Künstliche Befruchtung oft noch ein Tabu

In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der künstlichen Befruchtungen in Salzburg mehr als verdoppelt. Dennoch ist das Thema für viele noch ein Tabu: „Das kann in unserer Gesellschaft noch nicht locker besprochen werden“, sagt eine Medizinerin.

Die frischgebackenen Eltern Jacqueline und Andreas Adlaßnig besuchen froh mit ihrem zwei Wochen alten Sohn Leandro in der Babywunsch-Klinik in Wals-Siezenheim (Flachgau). Sie sind glücklich über die erfolgreiche Unterstützung beim Erfüllen ihres sehnlichsten Wunsches: „Das wäre anders nicht möglich gewesen“, sagt Jacqueline Adlaßnig.

Das Paar macht kein Geheimnis aus der künstlichen Befruchtung und geht offen mit den vergangenen Sorgen um: „Das war eigentlich aus einem Moment tiefer Trauer und Enttäuschung heraus“, schildert Jacqueline Adlaßnig. „Wie ich erfahren habe, dass ich unfruchtbar bin, war das für mich ein ganz großer Schock. Ich war jung, ich war gesund - und plötzlich heißt es: Nein, auf natürlichem Weg geht das nicht.“

Frischgebackene Eltern mit Baby

ORF

Andreas und Jacqueline Adlaßnig sprechen offen über die künstliche Befruchtung

Vier harte Jahre bis zum erhofften Nachwuchs

„Für uns war sehr schnell klar: Wir wollen unbedingt Kinder“, schildert Jacqueline Adlaßnig. „Es war auch eine Adoption für uns nie ganz ausgeschlossen. Aber wie wir von der Möglichkeit einer künstlichen Befruchtung erfahren haben - und das gibt Gott sei Dank heutzutage sehr gute Erfolgschancen -, sind wir hergangen und haben gesagt: Das versuchen wir, wir wagen diesen Schritt.“

Insgesamt waren es für das Ehepaar Adlaßnig aber vier lange und harte Jahre. Nach zwei Fehlversuchen und einer Totgeburt wollten sie es trotzdem noch ein letzes Mal probieren, diesmal hier in der privaten Babywunsch-Klinik. „Es war oft einmal hart, obwohl wir Gott sei Dank zu den glücklichen Pärchen gehören, dass wir eine sehr gute Ehe führen, aber es war trotzdem eine Zerreißprobe.“

„Das Warten war für mich nicht so schlimm wie für meine Frau“, schildert Vater Andreas Adlaßnig. „Das Problem an dem Ganzen war: Meine Frau hat relativ viele Hormone bekommen - das war von himmelhoch jauchzend bis hin zu Tode betrübt.“

Mehr betroffene Paare gehen zu Kliniken

Mittlerweile hat jedes fünfte Paar ein großes Problem, Kinder zu bekommen. Künstliche Befruchtungen sind gefragt wie nie. „Ich glaube, der Zuwachs liegt im Wesentlichen daran, dass es mehr betroffene Paare annehmen“, sagt Babywunsch-Klinik-Chef Michael Zajc. „Vor zehn Jahren waren das etwa zehn Prozent der Betroffenen, dann werden das heute etwa 20 Prozent. Das heißt, es sitzen noch viele Paare zu Hause, die sich mit dem Thema quälen und eigentlich Hilfe suchen sollten.“

Michael Sommergruber von der Kinderwunsch-Ambulanz an den Landeskliniken sieht das zunehmende Alter der Mütter als Hauptgrund: „Warum das zunimmt, ist wahrscheinlich das Thema, dass sich das reproduktive Alter der Frau immer weiter ausdehnt, immer mehr in das höhere Lebensalter verlagert - und aus dem Grund immer wieder übersehen wird, dass die Eierstockreserve geringer wird und dann der Kinderwunsch nach Abschluss der beruflichen Laufbahn auf einmal existent ist.“

„Schamgefühl“, dass man nicht fruchtbar ist

So wie bei Familie Adlaßnig übernimmt der IVF-Fonds 70 Prozent der Behandlungskosten, allerdings nur bei Betroffenen bis zu 40 Jahren. Bis zu 1.000 Euro muss jedes Paar für eine Behandlung selbst bezahlen.

Warum künstliche Befruchtungen bis zu einem gewissen Grad noch so ein großes Tabu sind, erklärt Frauenärztin Christina Wilhelm so: „Ich denke, es ist in gewisser Weise ein Schamgefühl, eine normalerweise naturgegebene Funktionalität - die Fruchtbarkeit - nicht erfüllen zu können. Das kann in unserer Gesellschaft einfach noch nicht locker besprochen werden.“ Bei Familie Adlaßnig ist hingegen schon fix besprochen, dass sie sich mit einem Geschwisterchen für Leandro nicht allzu lange Zeit lassen wollen.

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