Ingeborg Bachmann: Gesamtwerk neu publiziert

Der Salzburger Literaturwissenschafter Hans Höller und seine Kollegin Irene Fußl geben das Gesamtwerk der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann neu heraus. In der Forschung über Bachmann spielt Salzburg eine wichtige Rolle.

Ingeborg Bachmann

Bachmann

Ingeborg Bachmann (1926-1973)

Montagabend wurden im Salzburger Literaturarchiv die ersten beiden Bände dieser neuen Gesamtausgabe der Öffentlichkeit vorgestellt.

Der Tod von Ingeborg Bachmann vor rund 44 Jahren erschütterte nicht nur Österreich. Die gebürtige Klagenfurterin gehört zu den besten und einflussreichsten Schriftstellern Europas. Ihre große Kunst ist zeitlos, ihr Ruhm bis heute ungebrochen. Sie schrieb Lyrik und Prosa, die in viele Sprachen übersetzt wurden. Die von Medikamenten abhängige Poetin verstarb mit nur 47 Jahren an Entzugserscheinungen in einem römischen Krankenhaus, in das sie wegen schwerer Verletzungen gebracht worden war. Diese hatte sie sich beim Brand ihrer Wohnung in Rom zugezogen. Bachmann war mit einer brennenden Zigarette in der Hand eingeschlafen.

Verschiedene Experten eingebunden

Der Salzburger Literaturwissenschaftler Hans Höller wurde von Bachmanns Erben dazu eingeladen, das Gesamtwerk neu herauszugeben. Es werden insgesamt wohl an die 30 Bände werden, wobei die einzelnen Bücher von verschiedenen Bachmann-Experten betreut werden.

Bachmanns Liebeslyrik hat es vielen Fans besonders angetan. Zum Beispiel:

"Erklär mir Liebe ...

… Der Pfau im feierlichen Staunen schlägt sein Rad. Die Taube stellt den Federkragen hoch. Von Gurren überfüttert dehnt sich die Luft. Der Entrich schreit. Vom wilden Honig nimmt das ganze Land ... Der Frosch errötet, überholt den Schwanen und stürmt durch Grotten ins Korallenbett. Zur Silbersandmusik tanzt scheu der Skorpion … "

Der erste Band heißt im Untertitel „Aufzeichnungen aus der Zeit der Krankheit“. Krank zu sein, das war für die Poetin Bachmann eine zentrale Lebenserfahrung, sagt Hans Höller. Ein Auslöser war die Trennung vom wesentlich älteren Schweizer Schriftstellerkollegen Max Frisch: „Es war ein psychischer und physischer Zusammenbruch Ende 1962. Im diesem Zusammenhang begann sie, Morphium zu nehmen und Psychopharmaka. Von der Abhängigkeit ist sie in ihrem Leben dann nicht mehr losgekommen.“

„Male oscuro" – „Das dunkle Übel“ heißt der schmale Band, der verschiedene Bachmann-Texte zum Thema Krankheit versammelt. Dazu kommen Niederschriften ihrer Träume, erzählt Höller: „Wenn man diese Traumprotokolle liest, dann sieht man, dass jemand mit der Deutung seiner Träume wieder seine Intelligenz in Gang bringen kann - auch das Assoziationsvermögen.“

Der zweite Band der Gesamtausgabe, der ebenfalls am Montagabend im Literaturarchiv präsentiert wurde, heißt „Das Buch Goldmann“. Es befasst sich mit einem bekannten Text von Ingeborg Bachmann. Heinz Bachmann, der Bruder der 1973 verstorbenen Schriftstellerin, wird ebenfalls bei der Präsentation erwartet. Er und Bachmanns Schwester Isolde Moser gaben den Anstoß und die Erlaubnis für die nun neu herausgegebene Gesamtausgabe.

Die meisten Briefe hat sie nicht vernichtet

Hans Höller ist überzeugt, dass auch Ingeborg Bachmann selbst der Veröffentlichung von persönlichen Briefen und Details ihrer Krankheit zustimmen würde: „Sie sind im Nachlass erhalten. Sie wusste, dass sie eine große Autorin ist. Wenn sie gewollt hätte, dass diese Briefe nicht eines Tages publiziert werden, dann hätte sie diese Protokolle ihres Lebens vernichtet. In ihrem Roman Malina kommt dieses Thema sogar vor.“

Allerdings vernichtete Bachmann nach der Trennung von ihrem ebenfalls berühmten Freund etliche Briefe, die ihr Max Frisch geschrieben hatte. Die Briefe, die sie ihm schrieb, sind allerdings weitgehend erhalten. Sie werden ebenfalls im Rahmen der Gesamtausgabe veröffentlicht.

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