Extremsport im Fokus der Medizin

In den kommenden Tagen werden sich rund 500 Ärzte aus dem deutschsprachigen Raum beim Jahreskongress der Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische Sportmedizin in Salzburg mit dem Thema „Extrem-Sport-Medizin“ befassen.

Extremsportarten wie Freeriden, hartes Sportklettern, Eisklettern oder Mountainbike-Downhill boomen. Doch der berühmte Adrenalinkick kann auch leicht im Krankenhaus enden.

Bergretter bei Felseinsatz für Verletzten (Übung).

Gerald Lehner

Bergrettungsarzt und Bergretter stabilisieren verunglückten Kletterer mit Wirbelsäulenverletzung

Naglich: Banken gefährlicher als Extremsport?

Dass das, was „extrem“ ist, eine Frage der Perspektive ist, unterstrich der Tiroler Extremsportler und Alpinist Axel Naglich am Donnerstag bei einem Pressegespräch: „Für mich persönlich ist einen Kredit aufzunehmen mit mehr Risiko verbunden als einen Berg zu befahren.“ Er sei mit dem Skifahren und dem Berggehen aufgewachsen. Dinge, die für ihn „100 Prozent safe“ seien, wären für andere extreme Herausforderungen, erklärte Naglich, der unter anderem durch seine Abfahrt vom Mount St. Elias bekannt geworden ist.

Er tue das, was ihm Spaß mache. „Da setze ich mir Ziele, die ich erreichen will. Das ist meine Motivation.“ Um den Adrenalinkick gehe es ihm nicht.

Neue Airbags für Extremsportler

Damit bei Extremsportarten im Fall des Falles möglichst wenig passiert, arbeiten Mediziner und Industrie an neuen Protektoren. Bei dem Kongress werden unter anderem Airbags für Motorradfahrer vorgestellt, die die Kopf, Hals- und Brustwirbelsäule sowie den Brustkorb schützen.

In einem nächsten Schritt könnten diese Airbags für die Brustwirbelsäule auch im Skirennsport eingesetzt werden, berichtete der Wiener Sportarzt Klaus Dann. Ähnlich wie beim Lawinenairbag erwartet Dann, dass diese Protektoren in einigen Jahren auch im Breitensport Verwendung finden könnten.

Protektoren gegen tödliche Verletzungen

Als eine wichtige Innovation bezeichnete Dann Helmkonstruktionen mit Doppelschalen, die sich im Fall eines Aufpralls ineinander verschieben, die Aufprallkräfte verteilen und das Gehirn besser schützen. „Die größte Innovation sind für mich Neckbraces, eine Art Helm für die Wirbelsäule“, sagte Dann.

Diese Neckbraces beugen bei Motorsportlern und Extrem-Mountainbikern Verletzungen der Halswirbelsäule vor. „Drei von vier Verletzungen können vermieden werden“, berichtete der Wiener Mediziner.

Biotechnologie für „Ersatzteile“

In der Biomedizin sieht der Sportorthopäde Stephan Nehrer viele Ansätze, um bei Verletzungen an Knorpeln und Sehnen eine fast vollständige Regeneration zu erreichen. Bisher war der Stand der Medizin, dass verletzte Gelenkknorpel nicht mehr vollständig heilen.

Große Erfolge gebe es mit biotechnologisch hergestellten Knorpelzellen, die implantiert werden, erklärte Nehrer. Studien zeigten, dass damit 90 bis 95 Prozent der Gelenksfunktion wieder hergestellt werden könnten. Dafür brauche es aber auch Zeit. „Etwa ein Jahr darf es nach so einer Transplantation keine Spitzenbelastung geben“, sagte Neher.

Heilung von Querschnittlähmungen?

Eine Heilung nach einer Querschnittlähmung durch einen Unfall steht noch in den Sternen. „Trotz 30-jähriger Forschung können wir keine Heilung bewirken“, meinte Ludwig Aigner von der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität in Salzburg. Doch es gebe einige vielversprechende Ansätze.

Er berichtete von einem Tierversuch in Lausanne, bei dem es durch Medikamente gelungen sei, querschnittgelähmte Ratten wieder zum Laufen zu bringen. Es gebe im Rückenmark Schaltkreise, die losgelöst vom Gehirn funktionierten. Diese könnten mit Medikamenten angesteuert werden, erklärte Aigner.