Mit 94 Jahren fit fürs Internet

Einer der ältesten Salzburger ist ein begeisterter Internetsurfer: Der 94-jährige Landwirt, Rinder- und Pferdezüchter Simon Hörl in Gerling bei Saalfelden (Pinzgau) nutzt jeden Tag das Netz, um sich mit Nachrichten zu versorgen und zu spielen.

Simon Hörl Silver Surfer Internet Gerling

Gerald Lehner

Der Gentleman und sein „Dableeettttt“, wie er im unverwechselbaren Mitterpinzgauer Dialekt sagt

Simon Hörl betrieb neben seiner Landwirtschaft und Tierzucht früher auch den Gasthof Gerlingerwirt bei Saalfelden. Das macht kommunikativ. Das Wirtshaus führt nun sein Sohn.

Und nun liebt der 1924 geborene Modernist neben den täglichen Nachrichten aus der Heimat und aus aller Welt besonders das Spiel Sudoku auf seinem Tablet-PC: „Online-Spiele mit Qualität habe ich wirklich gern, auch das ganze Wetter, das man abrufen kann. Ja, und natürlich die Nachrichten jeden Tag neu.“

Noch keine „heile Welt“ mit dem Web

Es ist trotz Massenverbreitung auch in ländlichen Regionen noch keineswegs selbstverständlich, dass sich Ältere im Web gut zurechtfinden. Viele scheuen noch immer die Nutzung, obwohl sie bei entsprechender Betreuung durch Ehrenamtliche oder Profis sehr wohl bereit wären, ihr Leben und den Alltag damit zu bereichern oder auch zu erleichtern. Dazu gibt es in manchen Regionen noch immer technische Probleme mit der Breitbandversorgung.

Nerds und Dauerchatter versteht er nicht

Simon Hörl sagt, das echte und reale Leben sei durch das Web sicher nicht ersetzbar. Er versteht nicht, warum viele jüngere Leute heute fast dauernd surfen oder chatten und persönliche Gespräche vernachlässigen. Oder auf der Straße so oft in ihre Handys starren: „Das wäre bei uns früher gar nicht möglich gewesen, weil es eine harte, teils gefährliche Arbeit war, wo man konzentriert sein musste. Und in der Schulzeit wurde niemand mit dem Bus oder von der Mama abgeholt. Wir haben eine ganze Stunde zu Fuß in die Schule gehen müssen, und wieder eine zurück.“

Bilder-Galerie:

Früher hatten viele Haushalte ein gedrucktes Lexikon mit vielen Bänden zur Verfügung, das alle paar Jahrzehnte erneuert wurde, und über das man sich über Fachbegriffe und unbekannte Sachverhalte informieren konnte. Heute decken Online-Suchdienste und Web-Lexika diesen Bereich fast ganz ab. Auch der 94-Jährige hat sich da komplett umgestellt: „Meine Frau ist zum Beispiel ein großer Fan von Kreuzworträtseln. Ab und zu helfe ich ihr dann über Internet-Suchmaschinen bei der Suche nach einem Begriff. Das geht wirklich gut.“

Anregung vom Schwiegersohn

Simon Hörl hat einen Schwiegersohn. Heinz Bayer ist gebürtiger Saalfeldener, ein bundesweit bekannter Fotograf, Reporter und Redakteur der „Salzburger Nachrichten“ in der Landeshauptstadt. Der hat ihm das Tablet geschenkt. Super Sache, sagt Hörl: „Aber Einführung habe ich nie eine bekommen. Es gäbe da schon so Kurse bei der Volkshochschule. Vielleicht mache ich bald einen. Aber es geht auch ohne ganz gut. Und der Heinz hat gesagt, ich kann beim Herumtippen nicht sehr viele Fehler machen.“

Allerdings schickt ihm der Schwiegersohn als Profi, der auch Kunstfotografie betreibt, immer wieder Bilder aus seinem Fundus: „Da habe ich wieder wo falsch hingetippt, und die Bilder in der Galerie waren weg. Aber halb so schlimm.“

Steinernes Meer Saalfelden Persailhorn Mitterhorn Breithorn Pinzgau

Gerald Lehner

Blick von Hörls Balkon zum Steinernen Meer bei Saalfelden

Einst auf Weltreisen bis Afrika etc.

Als Züchter der typischen Pinzgauer Rinder hat Simon Hörl früher die Kühe und Stiere bis nach Südafrika, Namibia und Brasilien geliefert und exportiert. Über Online-Kartendienste in hoher Auflösung kann er auf dem Tablet auch seine Weltreisen nachvollziehen. Oder er schaut sich über Google Earth genau den Verlauf der Grundgrenzen seiner Alm auf der nahen Schwalbenwand an. Dazu kommt sein Interesse an der Jagd, die er seit jungen Jahren betreibt. Auch dazu findet er im Web viele Fachinformationen und Magazine.

Frische Fotos aus Amerika

Und natürlich habe er auch eine E-Mail-Adresse, erzählt Hörl: „Schreiber bin ich selbst ein schlechter, aber ich lese gerne die Nachrichten der Familie, von Verwandten und Bekannten.“ Seine Enkelin war jüngst beruflich länger in den USA. Ihr hat er mit Hilfe seiner Tochter sogar zurückgeschrieben und sich für die Fotos und Zeilen bedankt: „Früher war das unvorstellbar, dass es so etwas mit diesem Tempo gibt.“

Computerspiele halten Senioren fit

Simon Hörl liest mit seinen 94 Jahren auch regelmäßig unsere Nachrichten auf salzburg.ORF.at - ihm ist aber die gedruckte Zeitung noch immer besonders wichtig: „Das ist einfach bequemer und schöner zu lesen.“

Man sieht sehr selten Menschen über 90, die so gut beisammen sind. Der pensionierte Landwirt und Seniorchef des Gasthofes Gerlingerwirt bei Saalfelden wäre auch ein guter Gesprächspartner für die Wissenschaft. Dort heißt es nämlich, dass immer mehr Senioren geistig fit bleiben, wenn sie sich mit Internet und Computerspielen beschäftigen. In den USA testen Psychologen und Mediziner mit Senioren auch die bei manchen umstrittenen Ego-Shooter-Programme. Sie fordern mit wildem Stress beim Spiel das Gehirn und können offenbar auch Demenz oder Alzheimer bremsen.

Gerald Lehner, salzburg.ORF.at

Gespräch mit Simon Hörl in ORF Radio Salzburg, 8. Februar 2016, 15.10 Uhr:

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