Precht und Jölli beim Abseilen getötet

Der tödliche Unfall der international bekannten Kletterer Albert Precht und Robert Jölli in Kreta geschah beim Synchron-Abseilen. Das teilte Montag der Bergretter Franz Ranstl nach seiner Rückkehr in Werfen (Pongau) mit. Er war oberhalb der anderen Salzburger unterwegs.

Günter Karnutsch - Chef des Salzburger Bergführerverbandes Bergführer Bergsportführer Klettern Sportklettern Alpinklettern Bergsport Kletterei Kletterer Abseilen Seil Bergseil Standplatz

Gerald Lehner

Symbolbild: Standplatz mit Selbstsicherungen bei Vorbereitung zum Abseilen

Die beiden international bekannten Kletterer und Bergführer Precht und Jölli seien beim Abseilen etwa 15 Meter abgestürzt und auf ein Felspodest geprallt, was bei beiden zu schwersten Verletzungen geführt hat. Jede Hilfe sei zu spät gekommen, sagte Franz Ranstl am Montag. Er seilte am vergangenen Samstag direkt nach den beiden Kameraden mit seinem Seilpartner an dieser Stelle ab und eilte den Verunglückten zu Hilfe.

Synchron an je einem Strang

Die genaue Ursache des tödlichen Unfalles ist weiter nicht klar und gibt Experten Rätsel auf. Nach Angaben von Ranstl, der mit den anderen Mitgliedern der Klettergruppe wieder zu Hause ist, waren der Abseilhaken bzw. der entsprechende Standplatz technisch völlig in Ordnung. Precht und Jölli hätten sich synchron bzw. gleichzeitig und parallel an jeweils einem Strang ihres Seiles abgeseilt.

Dazu ein Blick in die Fachbücher: Bei der synchronen und bis Mitte der 1980er-Jahre auch in der Bergführer-Ausbildung verwendeten Methode sollten die beiden Seilenden nach allgemeinen Empfehlungen ganz unten abgeknotet sein. Das kann bei Fehlern oder Gesundheitsproblemen eines Kletterers unkontrollierte Abstürze der ganzen Seilschaft verhindern bzw. mildern. Ob das Abknoten beim konkreten Abseil-Unfall ein Thema sein könnte, oder ob andere Ursachen zu dem Unglück führten, dazu gibt es derzeit keinerlei Informationen. Ermittlungen der griechischen Polizei laufen. Auch das Seil selbst soll noch untersucht werden, heißt es.

Albert Precht und Reinhold Messner bei den Alpintagen Altenmarkt

Blumen Ganser

Europas Kletterlegende Precht bei einem Alpin-Vortrag in Altenmarkt (Pongau)

Erstes Duo beim Abseilen

Einen Felssturz oder Steinschlag, wie anfangs spekuliert wurde, hat der Salzburger Bergretter Ranstl nicht bemerkt: „Einen aktiven Steinschlag kann ich aber nicht ausschließen.“ Precht und Jölli seien die erste Seilschaft der Gruppe gewesen, die sich von zwei Kletterrouten (mit den Schwierigkeitsgraden sechs-plus und sieben) am oberen Teil der Perivolakia-Schlucht von der 150 Meter hohen Wand abgeseilt hätten.

Der Unfall passierte laut Ranstl auf der vorletzten Abseilstrecke. Er und ein weiterer Kletterpartner folgten Precht und Jölli als zweite Seilschaft nach: „Ich habe Geräusche gehört. Als ich hinunter sah, war der Hauptsturz schon vorbei.“

Stand von Nachkommenden auch benutzt

Ranstl - er ist Mitglied der Bergrettung Werfen im Salzburger Pongau - seilte sich vom selben Abseilstand, den die beiden zuvor benutzt haben, als erster zu den Verunglückten ab. „Sie sind auf einem Zwischenpodest gelegen.“ In etwa 20 Minuten seien zwei Ärzte aus Salzburg zur Stelle gewesen, die Mitglieder der insgesamt zehnköpfigen Klettergruppe waren: „Es kam jede Hilfe zu spät. Die Verletzungen waren sehr schwer“, schildert der Unternehmer aus Pfarrwerfen. Nach etwa ein- bis eineinhalb Stunden traf das griechische Einsatzteam aus Sitia ein.

Robert Jölli bei seiner Verabschiedung in die Pension

Innenministerium

Jölli: Alpinpolizist und in Fachkreisen international bekannter Polizei-Bergführer bei seiner Verabschiedung in die Pension (2008)

„Was genau passiert ist, wissen wir nicht“, sagt Ranstl nach seiner Rückkehr nach Salzburg: „Der Abseilstand war einwandfrei. Precht und Jölli waren sehr gut drauf und sehr fit. Wir sind am 1. Mai nach Kreta gereist und waren seither viel unterwegs.“

Die beiden hätten sich synchron, also jeder an einem Strang eines einzigen Seiles, abgeseilt. Ob da ein Fehler passiert sei, könne er nicht sagen: „Wir haben danach lange diskutiert. Wir wollten es begreifen, versuchten es uns zu erklären. Wir wissen es aber einfach nicht. Die beiden waren so erfahrene Kletterer.“

Weitere Ermittlungen der griechischen Polizei

Ranstl wurde bereits zweimal von der Polizei auf Kreta zu dem Unfall befragt. Es gebe noch Ermittlungen von den griechischen Behörden, das Seil, der Standplatz und die Haken werden untersucht, so der Pongauer. Zudem könnte auch die angeordnete Obduktion die Frage beantworten, ob es gesundheitliche Probleme bei einem der Kletterer gegeben hat.

Dass anfangs über eine Wandergruppe und einem Felssturz berichtet wurde, führt Ranstl auf Übersetzungsfehler zurück: „Es handelt sich ja um eine technische Sache, das ist schwierig zu erklären. Das Problem ist: In Griechenland ist Klettern ein unbekannter Sport.“

Hilfe bei Ausbildung für kretische Bergretter?

Ranstl schmiedet Zukunftspläne für das schöne Klettergebiet auf Kreta: „Das wäre jetzt unser erster spontaner Wunsch: Für die Einsatzkräfte in Kreta eine Art Ausbildungskurs zu organisieren. Eines ist mir aber wichtig zu berichten: Die Griechen vor Ort, die Leute vom Rettungsdienst und vom Hotel, sie allen waren sehr sehr hilfsbereit. Sie haben uns im Rahmen ihrer Möglichkeiten gut unterstützt. Sie zeigten auch viel Mitgefühl und Anteilnahme.“

Schlucht zu einer Art Museum ausgebaut

Die Schlucht, in der das Unglück passiert ist, sei eigentlich ein alpines Museum, sagte Ranstl. Precht hat die Kletterrouten dort berühmten Bergsteigern wie Reinhold Messner und Gerlinde Kaltenbrunner gewidmet. An den Routen befinden sich Tafeln mit den Kurzbiografien von zahlreichen Berglegenden: „Precht war es ein Anliegen, für den Tourismus auf Kreta etwas zu tun und das Klettern bekannt zu machen“, weiß der Bergretter. Er selbst sei ein leidenschaftlicher Kletterer und möchte auch weiterhin klettern - das sei im Sinne von Precht und Jölli. Wann die Verstorbenen nach Salzburg überführt werden und wann das Begräbnis stattfindet, stand vorerst nicht fest.

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