

Der Finanzüberwachungsausschuss wurde ja vor einer Woche vom Landtag eingesetzt, um alle Geschäfte des Landesfinanzressorts und der Finanzabteilung zu überwachen. Außerdem muss Nochfinanzreferent David Brenner (SPÖ) bis zum 16. Jänner einen ersten Lagebericht mit Vorschlägen zur weiteren Vorgehensweise liefern. Bis zum 23. Jänner soll dann klar sein, ob der Landtag ein Budget für 2013 beschließen kann. Im Finanzüberwachungsausschuss hat die FPÖ-Abgeordnete Rosemarie Blattl den Vorsitz, Stellvertreter ist der Grüne Cyriak Schwaighofer. Dazu kommen noch je vier Landtagsabgeordnete von ÖVP und SPÖ.

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