SMS, Comics, Werbung als gute Schule des Lesens

Die schulische Leseförderung sollte stärker mit einfachen Alltagstexten wie SMS, Comics und Werbebroschüren arbeiten, schlägt die Wissenschaftlerin Margit Böck vor. So könne man Kindern und Jugendlichen mehr Lust auf Texte vermitteln.

Kindern wird vorgelesen

ORF

Mit Texten aus praktischen Lebenswelten könne man auch Kinder motivieren, die aus Verhältnissen stammen, wo Literatur und Bildung nicht gerade die Themen Nummer eins sind, sagt die Expertin.

Am häufigsten lesen junge Leute heutzutage SMS. Das hat eine PISA-Zusatzstudie der Salzburger Kommunikationswissenschaftlerin Margit Böck gezeigt, die nebenbei auch ausgebildete Schneiderin ist.

„Wie kann man Leselust wecken?“

SMS und andere Texte modernen Lebens in den Unterricht einzubauen, das könne eine große Chance sein, auch bei schlechten Lesern und Leserinnen die Leselust zu wecken, betont Böck: „Für mich ist das sehr wichtig, zu schauen, wie es den Kindern geht, die beim Lesen im privaten Rahmen kaum oder nicht gefördert werden. Wie kann man denen helfen, wenn sie alles abwehren, was mit Schrift zu tun hat? Da sind natürlich SMS wichtig, weil diese werden sehr wohl geschrieben und ausgiebig gelesen.“

Ob Texte etwas mit praktischen Lebenswelten der Leser zu tun haben oder nicht, das werde hierzulande im Unterricht kaum beachtet, sagt Böck, die auch Präsidentin der Austrian Literacy Association ist - der Gesellschaft zur Erforschung und Förderung des Lesens und Schreibens.

Zwei Kinder lesen ein Buch

ORF/Obermeyr,Schrammel

In vielen Schulen werde vor allem anspruchsvolle Erzählliteratur gelesen, was an der Lebenswelt vieler Kinder völlig vorbeigehe, so Böck. Im englischsprachigen Raum Großbritanniens und Nordamerikas gibt es eine eigene Forschungsrichtung („New Literacy Studies“), die Lesen aus sozialen Perspektiven betrachtet.

Bildungsbürger befürchten „Niveauverlust“

Im deutschsprachigen Raum stecke dieser Ansatz noch in den Kinderschuhen, kritisiert Böck - unter anderem aus Angst des Bildungsbürgertums, es könnte ein „Niveauverlust“ drohen: „Ich bekomme immer wieder diesen Vorwurf, wenn ich den Kindern vorschlage, schaut Euch SMS, E-Mails, Comics und Werbebroschüren genauer an, wie die Dinge dort beschrieben und geschrieben sind.“

Expertin bleibt am Ball

Böck ist trotz der Widerstände überzeugt, dass man so einen Zugang zu leseschwachen Kindern und Jugendlichen finden könne. Sie hat nun eine „Praxismappe Lesen“ mit Beispielen von Alltagstexten für den Unterricht zusammengestellt.