Rottweiler-Attacke: Trainerin belastet Angeklagten

Im Prozess wegen der Rottweiler-Attacke gegen die vierjährige Amelie in Wals-Siezenheim (Flachgau) sagte am Freitag eine Hundetrainerin als Zeugin aus und bezeichnete den Angeklagten als „schwachen Hundeführer“.

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APA/dpa/Bernd Thissen

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Jener Hundehalter, dessen Rottweiler „Avego“ im Vorjahr die vierjährige Amelie in Wals-Siezenheim angefallen und schwer verletzt hat, steht jetzt in Salzburg wegen fahrlässiger Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen vor Gericht. Beim Prozess am Freitag sagte eine Hundetrainerin aus.

„Ich habe ihm nahegelegt, dass er auf seinen Hund verzichten soll. Er konnte sich aber nicht von ihm trennen“, sagte die 49-jährige professionelle Hundebetreuerin aus dem Flachgau.

Hundetrainerin: „Man unterschätzt Rottweiler“

Rottweiler Avego, der im Mai vergangenen Jahres die Vierjährige in Wals-Siezenheim schwer verletzt hat, hatte bereits im Jahr 2009 eine Frau gebissen. Danach übergab der Salzburger seinen „Avego“ für drei Monate in die Obhut der Hundetrainerin.

Ein genetisches Aggressionsproblem habe sie bei dem Rottweiler nicht festgestellt, sagte die Trainerin vor Gericht: „Er war aber von der Unterordnung her nicht gehorsam. Ich bin eine beinharte Hundeführerin, ich hatte kein Problem mit ihm, er war ein absolut führbarer Rottweiler. Aber man unterschätzt die Gefährlichkeit dieser Hunde. Die Verwahrung stimmt meistens nicht. Das ist ein großes Problem.“

Zaun übersprungen, Kind attackiert

Rottweiler Avego war am 6. Mai 2011 über einen 1,20 Meter hohen Zaun gesprungen und durch eine rund 1,60 Meter hohe Hecke geschlüpft. So gelangte der dreijährige Rüde in den Garten der Nachbarn. Er stürzte sich auf die kleine Amelie, die dort mit ihrem Bruder spielte, und biss ihr einen etwa fünf Mal zwanzig Zentimeter großen Hautlappen vom Kopf.

Das heruntergerissene Hautteil heilte nur zum Teil an, Amelie wurde bisher an die 30 Mal operiert. Die Staatsanwaltschaft wirft jetzt dem Hundebesitzer fahrlässige Körperverletzung unter besonders gefährlichen Verhältnissen vor. Der Rottweiler wurde nach dem Vorfall eingeschläfert.

Hundebesitzer hatte Avego nicht im Griff

Laut Staatsanwalt Andreas Winkler hat der Hund schon einmal zugebissen, er war unzureichend verwahrt und in bestimmten Situationen auch aggressiv. Auch die Hundetrainerin war der Ansicht, dass ein 1,20 Meter hoher Zaun kein Hindernis für einen Rottweiler darstelle. „Der springt 1,50 Meter. Und eine Hecke ist kein Zaun“, betonte sie. Notwendig wäre ein 2,20 bis 2,40 Meter hoher Zaun, der 20 Zentimeter tief in den Boden ragt, damit der Hund auch kein Loch graben könne.

„Avego ist ein Arbeitshund gewesen, der immer was zu tun haben wollte. Der Hundebesitzer war zu gut. Ein Rottweiler verlangt einem etwas ab. Der Mann hat ihn schwer unterschätzt, sich nicht von ihm trennen wollen. Wenn er das gemacht hätte, wären wir jetzt nicht hier“, meinte die Trainerin. Auf ihren Rat hin habe der Salzburger mit Avego einen Abrichtekurs besucht. Er habe sich bemüht, so die Hundetrainerin. Später habe sie dann die beiden aus den Augen verloren.

Eine erfahrene Tierärztin, die zwei Tage nach Absolvierung des drei Monate langen Trainings eine „Wesensbeurteilung“ des Hundes für die Gemeinde durchführte, stellte bei Avego „keine Anzeichen einer Aggression und auch keine Auffälligkeiten“ fest, wie sie Freitag im Zeugenstand erklärte.

Nachbar belastet Beschuldigten

Belastend für den Angeklagten war die Aussage des Nachbarn, auf dessen Grundstück die Bissattacke im Mai stattfand. Der Hund sei zuvor schon mehrmals an jener Stelle über den Zaun und durch die Hecke gesprungen, schilderte der 67-jährige Pensionist. Auf sein Ersuchen, er möge doch den Zaun erhöhen, habe die Lebensgefährtin des Beschuldigten gemeint, dass sei zu teuer.

Eine Zeit lang habe der Hundehalter ein Gitter vor „das Loch“ gestellt, dieses aber nach dem Aufenthalt bei der Trainerin wieder entfernt. „Er hat gesagt, der Hund folgt jetzt“, erklärte der Pensionist.

Die beiden Kinder waren regelmäßig von einem anderen, angrenzenden Grundstück in seinen Garten gekommen, um dort zu spielen. Nachdem Avego auf Amelie gestürzt war, habe der Angeklagte den Hund mit Körpergewalt von dem Kind weggerissen. „Meines Erachtens war das die einzige Chance, eine Lebensrettungsaktion. Auf ‚Aus‘ hat der Hund meiner Wahrnehmung nach nicht reagiert“, widersprach der Pensionist den Angaben des Hundehalters.

Einzäunung ausreichend?

Der Prozess wurde vertagt, weil noch eine Zeugin befragt werden soll und der Staatsanwalt einen Lokalaugenschein sowie die Anhörung eines Sachverständigen für Hundehaltung beantragt hat. Es geht um die Frage, ob die Einzäunung ausreichend war.

Der Beschuldigte ließ beim Prozess am Freitag ein Schuldgeständnis durchblicken. „Besonders gefährliche Verhältnisse“ seien seiner Meinung nach aber nicht gegeben.

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