Nachwuchssorgen bei Heimatvereinen

Viele Heimatvereine in der Stadt Salzburg klagen über Nachwuchsprobleme. Sie haben die Lager voll mit kostbaren Trachten, aber zu wenig Junge, die bei Festen die festliche Kleidung ausführen, mittanzen oder mitsingen.

Singen, Tanzen, Musizieren oder Goldhauben sticken - mehr als 40 Vereine treffen sich alleine in der Stadt Salzburg regelmäßig zur Brauchtumspflege. Doch viele dieser Vereine klagen über Nachwuchssorgen - so zum Beispiel die Goldhaubengruppe der Stadt Salzburg.

Die Frauen kümmern sich um goldbestickten Hauben, die die Salzburger Bürgersfrauen schon im 17. Jahrhundert an Festtagen trugen. Die Goldhaubengruppe will sie weiter tragen und selber sticken - 300 Stunden arbeitet man an einer Haube.

Goldhaubenfrauen beim Sticken

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Die Goldhaube sucht „jederzeit“ nach jungen Frauen

Schwierig, in der Stadt Interessenten zu finden

„In der Stadt ist es ganz schwer“, sagt Monika Schlager von den Goldhauben. „Am Land ist es wesentlich leichter, weil einfach mehrere Generationen gleichzeitig dabei sind - die Oma, die Mutter und die Tochter. Zum Teil kommen auch die Enkerl schon als Kleine mit herein. Wir würden auch gerne jüngere Frauen nehmen, die auch Kinder haben. Wir brauchen Taferlkinder mit den Hauberln dazu - liebend gerne jederzeit.“

„Es ist jetzt eine andere Zeit. Es gibt so viele Veranstaltungen, so viele Gruppen“, weiß Gerlinde Wolfsgruber von den Goldhauben. „Ich höre dann immer wieder: Sie wollen sich nicht so fix binden, zum Vereinsabend gehen, zur Chorprobe gehen, sich entschuldigen, wenn es nicht möglich ist. Das haben die jungen Damen heute nicht mehr so gerne.“

„Keine Bindung mehr“ durch Zuzug

Viel Zeit investieren auch die Mitglieder des Trachtenvereins Salzburg-Gnigl in die Pflege ihres Fuhrparks und ihrer Salzburger Alttrachten. Die Lager sind voll. Es gäbe genug Trachten für weitere Mitglieder.

Alte Männer eines Heimatvereins in Tracht

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Viele Trachten, aber zu wenig Junge - das plagt auch den Trachtenverein Gnigl

„Ein Hintergrund ist natürlich der Zuzug, der in den letzten Jahren in der Stadt stattfindet“, sagt Anton Stefan vom Trachtenverein Gnigl. „Die alte Generation und die ursprüngliche Generation, die den Trachtenverein kennengelernt haben, sterben naturgemäß aus. Und die Jungen haben durch den Zuzug keine Bindung zu der Gnigl und wissen natürlich nicht, was sich da bei uns abspielt.“

„Möglichst interessantes“ Programm wichtig

Gesungen und gespielt wird jede Woche beim Verein Jung-Alpenland - einem der größten im Stadtgebiet, mit Mitgliedern im Alter zwischen 15 und 80 Jahren. „Man muss es interessant machen“, sagt Obmann Alexander Wieland. „Die Tanzeinlagen oder die Tanzproben so interessant wie möglich machen, lustig machen, mit Spielen machen, damit die Leute ein bisschen eine Bindung zum Verein bekommen.“

Beharrliche Vereinsarbeit soll also neue Mitglieder locken - für so manche Jugendliche sind Lederhosen und Haferlschuh jedoch einfach uncool: „Die Zeiten ändern sich. Es schaut das ganze Land nicht mehr aus wie vor 20 Jahren, denke ich mir. Und da ändern sich vielleicht auch Geschmäcker. Ich persönlich setze auf Trachten und Brauchtum nicht so viel“, sagt der Verkäufer Constantin Schmickl.

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Wenig Junge für Trachtenvereine

Katharina Garzuly hat bei den Brauchtumsgruppen in der Stadt Salzburg nachgefragt, was die Gründe für den Nachwuchsmangel sind.

Großes Freizeitangebot ein Problem

Johannes Niedermayer, Gauobmann der Heimatvereine in der Stadt Salzburg sieht das ähnlich: „In unserem Bereich haben Volkstanzgruppen alle dasselbe Problem. Man will schon die Jugend damit ansprechen und in den Vereinen wären sie schon gut aufgehoben - aber es ist durch das große Freizeitangebot in einer Stadt wie Salzburg einfach schwierig.“

Doch manchmal machen es die Vereine Jüngeren auch nicht einfach - sie „öffnen sich nicht“, weiß Niedermayer: „Es müsste eigentlich das Interesse jedes Vereins sein, die jungen Leute herzlich und mit offenen Armen aufzunehmen. Das wäre ganz, ganz wichtig.“

Auf Distanz zu politischem „Missbrauch“

Heimatliebe und das Brauchtum seien gerade in der NS-Zeit „missbräuchlich verwendet worden“, sagt Niedermayer. „Damit haben wir überhaupt nichts zu tun. Wir haben in unseren Vereinen von Berufen her die ganze Bandbreite: vom Tierarzt zum normalen Bauarbeiten, von der Hausfrau bis zur Schreibkraft. Wir haben auch alle politischen Richtungen bei uns. Bei uns ist alles offen, da die Vereine alle unpolitisch sind. Das steht ja in den Statuten drinnen. Da haben wir keine Probleme.“

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