Junge Igel retten

In Österreich droht wieder ein großes Igelsterben, sagt Expertin Gabriele Reisinger. Igel paaren sich nur, wenn es schön und warm ist. Das war heuer selten. Der Nachwuchs ist zu klein, zu spät dran und zu zahlreich.

Igel zu klein für den Winter Igelmama Gabriele Reisinger warnt

Gerald Lehner

Bild vom 24. September: Sechs Junge bei einem Wurf. Oft sind es heuer sogar acht - aber viel zu spät

Die Würfe bei den Igeln kämen von Jahr zu Jahr später, sagt Reisinger. Ist auch da der Klimawandel im Spiel? Heuer sieht sie erstmals noch ein anderes Problem: „Die Igelmütter haben fast alle deutlich mehr Junge. Würfe mit acht sind längst keine Seltenheit mehr.“

Tiere schwächer

Weil Igel immer später auf die Welt kommen, dadurch zu schwach zum selbständigen Überleben in freier Natur sind, reagiere diese wohl mit einer größeren Anzahl pro Wurf: „Damit vielleicht doch mehr durchkommen“, vermutet Reisinger. Eine Igelin kann aber nur eine bestimmte Anzahl gut säugen. Wenn Würfe zu groß sind, bleiben mehr Junge schwach und klein. Jedenfalls will Reisinger dem auch weiterhin nicht tatenlos zusehen: „Igel sind streng geschützte Wildtiere und haben großen Nutzen für uns, auch im Gartenbau und in der Landwirtschaft. Der Mensch greift da hart ein, dass andererseits die Rettung sicher gerechtfertigt ist.“

Sie rechnet heuer mit bis zu 400 Gästen

Die „Igelmama“ hat heuer schon mehr als 170 untergewichtige Igel aufgenommen – Stand 24. September. Sie rechnet damit, dass es bis zu den Frostnächten und dem ersten Schnee 400 werden. Das wäre neuer Rekord über all die Jahre. Sie hat außerhalb ihrer eigenen Wohnung drei Zimmer mit Schlafquartieren bzw. Containern für die Tiere eingerichtet, wo sie aufgepäppelt werden.

Baby-Igel wird gefüttert

ORF

Baby wird gefüttert. Wenn Sie schon etwas älter sind, dann eignet sich Katzenfutter gut für die Kräftigung - nie Kuhmilch! Die tötet Igel, sagt Gabriele Reisinger

Den Winter verbringen sie – geschützt vor Wind und Wetter – dann bei relativ niedrigen Temperaturen in einer Garage, wo die Igel in den Winterschlaf fallen und bis zum Frühjahr von ihren Fettreserven zehren. Das Aufpäppeln vor dem Schlaf ist der wichtigste Schritt.

Fliegenmaden als tödliche Gefahr

Reisinger hat auch einen Tierarzt als Unterstützer, der für seine Dienste wesentlich weniger verrechnet als üblich. Der geht nun allerdings bald in den Ruhestand. Oft könne er helfen, aber nicht immer: „Manche Igel sind so schwach und so von Parasiten und Fliegenmaden zerfressen, wenn sie zu mir kommen, dass sie eingeschläfert werden müssen. Das sind keine geringen Beträge für Medikamente oder im schlimmen Fall für Vollnarkose und letzte Spritzen. Auf andere Weise töten (lassen) will die „Igelmama“ ihre Schützlinge nicht: „Das haben sie nicht verdient.“

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Bekannt bis Frankreich

Reisinger ist pensionierte Volksschullehrerin und hat schon während ihrer beruflichen Tätigkeit nebenbei dieses Ehrenamt betrieben – ihre seit Jahrzehnten bewährte Igelstation im grenznahen Oberösterreich. Haupteinzugsgebiete sind auch die nahe Stadt Salzburg und ihre Umgebung, wo es besonders viele Gärten gibt. Durch Medienberichte und Suchmaschinen im Internet hat sie mittlerweile Anfragen aus vielen Teilen Europas: „Vor ein paar Tagen hatte ich den ersten Franzosen am Telefon, der sich einen Rat holen wollte, weil so spät im Jahr noch ganz kleine Igel in seinem Garten sind.“

Nässe, zu wenig Insekten: Klimawandel?

Die Mondseerin nennt noch einen weiteren Faktor, der jungen Igeln besonders zu schaffen macht: „Es hat heuer wegen der Nässe auch zu wenig Insekten gegeben. Wir Menschen haben den Eindruck, wegen der vielen Moskitos sei das generell so. Aber es gab heuer auch zu wenig Futter für die Igel.“ Sie sei immer wieder erstaunt, sagt Reisinger, wie wenig Wissen über Igel auch bei manchen Fachleuten aus Veterinärmedizin, Zoologie und Jagd vorhanden sei: „Da wird dann Gartenbesitzern geraten, lasst sie einfach weiter draußen, es sei eh noch warm. Und sie würden noch genug finden im Herbst. Das ist einfach falsch. Wenn jetzt Mitte und Ende September ein Igel noch weniger als 400 Gramm hat, dann erlebt er das nächste Frühjahr mit Sicherheit nicht.“

Ehrenamtliche Helfer willkommen

Gabriele Reisinger steckt seit Jahren ihr privates Geld in ihr Rettungsprojekt. Sie hat kaum Zeit für ein paar Tage Urlaub. Deshalb freut sie sich, wenn sie ab und zu Entlastung von anderen Ehrenamtlern bekommen könnte. Sie sucht nun Gleichgesinnte. Willkommen wären auch Leute, die ihr aufgepäppelte Igel abnehmen bzw. für den Winterschlaf übernehmen im eigenen Garten: "Das ist mir wichtiger als mögliche Spenden. Und wenn Tierfreunde etwas Geld für Futter und Medizin übrig haben, dann freut mich das natürlich auch sehr.“

Gerald Lehner, ORF Radio Salzburg

Interview mit Gabriele Reisinger:

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Was tun, wenn man zu kleine, zu leichte Tiere findet? - mehr dazu in Erste Hilfe für Igel

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E-Mail: info@igelhilfe.net
St. Lorenz 100, 5310 Mondsee, Österreich
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