Griechischer Autor beleuchtet Korruption

Die Lage in Griechenland werde immer schwieriger. Viele Jüngere wollen auswandern - nach Australien oder China. Und politische Parteien seien keine Lösung sondern Teil des Problems, sagte der bekannte Autor Petros Markaris bei einer Lesung im Salzburger Literaturhaus.

Petros Markaris

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Markaris

Die Krise in Griechenland beherrscht international die politischen Schlagzeilen. Und sie macht auch dem griechischen Schriftsteller Petros Markaris viel Arbeit, wenn er ins Ausland kommt.

Wo immer er auftritt, geht es derzeit weniger um seine Bücher, sondern mehr um die wirtschaftliche Situation in seiner Heimat. Markaris gibt gern und in bestem Deutsch Auskunft: Schließlich hat er einst in Österreich und Deutschland studiert.

Steuerhinterziehung als riesiges Problem

Er skizziert ein politisches System, in dem sich Privilegierte und Reiche durch Korruption am Staat bereichern, kaum oder keine Steuern zahlen, während Arbeitnehmer und andere Gruppen die Verlierer seien. Das komme auch manchen in Mitteleuropa bekannt vor, wenngleich nicht in dieser Härte wie in Griechenland, hieß es im Publikum.

„Liste der Schande“ eine Lösung?

Der international bekannte Literat beurteilt die aktuelle „Liste der Schande“ der griechischen Regierung zwiespältig. Diese hat die Namen der 4.000 größten Steuersünder ins Internet gestellt. Sie sollen dem Staat insgesamt 15 Milliarden Euro hinterzogen haben. Der Schriftsteller findet es gut, dass solche Leute gebrandmarkt würden: „Es geschieht aber sonst weiter nichts. Die Steuern werden nicht eingetrieben. Das ist das Problem. In einem normal funktionierenden Land bräuchte man so etwas gar nicht.“

Akropolis Athen Griechenland

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Akropolis in Athen

„Arbeitnehmer, Arme sind Opfer“

Markaris sieht die Opfer des aktuellen „Sanierungssystems“ in der griechischen Mittelschicht und in den Armen: „Die zahlen den höchsten Preis, die Reichen sicher nicht. Gerade bei den Arbeitnehmern wird nur noch gekürzt und gekürzt und gekürzt.“

Der Schriftsteller sagt, der absolute Tiefpunkt für sein Land sei noch nicht erreicht: „2012 wird das schwierigste von allen Jahren. Wenn wir das überleben, dann kann man hoffen, dass ab 2013 der Niedergang gestoppt wird. Das griechische Volk bräuchte eine Perspektive. Wir zahlen und zahlen und haben keine Perspektive. Die Erholung wird zwei bis drei Generationen dauern. Das ist fast tödlich.“

„Leute noch verzweifelter als früher“

Der letzte, in deutscher Sprache erschienene Krimi von Markaris hieß „Faule Kredite“. Wie in dieser Story gehe es heute in Griechenland längst nicht mehr zu, sagt der Autor: „Die Leute sind verzweifelter, leben viel armseliger und schlechter. Man spürt die Folgen der Krise mit bloßem Auge. Das sieht man auf den Straßen.“

Immer mehr Menschen haben kein Geld mehr für Miete und Strom, für den Arzt oder die Kreditraten. Die Schuld an der Situation gibt Markaris der Poltik: „Wenn sie in Griechenland leben, dann werden sie merken, dass das politische System etwas von den Bürgern völlig Abgekoppeltes ist.“

Gerhard Rettenegger und Petros Markaris

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Gerhard Rettenegger vom ORF Landesstudio Salzburg mit Petros Markaris.

Nachwuchs flüchtet, viele wandern aus

Es werde in Griechenland auch nicht mehr protestiert, weil niemand mehr an Alternativen oder Lösungen glaube, sagt Markaris.

Junge und gut ausgebildete Menschen wollen nach Australien oder sogar nach China auswandern: „Diese jungen Leute sind die Verlierer von heute. Unsere Generation sind die Verlierer von morgen. Denn unser Land bleibt über die kommenden Jahrzehnte ohne junges Blut. Wer nämlich jetzt weggeht, wird nie mehr zurückkehren.“

Politische Parteien noch zu retten?

Kein Lichtblick am Horizont? Es gäbe einige vernünftige Politiker, sagt Petros Markaris. Doch diese müssten sich von ihren Parteien lösen - hauptsächlich von der sozialdemokratischen PASOK und der konservativen Nea Demokratia. Innerhalb der Parteien hätten Reformer keine Chance.

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