Immer öfter Abrutschen in die Armut

Stark gestiegene Kosten für Wohnen, Energie und für Nahrungsmittel lassen Menschen aus der unteren Mittelschicht immer öfter in die Armut abrutschen. Das beobachten die Österreichischen Armutskonferenz und die Schuldenberatung.

Ungefähr jeder 20. Österreicher ist von Armut betroffen. Exakt 511.000 Menschen haben weniger als 1.000 Euro Einkommen monatlich zur Verfügung und leben in bedrückenden Verhältnissen. In diese Lage geraten immer Menschen aus der unteren Mittelschicht, die monatlich ungefähr 1.500 Euro verdienen, aber keine Reserven haben.

„Immer mehr Menschen, wo nichts passieren darf“

„Wenn da jetzt was passiert - Arbeitslosigkeit, Krise, Krankheit, Burn-out, dann ist man relativ schnell unten“, sagt Martin Schenk, Sozialexperte der Diakonie und Mitglied der Armutskonferenz. „Und das ist neu, dass es Abstiegsbiographien der unteren Mittelschichten gibt. Es gibt immer mehr Menschen, die nach außen relativ gesichert scheinen, aber wo eben nichts passieren darf, wo’s keine Reserven gibt, wo - wenn jemand Hilfe braucht - es niemanden gibt, der eingreift. Das sind die, die in den Sozialberatungsstellen am meisten sind, in der Schuldenberatung, bei der Mindestsicherung. Das sind Menschen wie du und ich.“

Die Armutskonferenz fordert mehr Armutsvorbeugung zum Beispiel durch Frühförderung im Kindergarten, mehr Bildungsangebote oder Unterstützung bei der Pflege, ergänzt Schenk: „Diese Dienstleistungen wirken am stärksten, um Leute wieder aus der Armut herauszuholen. Das sind die stärksten Brücken zurück in ein ‚normales‘ Leben.“ Und es gehe darum: „Wie kann leistbares Wohnen ausschauen? Wie kann in der Mindestsicherung dieser Bereich des Wohnens besser gestaltet werden? Da gibt’s noch keine allzu guten Regelungen.“

Einkommen reicht immer öfter nicht

Auch die Salzburger Schuldenberatung beobachtet diese Entwicklung: Vor 20 Jahren waren drei Viertel der Klienten bei den Beratern arbeitslos. Die Beratung war quasi eine Sozialeinrichtung für Wohnungslose und chronisch Kranke. Das hat sich inzwischen komplett geändert: Jetzt haben drei Viertel der Klienten einen Job.

Aber das verdiente Geld reicht wegen steigender Wohnkosten, nach Scheidungen, Krankheit oder wegen Kreditrückzahlungen immer öfter nicht zum Leben.

Immer mehr Klienten mit Einkommen über 1.500 Euro

„Wir haben in der Zwischenzeit circa 17.000 Klienten - und jedes Jahr kommen 1.000 dazu. Und da sehen wir, dass der Anteil derer, die ganz normal erwerbstätig sind und im Berufsleben stehen, immer größer wird“, beobachtet Peter Niederreiter, Leiter der Schuldenberatung. „Drei Viertel unserer Klienten steht ein Einkommen von weniger als 1.500 Euro zur Verfügung. Ein Viertel der Klienten hat ein Gesamteinkommen von mehr als 1.500 Euro. Dieser Anteil ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen.“

Besonders häufig betroffen sind Zuwanderer sowie Menschen mit geringer Ausbildung, ohne finanzielle Reserven und ohne familiäre Unterstützung.

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